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BGH

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Zitieren als:
BGH, Beschluss vom 12.10.2016 - V ZB 29/15 (ASYLMAGAZIN 1-2/2017, S. 60) - asyl.net: M24483
https://www.asyl.net/rsdb/M24483
Leitsatz:

1. Das für Haftsachen geltende Beschleunigungsgebot gilt auch für Transitaufenthalte. Auch wenn ein Transitaufenthalt wegen der Möglichkeit, auf dem Luftweg abzureisen, keine Freiheitsentziehung gem. Art. 104 Abs. 2 S. 1 GG und Art. 5 Abs. 1 EMRK darstellt, steht das Festhalten am Flughafen nach einer gewissen Dauer wegen der damit verbundenen Eingriffsintensität einer Freiheitsentziehung gleich.

2. Betroffene sind daher unverzüglich nach ihrem Einreiseversuch und dem in diesem Zusammenhang gestellten Asylbegehren durch das BAMF zu befragen.

3. Eine Befragung, die ohne zwingende und nachvollziehbare Gründe erst nach mehreren Tagen stattfindet, genügt dem Beschleunigungsgebot nicht.

Schlagwörter: Beschleunigungsgebot, Freiheitsentziehung, Transitaufenthalt, Asylbegehren, Asylgesuch, Asylantrag, Flughafenverfahren, offensichtlich unbegründet, Zurückweisung, Zurückweisungshaft, Abschiebungshaft, Freiheitsentziehung, Einreise,
Normen: AsylG § 18a, AufenthG § 15 Abs. 5, AufenthG § 15 Abs. 6, FamFG § 70 Abs. 3, FamFG § 71, FamFG § 62
Auszüge:

[...]

Die gemäß § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 FamFG mit dem Feststellungsantrag nach § 62 FamFG statthafte und auch im Übrigen (§ 71 FamFG) zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Auf der Grundlage der Feststellungen des Beschwerdegerichts kann eine Verletzung des Beschleunigungsgebots nicht verneint werden.

1. Das in Haftsachen zu beachtende Beschleunigungsgebot gilt auch für die den Aufenthalt des Ausländers auf den Transitbereich des Flughafens beschränkende Anordnung nach § 15 Abs. 6 AufenthG. Auch wenn der Transitaufenthalt wegen der Möglichkeit, auf dem Luftweg abzureisen, keine Freiheitsentziehung im Sinne des Art. 104 Abs. 2 Satz 1 GG, Art. 5 Abs. 1 EMRK darstellt, steht das Festhalten des Ausländers auf dem Flughafen nach einer gewissen Dauer und wegen der damit verbundenen Eingriffsintensität einer Freiheitsentziehung gleich. Der den über 30 Tage hinausgehenden Transitaufenthalt des Ausländers anordnende Haftrichter hat daher von Amts wegen zu prüfen, ob die Grenzbehörde die Zurückweisung ernstlich und gemäß dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit mit der größtmöglichen Beschleunigung betreibt. Das Beschleunigungsgebot gebietet, dass der Betroffene unverzüglich nach seinem Einreiseversuch - und nicht ohne nachvollziehbare Gründe erst nach mehreren Tagen - befragt wird und dass die für die Zurückweisung erforderlichen Maßnahmen unverzüglich in die Wege geleitet werden (Senat, Beschluss vom 30. Juni 2011 - V ZB 274/10, FGPrax 2011, 315, Rn. 23 f. m.w.N.).

2. Der pauschale Hinweis des Beschwerdegerichts darauf, dass der Zeitraum von einer Woche zwischen der Protokollierung des Asylgesuchs am 11. Dezember 2014 und der Befragung der Betroffenen durch das Bundesamt mit dem diesbezüglichen organisatorischen Aufwand und dem dazwischen liegenden Wochenende zu erklären sei, trägt die Annahme, dem Beschleunigungsgebot sei Rechnung getragen worden, nicht. Den Feststellungen des Beschwerdegerichts lässt sich nicht entnehmen, welche organisatorischen Schritte zwischen dem 11. und dem 18. Dezember 2014 vorgenommen worden sind. Insbesondere bleibt offen, wann die Betroffene an das Bundesamt übergeben worden ist. Mit der von der Rechtsbeschwerde in Bezug genommenen Stellungnahme der beteiligten Behörde im Rahmen des Beschwerdeverfahrens, wonach das Bundesamt erklärt habe, dass ein Dolmetscher für Swahili nicht früher zur Verfügung gestanden habe und grundsätzlich nicht auf den Sprachmittler zurückgegriffen werde, der bereits bei der Bundespolizei eingesetzt worden sei, hat sich das Beschwerdegerichts nicht befasst. [...]