VG Greifswald

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Zitieren als:
VG Greifswald, Beschluss vom 10.07.2017 - 6 B 1446/17 As HGW - asyl.net: M25382
https://www.asyl.net/rsdb/M25382
Leitsatz:

In Thailand droht Transsexuellen keine asylrelevante Diskriminierung oder Verfolgung; sie sind sogar durch ein Antidiskriminierungsgesetz geschützt.

(Leitsätze der Redaktion)

Schlagwörter: offensichtlich unbegründet, Thailand, Transsexuelle, Diskriminierung, Asylrelevanz,
Normen: AsylG § 3 Abs. 1, AsylG § 3b Nr. 4,
Auszüge:

[...]

12 Zwar ist der Kläger als transsexuelle Frau, die aufgrund ihres nach thailändischen Recht nicht änderbaren Namens, jederzeit als solche identifiziert werden kann, Angehörige einer sozialen Gruppe.

13 Das Gericht folgt jedoch der Einschätzung im streitgegenständlichen Bescheid des BAMF, dass Transsexuelle in Thailand weder eine individuelle noch eine Gruppenverfolgung von staatlicher oder privater Seite zu erwarten haben.

14 Verfolgungsmaßnahmen, die an die Zugehörigkeit zu dieser sozialen Gruppe anknüpfen, sind von staatlicher Seite nicht erkennbar. Als Verfolgungshandlungen sind nach § 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylG solche Handlungen anzusehen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen. Nach § 3a Abs. 2 AsylG zählen dazu unter anderem die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt, diskriminierende gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, wie auch unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung, insbesondere wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklausel des § 3 Abs. 2 AsylG fallen (§ 3a Abs. 2 Nr. 5 AsylG). Hierbei sind jedoch nur solche staatlichen Maßnahmen gemeint, die die entsprechende soziale Gruppe zielgerichtet diskriminieren. Derartige zielgerichtete Diskriminierungen werden durch den thailändischen Staat nicht vorgenommen. Vielmehr existieren keine ausdrücklichen Regelungen zur Stärkung der Rechte sexueller Minderheiten (vgl.; US Department of State: Country Report on Human Rights Practices 2016 - Thailand, 03. März 2017; Freedom House: Freedom in the World 2017 - Thailand, Januar 2017; UNDP, USAID (2014), Being LGBT in Asia: Thailand Country Report, S. 20ff).

 

15 Die Antidiskriminierungsgesetzgebung Thailands untersagt Diskriminierungen aufgrund der sexuellen Ausrichtung einer Person ausdrücklich, insbesondere auch sofern das Geburtsgeschlecht von der Erscheinung abweicht. Zwar gibt es Vollzugsdefizite in Bezug auf dieses Gesetz (vgl. Ana Salvá, An LGBTI Oasis? Discrimination in Thailand, 1. November 2016, thediplomat.com/2016/11/an-lgbti-oasis-discrimination-in-thailand/; Abruf 10. Juli 2017; Lazeena Muna- Mcquay, Gender law ignored as inequality persists, Bangkok Post, 9. März 2017; www.pressreader.com/thailand/bangkok-post/20170309/281775628954785; Abruf 10. Juli 2017). Diese erreichen jedoch nicht die vom Asylgesetz vorausgesetzte Verfolgungsintensität einer schwerwiegenden Verletzung grundlegender Menschenrechte.

16 Insbesondere kann der Kläger gegen die geltend gemachte Bedrohung durch einen privaten Kreditgeber nach der aktuellen Auskunftslage auch Hilfe bei den nationalen Sicherheitskräften erlangen (US Department of State: Country Report on Human Rights Practices 2016 - Thailand, 03. März 2017). Angehörige sexueller Minderheiten können sich, wie jeder andere auch, an die örtliche Polizei wenden. Zwar gibt es eine generelle Tendenz Sexualdelikte gegen sexuelle Minderheiten herunter zu spielen. Hiervon betroffen sind jedoch sexueller Missbrauch und Belästigungen. Dass dies auch für schwere Sexualdelikte wie Vergewaltigung gilt, ist aus der Quellenlage nicht ersichtlich.

17 Soweit der Antragsteller darüber hinaus geltend macht, dass er wegen seiner Schulden durch einen privaten Kreditgeber bedroht sei, fehlt es bereits an dem Bezug zu einem Verfolgungsmerkmal. [...]