Zur Zurückschiebungshaft nach der Dublin-III-VO:
1. Dublin-Haft darf nicht auf den allgemein formulierten Haftgrund der Fluchtgefahr nach § 62 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 AufenthG gestützt werden, da die Norm nicht den Anforderungen von Art. 2 Bst. n Dublin III-VO entspricht, wonach die objektiven Kriterien, die Fluchtgefahr begründen, gesetzlich festgelegt sein müssen (unter Bezug auf BGH, Beschluss vom 26.06.2014 - V ZB 31/14 - asyl.net: M22122, Asylmagazin 9/2014). Im Haftantrag muss ausgeführt werden welche der inzwischen in § 2 Abs. 14 und 15 AufenthG festgelegten konkreten Anhaltspunkte für Fluchtgefahr vorliegen.
2. Die Stellung eines Übernahmeersuchens erst vier Wochen nach Festnahme ist verspätet und stellt einen Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot dar. Dies kann auch nicht dadurch gerechtfertigt werden, dass bei der Festnahme keine Fingerabdrücke genommen wurden, sondern erst während der Abschiebungshaft beschafft werden mussten.
(Leitsätze der Redaktion)
[...]
(2) Es fehlt die schlüssige Darlegung eines Haftgrundes (§ 417 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 FamFG).
Soweit im Antrag ausgeführt wird (Seite 4), dass die aufgrund der Dublin III-Verordnung erforderliche erhebliche Fluchtgefahr aus den nationalen Regelungen des § 62 Abs. 3 AufenthG abgeleitet werden kann, trifft dies für § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 AufenthG nicht zu. Nach der Entscheidung des BGH vom 26.06.2014 (Az. BGH V ZB 31/14) genügte der generalklauselartig formulierte Haftgrund des § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 AufenthG nicht den Anforderungen des Art. 2 Buchstabe n Dublin III-Verordnung. Die Voraussetzungen der seit dem 01.08.2015 in Kraft befindlichen Anhaltspunkte für eine erhebliche Fluchtgefahr (Art. 28 Abs. 3 Dublin III-Verordnung) gem. § 2 Abs. 14, 15 AufenthG werden von der beteiligten Behörde nicht dargelegt. Es wird nur die Vorschrift des § 2 Abs. 14, 15 AufenthG erwähnt. Jedoch wird nicht ausgeführt, welche der dort genannten konkreten Anhaltspunkte für Fluchtgefahr vorliegen sollen. [...]
b) Der Beschluss über die Verlängerung der Haft war auch wegen Verstoßes gegen das Beschleunigungsgebot aufzuheben. Dieses verpflichtet die Behörde, alle notwendigen Anstrengungen zu unternehmen, damit der Vollzug der Haft auf eine möglichst kurze Zeit beschränkt werden kann. Bei Dublin III-Haft ist umgehend die Rückübernahme zu beantragen (BGH, Az.: V ZB 111/10).
Die beteiligte Behörde hat das Verfahren der Rücküberstellung nicht mit der nötigen Beschleunigung betrieben, wobei ein Verschulden von anderen Behörden der beteiligten Behörde zugerechnet wird (BGH a.a.O.). Der Betroffene wurde am 18.09.2016 festgenommen. Nach den Ausführungen in der Stellungnahme vom 07.11.2016 wurde erst nach Ermittlung des EURODAC-Treffers am 18.10.2016, also mehr als vier Wochen nach der Festnahme, das Übernahmeersuchen an Österreich gestellt. Dies stellt einen Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot dar. Der Grund für diese Verzögerung wäre leicht zu vermeiden gewesen. Die vermeidbare Verzögerung ist darin begründet, dass bei der Festnahme am 18.09.2016 keine Fingerabdrücke genommen wurden und diese erst über die PI Mühldorf in der Abschiebehafteinrichtung beschafft werden mussten. Hierbei kann dahinstehen, ob ein Verschulden der beteiligten Behörde oder der Bundespolizei vorliegt, weil ein Verschulden der Bundespolizei der beteiligten Behörde zugerechnet wird. [...]