Abschiebungsverbot für Krebspatientin hinsichtlich Polen:
Keine Überstellung einer Krebspatientin nach Polen, wenn die nahtlose Fortsetzung der begonnenen Krebsnachsorgetherapie mit den gleichen Medikamenten nicht zugesichert wird und eine Unterbrechung der Behandlung die in Deutschland begonnene Therapie leer laufen lassen oder ihre Wirkung deutlich herabsetzen würde.
(Leitsätze der Redaktion)
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Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht (§ 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG). Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist (vgl. § 60 Abs. 7 Satz 2 bis 4 AufenthG).
Die Antragstellerin hat durch ärztliche Atteste hinreichend nachgewiesen, dass sie am … 2017 an einem … operiert worden ist. Der Facharzt für Innere Medizin, Hämatologie und Internistische Onkologie, Prof. Dr. med. ... tat mit ärztlichem Attest vom … 2017 bestätigt, dass die Antragstellerin zu 2. sich derzeit einer Chemotherapie unterzieht. Mit Stand … 2017 standen noch 12 Wochen Chemotherapie, gefolgt von einer Strahlentherapie über ca. vier Wochen, aus. Die Antragstellerin zu 2. leidet somit derzeit an einer schwerwiegenden Erkrankung. Diese würde sich i.S.d. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG durch die Abschiebung nach Polen wesentlich verschlechtern. Dabei geht das Gericht zwar davon aus, dass die entsprechende Chemotherapie sowie auch die Strahlentherapie in Polen durchaus nach dem Stand der Wissenschaft ordnungsgemäß durchgeführt werden kann und die Antragstellerin zu 2. auch in Polen grundsätzlich einen Anspruch auf die notwendige medizinische Versorgung hat. Jedoch hat die Antragsgegnerin weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht, dass sie im Rahmen der Überstellung der Antragstellerin zu 2. nach Polen von den polnischen Behörden eine Zusage erhält, dass die Antragstellerin zu 2. die begonnene Krebsnachsorgetherapie in Polen verzugslos mit den gleichen Medikamenten fortführen kann. Es ist somit davon auszugehen, dass im Falle einer Überstellung der Antragstellerin zu 2. während der derzeit laufenden Krebsnachsorgetherapie diese sich in Polen erneut um eine Krebsnachsorgetherapie bemühen müsste, was unzweifelhaft zu einem Zeitverzug führen würde, der die in der Bundesrepublik Deutschland begonnene Krebsnachsorgetherapie entweder leer laufen lassen oder in ihrer Wirkung deutlich herabsetzen würde. Damit erhöht sich die Gefahr einer Wiederkehr der Krebserkrankung, weshalb sich die schwerwiegende Erkrankung der Antragstellerin zu 2. durch die Abschiebung im derzeitigen Zeitpunkt wesentlich verschlechtern würde. [...]