1. Der Vater kann nicht in die Geburtsurkunde eingetragen werden, wenn er seine Identität nicht anhand von Reisepass und Personenstandsurkunden nachweist.
2. Auch bei syrischen Staatsangehörigen kann nicht ohne weiteres angenommen werden, dass sie diese Urkunden nicht beschaffen können.
(Leitsätze der Redaktion)
[...]
Ein abgeschlossener Registereintrag – wie hier – darf zunächst in den Fällen des § 47 PStG vom Standesamt berichtigt werden. Außer in diesen Fällen darf die Berichtigung nach § 48 Abs. 1 Satz 1 PStG nur auf Anordnung des Gerichts erfolgen; den Antrag auf diese Anordnung können unter anderem alle Beteiligten stellen, § 48 Abs. 2 Satz 1 PStG. Voraussetzung für die Anordnung der Berichtigung ist die Überzeugung des Gerichts (nicht allein von der Unrichtigkeit der vorhandenen, sondern) von der Richtigkeit der beantragten Eintragung; an den Nachweis dieser Richtigkeit sind strenge Anforderungen zu stellen. Es ist der volle Beweis erforderlich, eine bloße Glaubhaftmachung genügt nicht (KG FGPrax 2013, 170 f und StAZ 2015, 208 ff sowie StAZ 2016, 174 f; OLG Hamm StAZ 2015, 110 ff; SchlHOLG FGPrax 2014, 28 ff; OLG Köln StAZ 2007, 178 f).
Jede Beurkundung – und damit auch eine Berichtigung – setzt voraus, dass die Identität der Beteiligten festgestellt wird. Ereignisse und Erklärungen sind bestimmten Personen zuzuordnen. Das Beurkundungssystem des Personenstandsgesetzes unterliegt dem Wahrheitsgrundsatz (OLG Nürnberg FGPrax 2014, 233 f m.w.Nachw.). Dementsprechend fordert § 33 Satz 1 PStV, dass bei einer Geburtsanzeige das Standesamt verlangen soll, dass ihm neben den Geburtsurkunden der Eltern, gegebenenfalls der Eheurkunde oder der Erklärung über die Vaterschaftsanerkennung unter anderem ein Personalausweis, Reisepass oder ein anderes anerkanntes Passersatzpapier der Eltern vorgelegt werden; jedoch kann nach § 33 Satz 3 PStV das Standesamt die Vorlage weiterer Urkunden verlangen, wenn dies zum Nachweis von Angaben erforderlich ist. Allgemein bestimmt § 9 Abs. 2 PStG, dass, falls den zur Beibringung von Nachweisen Verpflichteten die Beschaffung öffentliche Urkunden nicht oder nur mit erheblichen Schwierigkeiten oder unverhältnismäßig hohen Kosten möglich ist, auch andere Urkunden als Beurkundungsgrundlage dienen können und dass, falls auch diese nicht einfacher zu beschaffen sind oder die für die Beurkundung erheblichen tatsächlichen Behauptungen der Betroffenen weder durch öffentliche noch durch andere Urkunden nachgewiesen werden können, der Standesbeamte zum Nachweis dieser Tatsachen Versicherungen an Eides statt der Betroffenen oder anderer Personen verlangen und abnehmen kann. Darüber hinaus ist der Möglichkeit einer Beweisnot der Eltern in § 35 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbs. PStV Rechnung getragen. Danach ist, falls dem Standesamt bei der Beurkundung der Geburt keine geeigneten Nachweise zu Angaben über die Eltern des Kindes vorliegen, hierüber im Geburtseintrag ein erläuternder Zusatz aufzunehmen; hierdurch wird erkennbar, dass die Angaben zur Person der Eltern nicht auf gesicherten Erkenntnissen beruhen und die Personenstandsurkunde hinsichtlich dieser Angaben nicht an der hohen Beweiskraft personenstandsrechtlicher Beurkundungen teilhat (SchlHOLG a.a.O.). [...]
