Abschiebungsanordnung nach § 58a AufenthG gegen "Gefährder" ist rechtmäßig:
1. Die zwischenzeitliche Abschiebung des Klägers steht der Zulässigkeit der Klage gegen die Abschiebungsanordnung nicht entgegen, da von ihr weiterhin rechtliche Wirkungen ausgehen.
2. Die Regelung des § 58a AufenthG, die eine spezielle Abschiebungsanordnung wegen besonderer Gefahren vorsieht, ist formell und materiell verfassungsgemäß (unter Bezug auf BVerfG, Beschluss vom 24.07.2017 - 2 BvR 1487/17 - asyl.net: M25275 und in dieser Sache vorausgehende Entscheidung: BVerwG, Beschluss vom 21.03.2017 - 1 VR 1.17 - asyl.net: M24854, Asylmagazin 6/2017 mit Anmerkung von Carsten Hörich).
3. Die Gefahrenschwelle zur Einstufung der Betroffenen als Gefährder nach § 58a AufenthG ist geringer als im Polizeirecht, was inzwischen vom BVerfG bestätigt wurde (vgl. Beschluss vom 24.07.2017 - 2 BvR 1487/17 - asyl.net: M25275).
4. Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG wegen der Gefahr der Folter oder einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung im Zielland der Abschiebung lag zum maßgeblichen Zeitpunkt der Abschiebung nicht vor. Die Gefahrenprognose hat sich im Verlauf des Klageverfahrens geändert. Wegen Erklärungen von Vertretern des Zielstaats, die keine Zusicherung darstellen, ist nicht mehr von einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK auszugehen.
(Leitsätze der Redaktion; Nachdem das BVerwG den Eilrechtsschutzantrag abgelehnt hatte (Beschluss vom 21.03.2017 - 1 VR 2.17 - asyl.net: M24855) und der Betroffene abgeschoben wurde, bestätigt das BVerwG seine Entscheidung; Bei der Abschiebung durften laut BVerwG den Heimatbehörden zur Sicherheit des Betroffenen keine Details über die Abschiebungsgründe mitgeteilt werden; vgl. Anmerkung von Carsten Hörich in Asylmagazin 6/2017)
[...]
Der Kläger, ein algerischer Staatsangehöriger, wendet sich gegen eine auf § 58a AufenthG gestützte Abschiebungsanordnung. Zusätzlich begehrt er die Feststellung der Rechtswidrigkeit der erfolgten Abschiebung. [...]
1. Der Zulässigkeit der Klage gegen die Abschiebungsanordnung steht die zwischenzeitliche Abschiebung des Klägers nicht entgegen. Hierdurch hat sich die gegen ihn ergangene Abschiebungsanordnung nicht erledigt. Ein Verwaltungsakt erledigt sich erst dann, wenn er nicht mehr geeignet ist, rechtliche Wirkungen zu erzeugen, oder wenn die Steuerungsfunktion, die ihm ursprünglich innewohnte, nachträglich entfallen ist (BVerwG, Urteil vom 25. September 2008 - 7 C 5.08 - Buchholz 345 § 6 VwVG Nr. 1). Daran gemessen hat sich die Abschiebungsanordnung mit dem Vollzug der Abschiebung nicht erledigt, da von ihr weiterhin rechtliche Wirkungen ausgehen (BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 2016 - 1 C 11.15 - InfAuslR 2017, 137 Rn. 29). Sie bildet unter anderem die Grundlage für die Rechtmäßigkeit der Abschiebung und darauf aufbauende Rechtsfolgen, etwa die Haftung des Klägers für die durch seine Abschiebung entstandenen Kosten nach §§ 66, 67 AufenthG.
2. Die Klage ist aber unbegründet. Die Abschiebungsanordnung im Bescheid des … Ministeriums … vom 16. Februar 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO). [...]
