VG Leipzig

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Zitieren als:
VG Leipzig, Urteil vom 13.01.2017 - 7 K 603/15.A - asyl.net: M25576
https://www.asyl.net/rsdb/M25576
Leitsatz:

Feststellung eines (krankheitsbedingten) Abschiebungsverbots in Bezug auf Kosovo wegen Erkrankung an Multipler Sklerose, die im Kosovo kaum behandelbar ist.

(Leitsätze der Redaktion)

Schlagwörter: Kosovo, medizinische Versorgung, Multiple Sklerose, krankheitsbedingtes Abschiebungsverbot,
Normen: AufenthG § 60 Abs. 7 S. 1,
Auszüge:

M25576, VG Leipzig

Art der Entscheidung: Urteil

Datum: 13.01.2017

Aktenzeichen: 7 K 603/15.A

Normen: AufenthG § 60 Abs. 7 S. 1,

Schlagwörter: Kosovo, medizinische Versorgung, Multiple Sklerose, krankheitsbedingtes Abschiebungsverbot,

Feststellung eines (krankheitsbedingten) Abschiebungsverbots in Bezug auf Kosovo wegen Erkrankung an Multipler Sklerose, die im Kosovo kaum behandelbar ist.

(Leitsätze der Redaktion)

[...]

Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Gemessen an den genannten Maßstäben liegen bei dem Kläger zu 1. die Voraussetzungen dafür vor, dass er in eine konkrete massive Leibes- oder gar Lebensgefahr gerät, würde seine Abschiebung wie angedroht in den Kosovo durchgeführt. Der Kläger zu 1. leidet an Multipler Sklerose. Aus der in das Verfahren eingeführten Auskunft der Schweizer Flüchtlingshilfe-Länderanalyse vom 31. August 2016 zu Behandlungsmöglichkeiten im Kosovo bei Multipler Sklerose, des USDOS - US Department of State, Country Report on Human Rights Practices 2015 - Kosovo vom 13. April 2016 (Jahresbericht zur Menschenrechtslage im Jahr 2015) sowie aus der vom Gericht eingeholten Auskunft der Deutschen Botschaft vom 17. Mai 2016 folgt, dass im Kosovo die Behandlung von Multipler Sklerose nicht gewährleistet ist. Medikamente, die zur Milderung des Krankheitsverlaufs von Multipler Sklerose und zur Mobilitäts- und Lebensverlängerung notwendig sind, sind im Kosovo nicht erhältlich (siehe Auskunft der SFH, S. 4). Außerdem fehlt Personen, die an Multipler Sklerose leiden, der Zugang zu grundlegenden Leistungen, Sozialhilfe und Arbeitsmöglichkeiten (vgl. Bericht des US Department of State, S. 26). Dies deckt sich mit der vom erkennenden Gericht eingeholten Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 17. Mai 2016 (Nrn. 3 und 4), wonach eine Behandlung der Krankheit Multipler Sklerose im Kosovo nicht gewährleistet ist. Interferone bzw. Betaferon sind im Kosovo nicht erhältlich bzw. es kommt zu erheblichen Engpässen. Die langfristige immunmodulatorische Therapie ist aber notwendig, um eine wesentliche Gesundheitsverschlechterung des Klägers zu verhindern und die Funktionsfähigkeit seines Körpers aufrechtzuerhalten. Dies bescheinigen die vorgelegten ärztlichen Atteste des ...-Klinikums und des ...-Zentrums. Das Gericht hat auch keine Zweifel daran, dass die ärztlichen Stellungnahmen des ...-Klinikums den Mindestanforderungen des Bundesverwaltungsgerichts an ärztliche Atteste genügen, da der Kläger in ständiger Behandlung ist und die Bescheinigungen von Fachärzten für Neurologie erstellt wurden (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. September 2007 - 10 C 8.07 juris Rn. 15).

Im Hinblick auf die kaum bzw. nicht vorhandenen medizinischen Behandlungsbedingungen und unter Berücksichtigung der eingeschränkten Erwerbsfähigkeit und hohen Kosten für Behandlung der Krankheit Multipler Sklerose ist damit zu rechnen, dass dem Kläger alsbald eine wesentliche Gesundheitsverschlechterung droht, die ihre Ursache in der fehlenden medizinischen Versorgung im Kosovo hat, so dass für ihn ein zielstaatbezogenes Abschiebungsverbot festzustellen ist. [...]