Ein konkreter Anhaltspunkt für das Bestehen von Fluchtgefahr nach § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5, § 2 Abs. 14 Nr. 6 AufenthG kann auch ein Verhalten des Ausländers an Bord eines Luftfahrzeugs sein, das darauf zielt, von der Beförderung durch den Luftfahrzeugführer ausgeschlossen zu werden. Das Verhalten muss nicht darin bestehen, dass der Ausländer physischen Widerstand leistet oder androht.
(Amtlicher Leitsatz)
[...]
a) Nach § 2 Abs. 14 Nr. 6 AufenthG kann ein konkreter Anhaltspunkt für das Bestehen einer Fluchtgefahr darin liegen, dass der Ausländer, um sich der bevorstehenden Abschiebung zu entziehen, sonstige konkrete Vorbereitungshandlungen von vergleichbarem Gewicht vorgenommen hat, die nicht durch Anwendung unmittelbaren Zwangs überwunden werden können. Der Tatbestand erfasst die sonstigen im Verantwortungsbereich eines Ausländers liegenden konkreten Vorbereitungshandlungen, die auf die Verzögerung bzw. Verhinderung der ihm bevorstehenden Rückführung ausgerichtet sind und in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit der Rückführung stehen. Voraussetzung für die Anwendung der Nummer 6 ist, dass die Handlungen des Ausländers gleichermaßen Ausdruck einer möglichen Entziehungsabsicht sind wie bei den in Nummer 1 bis 5 beschriebenen Fallgruppen (BT-Drucks. 18/4097, S. 34). [...]
Ausdruck einer möglichen Entziehungsabsicht kann auch ein Verhalten des Betroffenen an Bord eines Luftfahrzeugs sein, das den Ausschluss von der Beförderung in den Zielstaat der Rückführung durch den verantwortlichen Luftfahrzeugführer zur Folge hat (BT-Drucks. 18/4097, S. 34). Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist hierfür nicht erforderlich, dass das zu seiner Nichtbeförderung führende Verhalten des Ausländers darin besteht, dass er physischen Widerstand leistet oder androht. Es genügt jedes Verhalten des Ausländers, das darauf zielt, von der Beförderung durch den Luftfahrzeugführer ausgeschlossen zu werden. Zu Recht hat das Beschwerdegericht [...] eine auf Verhinderung der bevorstehenden Rückführung gerichtete Vorbereitungshandlung des Betroffenen darin gesehen, dass er sich beim Betreten des Flugzeuges sofort direkt an den Flugkapitän und das Flugbegleitpersonal gewandt und diesen gegenüber zu verstehen gegeben hat, dass er nicht nach Bulgarien fliegen wolle, weil er sich dort bedroht oder gefährdet sehe. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde hat der Betroffene damit nicht lediglich allgemein seine Ansicht zu der bevorstehenden Abschiebung bekundet. Vielmehr war die unmittelbare Kontaktaufnahme mit dem Piloten als dem Verantwortlichen für das Flugzeug erkennbar darauf ausgerichtet, die Beförderung nach Bulgarien zu verhindern. Denn es war zu erwarten, dass der Pilot angesichts der von dem Betroffenen klar zum Ausdruck gebrachten Ablehnung seiner Rückführung das damit verbundene Risiko eines Zwischenfalls während des Fluges nicht auf sich nehmen würde. Das Verhalten des Betroffenen zeigte auch den entsprechenden Erfolg, da der Pilot dessen Beförderung ablehnte. Die von dem Beschwerdegericht festgestellte Verhaltensweise des Betroffenen hat ein vergleichbares Gewicht wie die in § 2 Abs. 14 Nr. 1 bis 5 AufenthG beschriebenen Handlungen. [...]