Ist der Ausländer hingegen - wie hier - in Vollzug der gegen ihn ergangenen Abschiebungsanordnung zuvor abgeschoben worden, führt dies zwar regelmäßig nicht zur Erledigung der die Abschiebung anordnenden Verfügung. Mit dem Vollzug der Abschiebungsanordnung ist aber der mit dieser Maßnahme verfolgte Zweck eingetreten, und die Berücksichtigung nach der Abschiebung eintretender neuer Umstände - zu Gunsten wie zu Lasten des Betroffenen - widerspräche ihrem Charakter als Vollstreckungsmaßnahme (s.a. Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, Stand Dezember 2017, § 59 AufenthG Rn. 252). Nachträgliche Änderungen sind daher in einem Verfahren nach § 11 AufenthG zu berücksichtigen. Auch in Bezug auf die - inzidente - Prüfung von Abschiebungsverboten kommt es darauf an, ob diese im Zeitpunkt der Abschiebung vorlagen. Dies steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, der hinsichtlich der Gefahr einer menschenrechtswidrigen Behandlung im Zielstaat auf den Zeitpunkt der Abschiebung abstellt und nachträglich bekannt werdende Tatsachen nur ergänzend heranzieht (EGMR, Urteil vom 14. März 2017 - Nr. 47287/15, Ilias u. Ahmed/Ungarn - Rn. 105 m.w.N).
Die Abschiebungsanordnung findet ihre Rechtsgrundlage in § 58a Abs. 1 Satz 1 AufenthG. [...]
2.1 Diese Regelung ist formell und materiell verfassungsgemäß (vgl. BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 24. Juli 2017 - 2 BvR 1487/17 - juris Rn. 20 ff. und vom 26. Juli 2017 - 2 BvR 1606/17 - juris Rn. 18; BVerwG, Beschlüsse vom 21. März 2017 - 1 VR 1.17 - NVwZ 2017, 1057 Rn. 6 ff. und - 1 VR 2.17 - juris Rn. 9 ff.). [...]
Für ein beachtliches Risiko, dass der Kläger einen terroristischen Anschlag begehen würde, spricht auch seine Einbindung in die örtliche Salafistenszene. [...]
Aufgrund der Gewaltbereitschaft des Klägers, der immer wieder durch Rohheitsdelikte aufgefallen ist und sich auch bis zu seiner Verhaftung entsprechend geäußert hat, seiner bekundeten Sympathie für den "IS" und für Attentäter des "IS" sowie seiner Einbindung in die G. Salafistengruppe mit Kontakten zu Selbstmordattentätern bestand zum hier maßgeblichen Zeitpunkt seiner Abschiebung ein beachtliches Risiko, dass der Kläger mit einer terroristischen Gewalttat ein Fanal setzten würde, mit dem seine Verachtung der säkularen Welt europäischer Prägung zum Ausdruck kommt. Dieses Risiko konnte sich jederzeit realisieren. Die Einschätzung des Senats zu dem vom Kläger ausgehenden Risiko entspricht weitgehend der polizeilichen Einschätzung vom 7. Februar 2017, wonach sich aus der Summe der gewonnenen Erkenntnisse "die konkrete Gefahr eines (auch niedrigschwelligen) islamistisch motivierten Anschlages" ergab. Ideologische Einwirkung auf eine gewaltbereite Person kann in die Ausführung einer nach § 58a AufenthG relevanten Gewalttat umschlagen; die damit verbundenen Prognoseprobleme unterstreichen unter anderem die Fälle des Berliner Attentäters A. A. und des Hamburger Messerattentäters vom Juli 2017. [...]
Es ist nichts dafür ersichtlich, dass sich an der vom Kläger ausgehenden Gefahr der Begehung einer terroristischen Gewalttat bis zu seiner Abschiebung im Juli 2017 etwas geändert hat. Die fünfmonatige Inhaftierung und die hierdurch unterbrochenen Kontakte zu Angehörigen der radikal-islamistischen Szene reichen hierfür nicht. Es spricht alles dafür, dass der Kläger bei einem Verbleib in Deutschland wieder in seinen salafistisch geprägten Bekanntenkreis mit jihadistischer Tendenz zurückgekehrt wäre. [...]
