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Zitieren als:
Landesbehörden, Entscheidung vom 22.05.2017 - I B 1 Wr-0285/150 - asyl.net: M25174
https://www.asyl.net/rsdb/M25174
Leitsatz:

Senatsverwaltung für Inneres Berlin zum Bleiberecht für Opfer von Gewaltstraftaten bei Hasskriminalität:

1. Ausreisepflichtigen, die Opfer von Gewaltstraftaten im Zusammenhang mit Hasskriminalität geworden sind, ist zunächst für sechs Monate eine Verfahrensduldung nach § 60a Abs. 2 S. 2 AufenthG auszustellen, wenn sie den Ermittlungsbehörden als Zeugen zur Verfügung stehen. Ist dies nicht der Fall, erhalten die Betroffenen eine Ermessensduldung nach § 60a Abs. 2 S. 3 AufenthG. Dies gilt auch für Familienangehörige. Die Duldung ist für die Verfahrensdauer zu verlängern.

2. Die Ermittlungsbehörden teilen einer Kontaktperson beim LABO mit, ob es sich um eine Straftat aus dem Bereich der Hasskriminalität handelt. Es ist nicht starr auf den Ausgang des Verfahrens abzustellen. Sofern kein anderer Aufenthaltstitel in Betracht kommt, ist eine Lösung über das Härtefallverfahren nach § 23a AufenthG anzustreben.

(Zusammenfassung der Redaktion)

Schlagwörter: Duldung, Ermittlungsverfahren, Härtefall, Opfer von Gewalt, Gewaltstraftaten, Hasskriminalität, Erlass,
Normen: AufenthG § 60a, AufenthG § 60a Abs. 2 S. 2, AufenthG § 60a Abs. 2 S. 3, AufenthG § 23a,
Auszüge:

[...]

1. Anwendungsbereich

Diese Weisung findet auf vollziehbar ausreisepflichtige Drittstaatsangehörige Anwendung, die nach dem Erlass dieser Weisung Opfer einer Gewaltstraftat im Zusammenhang mit Hasskriminalität mit erheblichen Folgen geworden sind.

Unter Gewaltstraftaten sind hierbei nach der bundeseinheitlichen Definition in der polizeilichen Kriminalstatistik folgende Straftatbestände zu verstehen: Körperverletzungen (§§ 223 ff. StGB); versuchte Tötungsdelikte (§§ 22, 23, 211 f. StGB); Brand- und Sprengstoffdelikte (§§ 306 ff. StGB); Freiheitsberaubung (§§ 239 ff. StGB); Raubdelikte (§§ 249 ff. StGB); Erpressung (§§ 253 ff. StGB); Delikte des Landfriedensbruchs (§§ 125 f. StGB) sowie (versuchte) Sexualdelikte (§§ 22, 23, 174 ff. StGB). Von erheblichen Folgen ist immer dann auszugehen, wenn die erlittenen Verletzungen über eine ambulante medizinische Versorgung hinausgegangen sind und/oder therapiebedürftige psychische Folgewirkungen ausgelöst haben. Bei Hasskriminalität handelt es sich um Straftaten, die durch gruppenbezogene Vorurteile motiviert sind (fremdenfeindlich und antisemitisch motivierte sowie gegen bestimmte Gruppen auf Grund ihrer Religion, ihres sozialen Status, physischer und psychischer Behinderungen oder Beeinträchtigungen, sexuellen Orientierung und/oder sexuellen Identität und äußerem Erscheinungsbild gerichtete Straftaten). [...]