VG Würzburg

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Zitieren als:
VG Würzburg, Urteil vom 29.08.2017 - W 4 K 17.31679 - asyl.net: M26036
https://www.asyl.net/rsdb/M26036
Leitsatz:

Kein Familienflüchtlingsschutz für Eltern eines nach der Flucht (in Deutschland) geborenen Kindes.

(Leitsätze der Redaktion)

Schlagwörter: Familienasyl, Familienflüchtlingsschutz, Elternasyl, minderjährig,
Normen:
Auszüge:

[...]

Ausgangspunkt der rechtlichen Beurteilung ist § 26 Abs. 3 AsylG. Diese Vorschrift bezieht Eltern eines minderjährigen ledigen Asylberechtigten und "andere Erwachsene" im Sinne des Art. 2 lit. j. der Richtlinie 2011/95 in den Familienasylschutz ein, wenn folgende fünf Bedingungen erfüllt sind: 1. Unanfechtbare Anerkennung des Asylberechtigten; 2. Bestand der Familie bereits im Verfolgerstaat; 3. Einreise vor der Anerkennung des Asylberechtigten oder unverzügliche Antragstellung nach der Einreise; 4. Keine Gründe für Widerruf oder Rücknahme der Asylberechtigung; 5. Innehabung eines Personensorgerechts für den Asylberechtigten.

Zu Recht geht vorliegend das Bundesamt davon aus, dass jedenfalls die Voraussetzungen des § 26 Abs. 3 Nr. 2 AsylG, wonach die Familie im Sinne des Art. 2 Buchst. j der Richtlinie 2011/95/EU schon in dem Staat bestanden haben muss, in dem der Asylberechtigte politisch verfolgt wird, nicht gegeben ist. Es fehlt an einer Betreuungs- und Erziehungsgemeinschaft im Verfolgerstaat.

Zwar vertritt der Klägervertreter unter Bezugnahme auf Schröder in Hoffmann, Ausländerrecht, 2. Auflage (§ 26 AsylG Rn. 28) die Auffassung, dass die Regelung über das Elternasyl auch im Falle des in Deutschland nach der Einreise der Eltern geborenen Kindes, dem Asyl- bzw. Flüchtlingsschutz gewährt wurde, gelte, allerdings widerspricht dies dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift wie auch dem Sinn und Zweck. Dem  Familienangehörigen soll nämlich gerade auch wegen seiner Nähe zum Verfolgungsgeschehen Schutz vor potentieller eigener politischer Verfolgung gewährt werden. Eine solche Nähe des Familienangehörigen zum Verfolgungsgeschehen und einer Eigengefährdung liegen regelmäßig aber nur dann vor, wenn die Familie schon in dem Staat bestanden hat, in dem der Asylberechtigte politisch verfolgt wird. Davon ging offensichtlich auch der Gesetzgeber aus, da er sonst eine Formulierung dahingehend gewählt hätte, dass die Eltern eines minderjährigen ledigen Asylberechtigten auf Antrag als Asylberechtigte anerkannt werden, wenn die Familie, in die das Kind später hineingeboren wird, bereits im Heimatland bestand. Von einer solchen Formulierung hat der Gesetzgeber aber gerade abgesehen. [...]