LSG Sachsen-Anhalt

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Zitieren als:
LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 07.03.2017 - L 2 AS 127/17 B ER - asyl.net: M24829
https://www.asyl.net/rsdb/M24829
Leitsatz:

Einstweilige Anordnung von vorläufigen Leistungen nach SGB II und SGB XII:

1. Bis zum 28.12.2016 kein Leistungsausschluss für eine Unionsbürgerin (Portugal) mit zwei schulpflichtigen Kindern, da sie ein Aufenthaltsrecht nach Art. 10 Wanderarbeitnehmer-VO (492/2011/EU) für Kinder ehemaliger Arbeitnehmer (und ihrer Eltern) haben und daher nicht nach der alten Fassung von § 7 Abs. 1 S. 2 SGB II von Leistungen ausgeschlossen waren.

2. Ab dem 29.12.2016 unterliegen wegen Gesetzesänderung auch die nach Art. 10 Wanderarbeitnehmer-VO (492/2011/EU) Aufenthaltsberechtigten dem Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2c SGB II. Es ist kein Verstoß der Neuregelung gegen europäisches Recht festzustellen.

3. Für den Zeitraum ab 29.12.2016 haben die Betroffenen einen Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII. Der Leistungsausschluss in § 23 Abs. 3 SGB XII (wie im SGB II auch für Aufenthaltsberechtigte nach Art. 10 Wanderarbeitnehmer-VO (492/2011/EU)) ist nicht mit EU-Recht vereinbar, da bezogen auf SGB XII die Bundesregierung keinen Vorbehalt zum Europäischen Fürsorgeabkommen (EFA) erklärt hat.

(Leitsätze der Redaktion, vgl. zur Rechtslage vor Gesetzesänderung LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 24.08.2016 - L 2 AS 449/16 B ER - asyl.net: M24181)

Schlagwörter: Unionsbürger, Sozialleistungen, Leistungsausschluss, Kind, Kinder, tatsächlicher Schulbesuch, Schulbesuch, Ausbildung, SGB II, geringfügige Beschäftigung, Arbeitnehmer, Arbeitnehmerbegriff, Arbeitnehmereigenschaft, Bedarfsgemeinschaft, Tätigkeit von untergeordneter Bedeutung, Ausbildung, Berufsausbildung, Sozialhilfe, freizügigkeitsberechtigt, Wanderarbeitnehmer, Wanderarbeitnehmerverordnung, Sozialrecht, Aufenthalt zum Zweck der Arbeitssuche, Arbeitssuche, Arbeitslosigkeit, Gleichheitsgrundsatz, Diskriminierungsverbot, Hilfe zum Lebensunterhalt, Europäisches Fürsorgeabkommen, Portugal,
Normen: SGG § 86b Abs. 2, SGB II § 19 Abs. 1, SGB II § 19 Abs. 3 S. 1, SGB II § 20 Abs. 1, SGB II § 20 Abs. 2, SGB II § 23, SGB II § 22 Abs. 1, SGB II § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, SGB II § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. SGB II § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, SGB II § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 4, SGB II § 19 Abs. 1 S. 2, SGB II § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, SGB II § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 a.F., SGB II § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, SGB II § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 a.F., FreizügG/EU § 2 Abs. 2, FreiziügG/EU § 2 Abs. 3 S. 2, VO 492/2011 Art. 10, FreizügG/EU § 2 Abs. 2 Nr. 1, SGB II § 7 Abs. 1 S. 4, SGB II § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2c, RL 2004/38/EG Art. 7 Abs. 1b, RL 2004/38/EG Art. 24 Abs. 2, VO 883/2004 Art. 4, SGB XII § 21 Abs. 1, SGB XII § 23 Abs. 3, SGB XII § 19 Abs. 1, SGB XII § 27 Abs. 1,
Auszüge:

[...]

Im Übrigen ist aber die Beschwerde mit dem Hauptantrag für die Zeit vom 1. November bis zum 28. Dezember 2016 und mit dem Hilfsantrag für die Zeit vom 29. Dezember 2016 bis zum 30. April 2017 begründet. [...]

Die Antragstellerin zu 1. erfüllt die Anspruchsvoraussetzungen der § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 und 4 SGB II. […] Auch ist sie, da ihr die Aufnahme einer Beschäftigung erlaubt werden könnte, in der Lage, in dem in § 8 Abs. 1 SGB II beschriebenen Umfang erwerbstätig zu sein. Denn nach § 8 Abs. 2 SGB II reicht hierfür die rechtliche Möglichkeit aus, eine Beschäftigung vorbehaltlich einer Zustimmung nach § 39 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) aufzunehmen. Zudem hat die Antragstellerin zu 1. ihren gewöhnlichen Aufenthalt nach § 30 Abs. 3 Satz 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil (SGB I) im Sinne eines zukunftsoffenen Verbleibs (vgl. dazu BSG, Urteil vom 30. Januar 2013 - B 4 AS 54/12 R, juris, Rn. 18) in der Bundesrepublik Deutschland begründet. [...] Die Antragstellerin zu 2. und der Antragsteller zu 3. erfüllen die Anspruchsvoraussetzungen nach § 19 Abs. 1 Satz 2 SGB II, da sie mit der Antragstellerin zu 1. in einer Bedarfsgemeinschaft leben und keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII haben.