(1) Alle drei beantragten neuen Eintragungen – zur Person des Vaters, zum Geburtsnamen des Kindes und zur Ehe der Eltern – setzen voraus, dass der Beteiligte zu 1.b) als Vater des Kindes festgestellt werden kann. Das ist bislang nicht möglich.
Die Abstammung des Kindes unterliegt nach Art. 19 Abs. 1 Satz 1 EGBGB zumindest auch deutschem Recht. Zum Zeitpunkt der Geburt waren die Beteiligten zu 1. unstreitig nicht miteinander verheiratet. Dann kommt für die Vaterschaft des Beteiligten zu 1.b) gemäß § 1592 Nr. 2 BGB alles auf die Wirksamkeit seiner Vaterschaftsanerkennung an. Zwar liegt inzwischen die erforderliche (§ 1595 Abs. 1 BGB) Zustimmung der Beteiligten zu 1.a) vor. Jedoch ist die Wirksamkeit zu verneinen, solange die Vaterschaft eines anderen Mannes besteht, § 1594 Abs. 2 BGB (in diesem Fall ist die Anerkennung schwebend unwirksam), mithin auch dann, wenn die Beteiligte zu 1.a) zum Zeitpunkt der Geburt mit einem anderen Mann verheiratet gewesen ist. Deshalb hat der Beteiligte zu 3. zu Recht einen diesbezüglichen Ledigkeitsnachweis gefordert; dieser wiederum setzt zugleich wegen der notwendigen Identitätsprüfung, also des Nachweises der Identität der Beteiligten zu 1.a), die Vorlage einer Geburtsurkunde oder eines gültigen Reisepasses durch die Beteiligte zu 1.a) voraus. [...]
(3) Sind die Vorlageverlangen des Beteiligten zu 3. danach im Ansatz berechtigt, könnte den Anträgen der Beteiligten zu 1. allein aufgrund bestehender Aktenlage nur dann nachgekommen werden, wenn die Beteiligte zu 1.a) sich im Sinne der oben wiedergegebenen Grundsätze in einer Beweisnot befände.
Von einer solchen kann jedoch schon deshalb nicht ausgegangen werden, weil die Beteiligten zu 1. sich in keiner Weise zu ergebnislosen Bemühungen um den Erhalt aussagekräftiger Dokumente geäußert haben. Der bloße Verweis auf die Lage "in Syrien" hilft nicht weiter. Denn nach den Erklärungen der deutschen Auslandsvertretung in Syrien sowie des Auswärtigen Amtes – und zwar auch aus neuester Zeit, also unter Berücksichtigung der Gegebenheiten aufgrund des Bürgerkrieges – kann gerade nicht ohne weiteres angenommen werden kann, die gewünschten Urkunden seien landesweit in keinem Fall zu beschaffen, noch nicht einmal sei dies Personen verwehrt, die Syrien ohne Ausreisegenehmigung verlassen hätten, weil sie sich Dritter bei der Beschaffung bedienen könnten; auch seien allgemein Vorlegalisationen diskriminierungsfrei zu erhalten; die deutsche Botschaft nehme nach wie vor sogar Legalisationen jedenfalls von Personenstandsurkunden vor. Dies hat der Beteiligte zu 3. in der Beschwerdebegründung und mit Schriftsatz vom 11. November 2015 im einzelnen dargestellt und durch Ausführungen des nordrhein-westfälischen Innenministeriums sowie des Auswärtigen Amtes und des Bundesministeriums des Inneren belegt. Darüber hinaus sind die Beteiligten zu 1. auch den Darlegungen des Beteiligten zu 3. nicht entgegengetreten, wegen ihres langjährigen Aufenthalts in Deutschland wäre es der Beteiligten zu 1.a) schon vor Geburt des Kindes und unter stabileren Verhältnissen in Syrien unschwer möglich gewesen, sich eine Geburtsurkunde aus Syrien zu beschaffen oder sich einen Reisepass ausstellen zu lassen. [...]