Der Senat hat bei seiner Risikoprognose die vom Kläger vorgetragene Tatsache berücksichtigt, dass er nach seiner Abschiebung am 13. Juli 2017 in Algerien/B. bei der "La brigade criminelle" von Psychologen und von auf Terrorismus geschultem Fachpersonal über einen Zeitraum von ca. vier Stunden zu den sich aus der Abschiebungsanordnung der Beklagten ergebenden Erkenntnissen angehört worden sei und man dort zu dem Ergebnis gekommen sei, dass von dem Kläger eine terroristische Gefahr sicher nicht ausgehe. Das den Kläger begutachtende Personal habe diesen als ein "unschuldiges Kind" beschrieben, "das zu viel redet". Dies ist auch bei Abstellen auf den Zeitpunkt der Abschiebung berücksichtigungsfähig, weil es sich um eine Einschätzung zur Person des Klägers und der von ihm ausgehenden Gefahr handelt, die auf die Zeit vor der Abschiebung zurückwirkt. Der Senat misst dieser Einschätzung aber nur ein begrenztes Gewicht bei, das im Ergebnis nicht geeignet ist, die in Deutschland gewonnenen Erkenntnisse über die Gefährlichkeit des Klägers zu relativieren. Denn die Erkenntnisse des algerischen Personals stützen sich auf Gespräche und Beobachtungen während eines Zeitraums von ca. vier Stunden. Der Senat kann sich hingegen auf Erkenntnisse aus einem Zeitraum von der Einschulung des Klägers bis zu seiner Abschiebung stützen. [...]
Zur Einschätzung des vom Kläger ausgehenden Gefahrenpotentials bedurfte es weder einer persönlichen Anhörung des Klägers noch der Einholung eines psychologischen Sachverständigengutachtens, wie das die Klägervertreterin angeregt hat. Nach der Rechtsprechung des Senats bewegen sich die Tatsachengerichte bei der für eine Aufenthaltsbeendigung erforderlichen Gefahrenprognose regelmäßig in Lebens- und Erkenntnisbereichen, die dem Richter allgemein zugänglich sind. [...] Es bedurfte auch keiner persönlichen Anhörung des Klägers, da die umfangreichen, dem Senat zur Verfügung stehenden Erkenntnisse ausreichten, um eine zuverlässige Einschätzung der Persönlichkeit des Klägers und der von ihm ausgehenden Gefahr zu treffen. [...]
c) Selbst wenn man unterstellt, dass die Abschiebungsanordnung eine dem Anwendungsbereich der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl. L 348 S. 98) unterfallende Rückkehrentscheidung darstellt, ist sie mit den sich hieraus dann ergebenden unionsrechtlichen Vorgaben zu vereinbaren.
Insbesondere musste dem Kläger keine Frist zur freiwilligen Ausreise eingeräumt werden, da von ihm wegen des von ihm geplanten Anschlags eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und die nationale Sicherheit ausging (Art. 7 Abs. 4 Richtlinie 2008/115/EG). Dem steht nicht die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) entgegen, wonach nicht automatisch auf normativem Weg oder durch die Praxis davon abgesehen werden darf, eine Frist für die freiwillige Ausreise zu gewähren, wenn die betreffende Person eine Gefahr für die öffentliche Ordnung darstellt (EuGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - C-554/13 [ECLI:EU:C:2015:377] - Rn. 70). Denn in den Fällen des § 58a AufenthG liegt bereits in der einzelfallbezogenen Prüfung und Feststellung des Tatbestands die vom EuGH (Urteil vom 11. Juni 2015 - C-554/13 - Rn. 50, 57) verlangte einzelfallbezogene Beurteilung, ob das persönliche Verhalten des betreffenden Drittstaatsangehörigen eine tatsächliche und gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Ordnung darstellt, die so gravierend ist, dass von der Fristsetzung zur freiwilligen Ausreise ganz abgesehen werden muss (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. Juli 2017 - 1 VR 3.17 - juris Rn. 70).