Der Leistungsanspruch ist bis zum 28. Dezember 2016 auch nicht nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGB II ausgeschlossen. Anwendung findet die Norm in ihrer bis zum 28. Dezember 2016 geltenden Fassung durch das Gesetz vom 26. Juli 2016 (BGBl. I, S. 1824). [...]

Die Antragstellerin zu 1., die nach Lage der Akten zuletzt bis Ende Oktober 2015 abhängig beschäftigt und seither auch nicht selbständig erwerbstätig war, kann ein Aufenthaltsrecht nach § 2 Abs. 2 FreizügG/EU nur aus der Freizügigkeitsberechtigung zur Arbeitsuche ableiten. Sie übt derzeit weder eine abhängige noch eine selbständige Erwerbstätigkeit aus noch hält sie sich zur Berufsausbildung in der Bundesrepublik Deutschland auf. Das nachgehende Freizügigkeitsrecht aufgrund ihrer vorangegangenen, zuletzt bis Ende Oktober 2015 ausgeübten Erwerbstätigkeit von unter einem Jahr nach § 2 Abs. 3 Satz 2 FreizügG/EU besteht nach Ablauf von sechs Monaten nicht mehr. [...]

Es besteht dennoch ein anderes Aufenthaltsrecht der Antragstellerin zu 1. als das zum Zwecke der Arbeitsuche. Dieses ergibt sich aus Art. 10 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union (ABl. L 141 vom 27.5.2011, S 1), die durch die Verordnung (EU) 2016/589 (ABl. L 107 vom 22.4.2016, S 1) geändert worden ist (im Folgenden als Art. 10 der Verordnung 492/11 bezeichnet). Deshalb greift der hier alleine in Betracht kommende Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II nicht ein. Aufgrund des Leistungsanspruchs der Antragstellerin zu 1. gegen den Antragsgegner besteht gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 SGB II auch ein Leistungsanspruch der Antragstellerin zu 2. und des Antragstellers zu 3. auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Diese bilden als mit der Antragstellerin zu 1. zusammenlebende Kinder eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne des SGB II.

Der Antragstellerin zu 1. steht ebenso wie der Antragstellerin zu 2.. und dem Antragsteller zu 3. ein Aufenthaltsrecht unmittelbar aus Art. 10 der Verordnung 492/11 zu. [...]

Auch die weiteren Voraussetzungen für das sich aus Art. 10 der Verordnung 492/11 ergebende Aufenthaltsrecht liegen vor.

Die Antragstellerin zu 1. hatte durch die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit ab dem 11. September 2015 ein Aufenthaltsrecht nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 Freizüg/EU als Arbeitnehmerin erworben. Sie nahm am 11. September 2015 eine Beschäftigung als Reinigungskraft auf. Bei dieser Tätigkeit handelte es sich nicht nur um eine Tätigkeit von untergeordneter Bedeutung. […]

Das Aufenthaltsrecht der Antragstellerin zu 1. ist auch nicht als Aufenthaltsrecht im Rahmen des § 7 Abs.1 Satz 2 Nr. 2 SGB II unbeachtlich, weil diese ihr Aufenthaltsrecht daraus ableitet, dass sie die Fürsorge für ihre sich in der Schulausbildung befindlichen freizügigkeitsberechtigten Kinder ausübt. In der hier anzuwendenden Fassung findet der Leistungsausschluss keine Anwendung, wenn sich das Aufenthaltsrecht alleine aus dem Zwecke der Arbeitsuche ableitet. Hier hat auch die Antragstellerin zu 1. ein Aufenthaltsrecht aus einem anderen Grunde. Nach der "Qualität" des anderen Aufenthaltsrechts wird nach dem hier maßgeblichen Wortlaut des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II nicht differenziert. Das BSG hat in diesem Zusammenhang überzeugend ausgeführt, dass sich ein Aufenthaltsrecht im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II auch aus einem abgeleitetena Aufenthaltsrecht der Eltern oder eines Elternteils aus Art. 10 der Verordnung 492/11 ergeben kann (vgl. BSG, Urteil vom 3. Dezember 2015 zu B 4 AS 43/15 R, juris, Rn. 27). [...]

