1. Ein Beschäftigungsverhältnis, das ein Freizügigkeitsrecht als Arbeitnehmer begründen soll, ist an den Rechtsvorschriften, die für den deutschen Arbeitsmarkt gelten, zu messen. Dies gilt gerade auch für den Mindestlohn.
2. Umfasst die Tätigkeit lediglich 7 Wochenstunden zu einem Entgelt von 250 €, liegt kein Beschäftigungsverhältnis vor, das eine Arbeitnehmereigenschaft begründen kann. Vielmehr ist von einem Freundschaftsdienst mit einer gewissen Aufwandsentschädigung auszugehen.
(Leitsätze der Redaktion)
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Der Senat sieht es weder als nachgewiesen noch glaubhaft gemacht an, dass die Antragstellerin bei Frau ... überhaupt einem regulären Arbeitsverhältnis in Abgrenzung zu einem Freundschaftsdienst mit einer gewissen Aufwandsentschädigung nachgeht. [...]
Hier erscheint zwar grundsätzlich möglich, dass Arbeitsleistungen aus dem für den Sohn gewährten Pflegegeld bezahlt werden könnten, allerdings müsste ein solches Arbeitsverhältnis den geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen in Deutschland entsprechen, um eine im Rahmen des Freizügigkeitsrechts schützenswerte Beziehung zum deutschen Arbeitsmarkt zu begründen. Angesichts eines Mindestlohnes im Jahre 2017 i. H. v. 8,84 € führte ein bescheinigtes Entgelt i. H. v. 250,00 € im Monat zu Arbeitsleistungen von etwa 28 Stunden im Monat, also etwa 7 Stunden die Woche. Ein Entgelt von 282,88 Euro führt zu 32 Stunden. Diese Angaben zugrunde gelegt, kann von einem Arbeitnehmerstatus im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 1 Freizügigkeitsgesetz/EU nicht die Rede sein.
Den Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) lässt sich zwar keine bestimmte Grenze in Bezug auf Einkommen und Arbeitszeit entnehmen, unterhalb derer die Arbeitnehmereigenschaft verneint werden muss. Der EuGH hat vielmehr immer deutlich gemacht, dass eine vorzunehmende Würdigung der Gesamtumstände letztlich den Gerichten der Mitgliedstaaten vorbehalten bleibt (vgl. EuGH, Urteil vom 4. Februar 2010 – RS.C-14/09). Er selbst hat die unionsrechtlich autonom zu definierende Arbeitnehmereigenschaft eines Musiklehrers mit 12 Wochenstunden Unterricht und einem monatlichen Einkommen von knapp 500,00 € sowie die einer Studienreferendarin mit bis zu 11 Wochenstunden (Urteil vom 3. Juli 1986 – RS.C-66/85) bejaht. In weiteren Verfahren ging es um die wöchentliche Arbeitszeit, die zwischen 10 und 25 Stunden lag (vgl. z. B. EuGH, Urteil vom 24. Januar 2008, RS.C-294/06; Urteil vom 14. Dezember 1995 – RS.C-444/93).
Danach begründet die Tätigkeit der Antragstellerin, so wie sie in den Akten des Antragsgegners und im Gerichtsverfahren beschrieben wurde, jedenfalls keine unionsrechtliche Arbeitnehmereigenschaft.
In der nationalen Rechtsprechung hat sich bisher insoweit keine einheitliche Linie herausgebildet. So hatte das Bundessozialgericht (BSG) in einem Urteil vom 19. Oktober 2010 B 14 AS 23/10 R eine Wochenarbeitszeit von 7,5 Stunden und einen Lohn i.H.v. 100,00 € ausreichen lassen, andererseits finden sich auch Entscheidungen der Verwaltungsgerichtsbarkeit, die eine Arbeitszeit von 3 bis 4 Stunden an einem Arbeitstag pro Woche zu einem völlig belanglosen Entgelt (VG München, Urteil vom 2. Februar 1999, M 21 K 98.750) und eine Wochenarbeitszeit von 10 bis 12 Stunden bei einem monatlichen Entgelt i.H.v. 300,00 € (VG Darmstadt, Urteil vom 22. Februar 2008, InfAuslR, 2008, 344f) als völlig unwesentlich angesehen haben.
Bei der summarischen Bewertung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren ist vorliegend besonders zu berücksichtigen, dass die "Arbeitgeberin" hier vorliegend im Grunde keinen Arbeitnehmer finanzieren kann, da sie selbst SGB II-Leistungsempfängerin ist. Damit spricht schon vieles dafür, dass das Pflegegeld hier als Aufwandsentschädigung für einen eher im Rahmen freundschaftlicher Unterstützung anzusiedelnden Hilfsdienst "weiter geleitet" wird. Damit steht im Einklang, dass die Tätigkeit der Minijobzentrale nicht gemeldet wurde. [...]