Der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsanordnung steht bei unterstellter Anwendbarkeit der Richtlinie 2008/115/EG auch nicht entgegen, dass das Ministerium in Ziffer 4 des angegriffenen Bescheids ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet hat (vgl. hierzu die Ausführungen des Senats im Verweisungsbeschluss vom heutigen Tag - 1 A 9.17 -). Die Regelung in § 11 Abs. 1, 2 und 5 AufenthG, wonach bei jeder Abschiebung kraft Gesetzes ein Einreise- und Aufenthaltsverbot eintritt, das von der Ausländerbehörde beim Vollzug einer Abschiebungsanordnung nach § 58a AufenthG nicht befristet werden darf, solange die oberste Landesbehörde nicht im Einzelfall eine Ausnahme zulässt, stünde dann zwar nicht im Einklang mit Art. 11 Abs. 2 Richtlinie 2008/115/EG. Denn danach bedarf ein mit einer Rückkehrentscheidung einhergehendes Einreiseverbot immer einer Einzelfallentscheidung zu seiner Dauer. Diese unionsrechtliche Vorgabe hätte im Falle ihrer Anwendbarkeit zur Folge, dass bei einer Abschiebungsanordnung allein durch eine Abschiebung ohne eine solche Einzelfallentscheidung kein Einreise- und Aufenthaltsverbot entstehen würde. Auch eine fehlerhafte behördliche Entscheidung zur Dauer des Einreiseverbots würde nicht zur Rechtswidrigkeit der Abschiebungsanordnung führen, da es sich hierbei um eine eigenständige und selbstständig anfechtbare Entscheidung zu den Rechtsfolgen einer vollzogenen Abschiebungsanordnung handelt.
d) Die Abschiebungsanordnung ist auch nicht wegen eines zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbots (teil-)rechtswidrig. [...]
Vorliegend bestand im maßgeblichen Zeitpunkt der Abschiebung des Klägers im Juli 2017 kein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 1 bis 8 AufenthG. Soweit es um die von der Klägervertreterin in ihrer Klagebegründung vor Erstellung der Erkenntnismittelliste des Senats und vor Erteilung der Auskunft des Auswärtigen Amtes angesprochene Gefahr der Verhängung der Todesstrafe geht, hat der Senat bereits in seinem Beschluss vom 21. März 2017 (1 VR 1.17 Rn. 39 f.) Folgendes ausgeführt: [...]
An dieser Einschätzung, die vom Kläger auch nicht in Zweifel gezogen worden ist, hält der Senat fest. Die Restzweifel, die der Senat zum Zeitpunkt seiner Entscheidung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes noch im Hinblick auf eine Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung durch algerische Sicherheitsorgane hatte, wurden durch die Entwicklung bis zur Abschiebung des Klägers insoweit ausgeräumt, als hierfür jedenfalls kein reales Risiko mehr bestand. Dieser Maßstab ist entscheidungserheblich, wenn es um das Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK geht.
Der Senat hat zur Gefahr einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in seinem Beschluss vom 21. März 2017 (1 VR 1.17 Rn. 41 ff.) Folgendes ausgeführt:
"Die vom Antragsteller angesprochene Gefahr der Folter oder einer anderen gegen Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung oder Bestrafung erscheint gering, kann aber nicht völlig ausgeschlossen werden (Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG). [...]" [...]
Die Einschätzung des Senats, dass zum Zeitpunkt der Abschiebung - trotz Fehlens der im März geforderten Zusicherung - für den Kläger kein reales Risiko einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung mehr bestand, gründet sich auf folgende Tatsachen: Der Beklagte hatte sich über das Außenministerium der Bundesrepublik Deutschland um die Erteilung der Zusicherung einer algerischen Regierungsstelle bemüht. Der Fall des Klägers wurde von den algerischen Behörden geprüft. {...] Das Algerische Außenministerium hat der Deutschen Bundesregierung mit Verbalnote vom 12. Mai 2017 mitgeteilt, dass gegen den Kläger in Algerien kein Strafverfahren anhängig sei und damit weitere Garantieerklärungen überflüssig seien. [...] Aufgrund der Aufmerksamkeit, die der Fall des Klägers auf deutscher und algerischer Regierungsebene und in der deutschen Öffentlichkeit gewonnen hat, der abgegebenen Erklärungen des Algerischen Außenministeriums und des Generalkonsulats sowie des Interesses des algerischen Staates, in den Rechtsbeziehungen mit Deutschland als "verlässlicher Partner" angesehen zu werden (vgl. die Antwort des Auswärtigen Amtes vom 1. März 2017 betreffend das Auslieferungsverfahren), gelangt der Senat zu der Überzeugung, dass dem Kläger zum Zeitpunkt seiner Abschiebung kein reales Risiko einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung (mehr) in Algerien drohte. [...]