Keinen Erfolg hat die Beschwerde, soweit Leistungen nach dem SGB II auch für den Zeitraum ab dem 29. Dezember 2016 begehrt werden.

Denn der Antragstellerin zu 1. kann sich insoweit weder auf eine materielle Freizügigkeitsberechtigung nach dem FreizügG/EU, die nicht vom Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II erfasst ist, noch auf ein Aufenthaltsrecht nach dem AufenthG berufen, das eine Ausnahme von dem Leistungsausschluss zu rechtfertigen vermag. Als Folge davon sind auch die Antragstellerin zu 2. und der Antragsteller zu 3. von Leistungen nach dem SGB II als Familienangehörige der Antragstellerin zu 1. ausgeschlossen, da ihnen kein eigenes Aufenthaltsrecht zusteht, welches einen Leistungsanspruch begründen könnte.

Anwendung findet ab dem 29. Dezember 2016 § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II in der geänderten Fassung durch das Gesetz zur Regelung von Ansprüchen ausländischer Personen in der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch und der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch vom 22.12.2016 (BGBl. I, S. 3155). [...]

Die Voraussetzungen nach § 7 Abs.1 Satz 4 SGB II erfüllen die Antragsteller, die sich längstens seit März 2013 in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten, nicht.

Nach der ab dem 29. Dezember 2016 anzuwendenden Reglung im § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2c SGB II kann das Aufenthaltsrecht aus Art. 10 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 nicht mehr als anderes Aufenthaltsrecht im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II in Ergebnis zu einem Leistungsanspruch nach dem SGB II führen.

Wie bereits oben ausgeführt, steht der Antragstellerin zu 1. auch kein anderes zu einem Aufenthaltsrecht führende Freizügigkeitsrecht zu. Auch aus dem AufenthG ergibt sich kein Aufenthaltsrecht. [...]

Der Senat vermag auch keinen Verstoß des Leistungsausschlusses gegen vorrangiges europäisches Recht festzustellen.

Grundsätzlich ist der Leistungsausschluss von Unionsbürger von Sozialleistungen, wozu auch die Leistungen nach dem SGB II gehören, durch § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II nach den Entscheidungen des EuGH in der Rechtssache (Rs.) "Dano" (Urteil vom 11.11.2014 – C-333/13) und in der Rs. "Allmanovic" (Urteil vom 15.9.2015 – C-67/14) europarechtskonform (vgl. BSG, Urteil vom 17.2.2016 - B 4 AS 24/14 R, juris, Rn. 15).

Gegen die Neuregelung des Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2c SGB II bestehen keinen durchgreifenden Bedenken.

Die Neuregelung verstößt nach Auffassung des Senats nicht gegen den europarechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Bei der Beurteilung, ob nicht erwerbstätige Unionsbürger hinsichtlich des Anspruchs auf Sozialleistungen eine Gleichbehandlung mit den Angehörigen des Aufnahmestaates verlangen dürfen, ist zu prüfen, ob der Aufenthalt dieser Unionsbürger die Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 1b der RL 2004/38/EG erfüllt. Ob ein Aufenthaltsrecht nach der RL 2004/38/EG besteht, ist auch bei arbeitsuchenden Unionsbürgern und für ihre Familienangehörigen nach den Bestimmungen dieser Richtlinie zu beurteilen (vgl. EuGH, Urteil vom 15.9.2015 – C-67/14 "Alimanovic", juris, Rn. 52). Zwar kann ein arbeitsuchender Unionsbürger und dessen Kind auch nach Ablauf des in Art. 7 Abs. 3c RL 2004/38/EG genannten Zeitraums von sechs Monaten, in denen bei einer vorausgegangenen Erwerbstätigkeit die Erwerbstätigeneigenschaft aufrecht erhalten bleibt, für die Dauer des in Art. 7 Abs. 3c RL 2004/38/EG abgedeckten Zeitraums ein Aufenthaltsrecht ableiten, dass einen Anspruch auf Gleichbehandlung mit den Staatsangehörigen des Aufnahmemitgliedstaates hinsichtlich des Zugangs zu Sozialleistungen verschafft. Der Aufnahmemitgliedstaat kann sich in diesem Fall aber auf die Aufnahmebestimmung des Art. 24 Abs. 2 dieser Richtlinie berufen, um dem betreffenden Unionsbürger die beantragte Sozialhilfe nicht zu gewähren (EuGH, Urteil vom 15.9.2015 – C-67/14 "Alimanovic", juris, Rn. 57). Aus der in Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG vorgenommenen Verweisung auf deren Art. 14 Abs. 4b ergibt sich, dass der Aufnahmemitgliedstaat einen Unionsbürger, dem ein Aufenthaltsrecht allein aufgrund der letztgenannten Vorschrift zusteht, jegliche Sozialhilfeleistungen verweigern darf (EuGH, Urteil vom 15.9.2015 – C-67/14 "Alimanovic", juris, Rn. 58). […]

