VGH Bayern

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Zitieren als:
VGH Bayern, Beschluss vom 16.10.2017 - 13a ZB 17.31153 (Asylmagazin 1-2/2018, S. 40) - asyl.net: M25605
https://www.asyl.net/rsdb/M25605
Leitsatz:

Die hohen Anforderungen, die im Rahmen der Prüfung eines nationalen Abschiebungsverbots an die Diagnose einer Posttraumatischen Belastungsstörung zu stellen sind, können nicht auf andere Krankheitsbilder übertragen werden. Hier die gleichen Mindestanforderungen zu stellen, würde das Substantiierungserfordernis für Krankheiten überspannen.

(Leitsatz der Redaktion)

Schlagwörter: Afghanistan, krankheitsbedingtes Abschiebungsverbot, Berufungszulassung, rechtliches Gehör, psychische Erkrankung, Beweismittel, ärztliche Stellungnahme, Substantiierung, Posttraumatische Belastungsstörung,
Normen: AufenthG § 60 Abs. 7 S. 1,
Auszüge:

[...]

Das Verwaltungsgericht hat den Beweisantrag zum krankheitsbedingten individuellen Abschiebungsverbot (§ 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG) primär unter dem Gesichtspunkt der Anforderungen an einen substantiierten Vortrag für das Krankheitsbild PTBS gewürdigt. Die ärztlichen Stellungnahmen attestieren u.a. aber auch eine "schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome" und eine "rezidivierende depressive Störung". Bereits indem das Verwaltungsgericht die hohen Anforderungen an die Diagnose bei PTBS auf diese Krankheitsbilder übertragen und die gleichen Mindestanforderungen gestellt hat (UA S. 10), hat es das allgemeine Substanziierungsanfordernis bezüglich Krankheiten (vgl. BVerwG, U.v. 11.09.2007 - 10 C 17.07 - Buchholz 402.242 § 60 Abs. 2 ff. AufenthG Nr. 31 Rn. 17) überspannt. Zudem hat es die Diagnosen der Fachärzte in Zweifel gezogen, weil darin die klägerischen Angaben als wahr unterstellt worden seien. Damit hat es in Ermangelung der hierfür erforderlichen eigenen Sachkunde unzulässigerweise eine eigene medizinische Bewertung von Schwere und Ausmaß der Erkrankung vorgenommen (BVerwG, B.v. 28.3.2006 -1 B 91.05 - Buchholz 402.242 § 60 Abs. 2 ff. AufenthG Nr. 12 = NVwZ 2007, 346). Abgesehen davon lassen sich aus den vorgelegten Attesten in einer Gesamtschau ausreichend Anhaltspunkte für das Vorliegen einer psychischen Erkrankung herleiten, um eine weitere Abklärung für notwendig zu halten. [...]