e) Der Erlass einer Abschiebungsanordnung durch die oberste Landesbehörde war im maßgeblichen Zeitpunkt der Abschiebung weder ermessensfehlerhaft noch unverhältnismäßig. Der Schutz der Allgemeinheit vor Terroranschlägen gehört zu den wichtigsten öffentlichen Aufgaben und kann auch sehr weitreichende Eingriffe in die Rechte Einzelner rechtfertigen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Juli 1973 - 1 BvR 23/73 und 1 BvR 155/73 - BVerfGE 35, 382 <402 f.>, Urteil vom 20. April 2016 - 1 BvR 966/09, 1 BvR 1140/09 - BVerfGE 141, 220 Rn. 96, 132). [...]
Vorliegend hat das Ministerium sein Entschließungsermessen ermessensfehlerfrei dahingehend ausgeübt, dass andere im Aufenthaltsgesetz vorgesehene Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung oder sonstige gefahrenabwehrrechtliche Möglichkeiten nicht ausreichen, um der besonderen vom Kläger ausgehenden Gefahr wirksam zu begegnen. Dies ist unter den hier gegebenen Umständen angesichts des an anderer Stelle festgestellten beachtlichen Risikos, dass der Kläger eine mit einfachsten Mitteln jederzeit realisierbare terroristische Tat in Deutschland begeht (siehe Hamburger Messerattacke vom Juli 2017) und der allenfalls begrenzten Wirksamkeit auch aufwändigerer Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen nicht zu beanstanden.
Die Abschiebungsanordnung erweist sich angesichts der vom Kläger ausgehenden Gefahr eines jederzeit möglichen Terroranschlags auch im Übrigen als verhältnismäßig. Dabei kann dahinstehen, ob es für den Erlass einer Abschiebungsanordnung einer umfassenden Würdigung und Abwägung der möglicherweise betroffenen Interessen des Ausländers bedarf, oder ob sich dies aufgrund des sicherheitspolitischen Charakters der Vorschrift regelmäßig erübrigt, weil diese eine Gefahrenlage indiziert, für die der Gesetzgeber bereits auf abstrakt-genereller Ebene eine Abwägung zu Lasten des Ausländers vorgenommen hat, so dass grundsätzlich von einem überragenden öffentlichen Interesse an einer unmittelbaren Aufenthaltsbeendigung auszugehen ist und die Abschiebung in aller Regel nur bei Vorliegen eines von der zuständigen Behörde in eigener Zuständigkeit zu prüfenden Abschiebungsverbots unterbleiben darf (sog. intendiertes Ermessen). Denn der Beklagte hat bei seiner Entscheidung die privaten Interessen des in Deutschland geborenen und aufgewachsenen Klägers berücksichtigt, der als faktischer Inländer keine oder allenfalls geringe Bindungen an das Land seiner Staatsangehörigkeit hat. [...]
3. Der Feststellungsantrag, mit dem der Kläger die Feststellung der Rechtswidrigkeit der erfolgten Abschiebung vom 12. Juli 2017 begehrt, ist unzulässig, weil dem Kläger hierfür das Rechtsschutzbedürfnis fehlt.
Zwar ist die Abschiebung des Klägers ohne Vorliegen einer Zusicherung einer algerischen Regierungsstelle erfolgt, die den Anforderungen im - nicht nach § 80 Abs. 7 VwGO geänderten - Beschluss des Senats vom 21. März 2017 (1 VR 1.17) entspricht. Auf die Beachtung eines Abschiebungsverbots nach Art. 3 EMRK konnte der Kläger auch materiellrechtlich nicht verzichten. Zum Zeitpunkt der Abschiebung bestand jedoch, wie oben näher ausgeführt, kein reales Risiko einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung mehr und auch kein anderes Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 1 bis 8 AufenthG. [...]