Vorlagefragen an den EuGH zur Dublin-Verordnung im Rahmen eines beschleunigten Vorabentscheidungsverfahrens:
Klärungsbedürftig sind insbesondere die Fragen:
1. Ob Asylsuchende sich darauf berufen können, dass die Zuständigkeit auf den ersuchenden Mitgliedstaat übergegangen ist, wenn die Frist für die Stellung des Aufnahmegesuchs nach Art. 21 Abs. 1 UAbs. 3 Dublin-III-VO abgelaufen ist.
2. Ob die in Art. 21 Abs. 1 UAbs. 1 Dublin-III-VO geregelte Frist für die Stellung von Aufnahmeersuchen bereits mit der Stellung eines (formlosen) Asylgesuchs oder erst eines förmlichen Asylantrags zu laufen beginnt.
(Leitsätze der Redaktion; Antwort des EuGH: Urteil vom 26.07.2017 - C-670/16 Mengesteab gg. Deutschland - asyl.net: M25274, Asylmagazin 9/2017)
[...]
Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung im beschleunigten Verfahren gemäß Art. 105 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs vorgelegt:
1. Kann ein Asylbewerber den Übergang der Zuständigkeit auf den ersuchenden Mitgliedstaat wegen Ablaufs der Frist für die Stellung des Aufnahmegesuchs (Art. 21 Abs. 1 Unterabs. 3 VO 604/2013) geltend machen?
2. Falls Frage 1 zu bejahen ist: Kann ein Asylbewerber den Übergang der Zuständigkeit auch dann geltend machen, wenn der ersuchte Mitgliedstaat weiterhin bereit ist, ihn aufzunehmen?
3. Falls Frage 2 zu verneinen ist: Kann aus der ausdrücklichen Zustimmung bzw. der fingierten Zustimmung (Art. 22 Abs. 7 VO 604/2013) des ersuchten Mitgliedstaats geschlossen werden, dass der ersuchte Mitgliedstaat weiterhin bereit ist, den Asylbewerber aufzunehmen?
4. Kann die Zweimonatsfrist des Art. 21 Abs. 1 Unterabs. 2 VO 604/2013 nach dem Ablauf der Dreimonatsfrist des Art. 21 Abs. 1 Unterabs. 1 VO 604/2013 enden, wenn der ersuchende Mitgliedstaat mehr als einen Monat nach Beginn der Dreimonatsfrist vergehen lässt, bevor er eine Anfrage an die Eurodac-Datenbank richtet?
5. Gilt ein Antrag auf internationalen Schutz bereits mit der erstmaligen Ausstellung einer Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchender oder erst mit der Protokollierung eines förmlichen Asylantrags als im Sinne von Art. 20 Abs. 2 VO 604/2013 gestellt? Insbesondere:
a) Ist die Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchender ein Formblatt oder ein Protokoll im Sinne von Art. 20 Abs. 2 VO 604/2013?
b) Ist zuständige Behörde im Sinne von Art. 20 Abs. 2 VO 604/2013 die Behörde, die für die Entgegennahme des Formblatts oder die Erstellung des Protokolls zuständig ist, oder die Behörde, die für die Entscheidung über den Asylantrag zuständig ist?
c) Ist ein behördliches Protokoll der zuständigen Behörde auch dann zugegangen, wenn ihr der wesentliche Inhalt des Formblatts oder des Protokolls mitgeteilt wurde oder muss ihr dafür das Original oder eine Kopie des Protokolls übermittelt werden?
6. Können Verzögerungen zwischen dem erstmaligen Nachsuchen um Asyl bzw. der erstmaligen Ausstellung einer Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchender und der Stellung eines Aufnahmegesuchs zu einem Übergang der Zuständigkeit auf den ersuchenden Mitgliedstaat entsprechend Art. 21 Abs. 1 Unterabs. 3 VO 604/2013 führen oder den ersuchenden Mitgliedstaat verpflichten von seinem Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Unterabs. 1 VO 604/2013 Gebrauch zu machen?
7. Falls Frage 6 bezüglich einer der beiden Alternativen zu bejahen ist: Ab welchem Zeitraum ist von einer unangemessenen Verzögerung der Stellung eines Aufnahmegesuchs auszugehen?
8. Wahrt ein Aufnahmegesuch, in dem der ersuchende Mitgliedstaat nur das Datum der Einreise in den ersuchenden Mitgliedstaat sowie das Datum der Stellung des förmlichen Asylantrags nicht aber auch das Datum des erstmaligen Nachsuchens um Asyl bzw. das Datum der erstmaligen Ausstellung einer Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchender angibt, die Frist des Art. 21 Abs. 1 Unterabs. 1 VO 604/2013 oder ist ein solches Ersuchen "unwirksam"? [...]