Auch das Diskriminierungsverbot des Art. 4 der VO (EG) 883/2004 spricht nicht dagegen, dass die Gewährung "besonderer beitragsunabhängiger Leistungen" im Sinne des Art. 70 Abs. 2 dieser Verordnung, zu denen die Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II gehört, an nicht erwerbstätige Unionsbürger von dem Erfordernis abhängig zu machen, dass sie die Voraussetzungen der RL 2004/38/EG für ein. Recht auf Aufenthalt im Aufnahmemitgliedstaat erfüllen (EuGH, Urteil vom 11.11.2014 C-333/13 "Dano", juris, Rn. 83). [...]

Der Senat folgt im Rahmen der bei einem Eilverfahren vorzunehmenden summarischen Prüfung nicht der Auffassung, dass sich ein gemeinschaftsrechtlicher Anspruch auf Gleichbehandlung hinsichtlich der Sozialhilfeleistungen im Sinne der EuGH-Rechtsprechung auch dem Aufenthaltsrecht nach Art. 10 Abs. 1 VO (EU) 492/2011 ergeben kann. […]

Insgesamt spricht nach Auffassung des Senats somit deutlich mehr dafür als dagegen, dass die Antragsteller einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II nur für die Zeit bis zum 28. Dezember 2016 haben.

Für den nachfolgenden Zeitraum haben die Antragsteller aber einen Anspruch auf Sozialhilfe in Form von Hilfe zum Lebensunterhalt nach den Vorschriften des SGB XII gegen die Beigeladene glaubhaft gemacht. Den Antragstellern steht ein Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII zu.

Der Anwendbarkeit des SGB XII auf die Antragsteller steht § 21 Abs. 1 SGB XII nicht entgegen. Die Antragstellerin zu 1. ist danach nicht bereits wegen ihrer Erwerbsfähigkeit von Leistungen für den Lebensunterhalt ausgeschlossen, weil die "Systemabgrenzung" zwischen SGB II und SGB XII nicht auf das schlichte Kriterium der Erwerbsfähigkeit reduziert werden kann, sondern differenzierter ist (vgl. BSG, Urteil vom 3.12.2015 - B 4 AS 44/15 R, juris, Rn. 40 ff.).

Die Antragsteller unterliegen auch nicht dem Leistungsausschluss nach § 23 Abs. 3 SGB XII in der seit dem 29. Dezember 2016 maßgeblichen Neufassung. Die Neuregelung der Leistungsausschlüsse in § 23 Abs. 3 SGB XII wurden den Leistungsausschlüssen in § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II angepasst (BT-Drucks. 18/10211, S. 15). […]

Bei Anwendbarkeit der Neureglung würden die Antragsteller von diesem Leistungsausschluss erfasst werden und ihre Ansprüche würden sich auf die Überbrückungsleistungen für die von den Leistungen ausgeschlossenen Personen beschränken.

Der Ausschluss der Antragsteller von Leistungen zur Hilfe zum Lebensunterhalt ist aber nicht mit höherrangigem Recht vereinbar. Der Ausschluss der Antragsteller ist nicht mit dem EU-Recht vereinbar, was aufgrund des Anwendungsvorrangs des europäischen Gemeinschaftsrechts dazu führt, dass die Ausschlussreglungen keine Anwendung finden.

Bezogen auf die Ansprüche auf Sozialhilfe nach dem SGB XII hat die Bundesregierung keinen Vorbehalt zum EFA erklärt (BSG, Urteil vom 17.3.2016 - B 4 AS 32/15 R, juris, Rn. 22). Die Antragsteller sind als portugiesische Staatsbürger auch Staatsangehörige eines Unterzeichnerstaates des EFA. Dies führt dazu, dass dann, wenn die Leistungsvoraussetzungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII erfüllt sind, diese Sozialhilfeleistungen in Form von Hilfen zum Lebensunterhalt im Wege der Gleichstellung mit inländischen Staatsangehörigen zu erbringen sind.

Es ergeben sich für den Senat keine ernstlichen Zweifel, dass die Antragsteller die Anspruchsvoraussetzungen nach §§ 19 Abs. 1, 27 Abs. 1 SGB XII erfüllen. Sie können ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenen Mitteln und Kräften bestreiten. Sie haben deshalb Anspruch auf den notwendigen Lebensunterhalt im in § 27 Abs. 1 SGB XII aufgezeigten Umfang. Dieser umfasst den Regelbedarf und die Leistungen für Unterkunft und Heizung sowie bezogen auf die Antragstellerin zu 1. den Mehrbedarf für Alleinerziehende. [...]