VG Regensburg

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Zitieren als:
VG Regensburg, Beschluss vom 31.05.2016 - RN 2 K 16.30505 - asyl.net: M23878
https://www.asyl.net/rsdb/M23878
Leitsatz:

Der Gegenstandswert einer asylrechtlichen Untätigkeitsklage ist grundsätzlich entsprechend der Regelung des § 30 Abs. 1 RVG ebenso (mit 5.000 Euro) zu bewerten wie im Falle sonstiger Klageverfahren nach dem AsylG. Eine anderweitige Festsetzung gem. § 30 Abs. 2 RVG ist nicht geboten, da Untätigkeitsklagen nicht ohne Weiteres ein so geringes Gewicht zukommt, dass diese Bewertung unbillig wäre. (Schließt sich vollumfänglich VG Trier an, vgl. Beschluss vom 11.12.2014 - 6 K 1201/14.TR - M22529; siehe auch gleichlautende Beschlüsse des VG Regensburg vom 06.10.2015, 22.09.2015 und 08.09.2015 - M23877, M23876 und M23875)

Schlagwörter: Anwaltsgebühren, Gegenstandswert, Kosten, Kostenrecht, Untätigkeitsklage, Asylverfahren,
Normen: RVG § 33 Abs. 1, RVG § 30 Abs. 1, RVG § 30 Abs. 2, VwGO § 75,
Auszüge:

[...]

Gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 RVG beträgt der Gegenstandswert in Klageverfahren nach dem Asylverfahrensgesetz 5.000,- €. [...] Nach § 30 Abs. 2 RVG kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Wert festsetzen, wenn der nach Absatz 1 bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalles unbillig ist. Letzteres ist vorliegend nicht der Fall.

Im vorliegenden Fall handelte es sich um eine Untätigkeitsklage im Sinne des § 75 VwGO, die auf die Fortführung des Asylverfahrens und die Entscheidung über den Asylantrag gerichtet war. Eine solche Klage ist nach der ständigen Rechtsprechung der Kammer zulässig und ggf. auch begründet, da ein "Durchentscheiden" nur bei einem tatsächlich und rechtlich einfach gelagerten Fall oder bei einem Folgeantrag in Betracht kommt. Es liegen hier keine besonderen Umstände des Einzelfalls, sondern Eigenheiten eines bestimmten Verfahrenstypus, nämlich der asylverfahrensrechtlichen Untätigkeitsklage vor (vgl. VG Trier vom 11.12.2014, Az. 6 K 1512/14.TR - juris m.w.N.). Sinn und Zweck des § 30 Abs. 2 RVG lassen ausschließlich eine einzelfallbezogene Auslegung der Ausnahmeregelung zu. Der Gesetzgeber eröffnet eine von den starren gesetzlichen Wertfestsetzungen des. § 30 Abs. 1 Satz 1 RVG abweichende niedrigere Wertfestsetzung nur bei einer nach den besonderen Umständen gegebenen Unbilligkeit des Einzelfalls. Diese Zweckbestimmung schließt es aus, generalisierend für eine größere "Verfahrensgruppe" - nämlich die der Untätigkeitsklage - abweichende Gegenstandswertbestimmungen vorzunehmen.

Es ist auch nicht unbillig, den Gegenstandswert einer solchen Untätigkeitsklage nach § 30 Abs. 1 Satz 1 RVG zu bewerten. Das Gericht weist auf folgende Ausführungen der Verwaltungsgerichts Trier in dem zitierten Beschluss vom 11. Dezember 2014 hin und schließt sich ihnen vollumfänglich an:

"Abgesehen davon ist es auch nicht unbillig, den Gegenstand einer solchen Untätigkeitsklage grundsätzlich entsprechend der Regelung des § 30 Abs. 1 AsylVfG (gemeint: RVG) zu bewerten.

a) Mit der aktuellen Fassung des § 30 Abs. 1 RVG hat sich der Gesetzgeber bewusst von der bis dahin vorgeschriebenen differenzierten Bewertung der Gegenstände asylrechtlicher Klagen abgewendet. […]

Durch die nunmehr geltende Neuregelung wurde der Gegenstandswert zum einen an den aktuellen Auffangstreitwert gemäß § 52 Abs. 2 GKG angepasst, zum anderen wurde die frühere Unterscheidung zwischen den unterschiedlichen Klagezielen aus Gründen der Vereinfachung aufgegeben (vgl. BT-Drucks. 17/11471 S. 269). Durch die Regelung des § 30 Abs. 2 RVG sollte nach dem Willen des Gesetzgebers eine Korrekturmöglichkeit lediglich einerseits für besonders einfach gelagerte und für die Betroffenen weniger gewichtige Verfahren sowie andererseits für umfangreiche und schwierige Verfahren geschaffen werden.

b) Es kann dahingestellt bleiben, ob die auf die Bescheidung des Asylantrags gerichteten asylverfahrensrechtlichen Untätigkeitsklagen per se erheblich einfacher gelagert sind als andere asylrechtlichen Klageverfahren. Jedenfalls kommt ihnen im Vergleich zu den „sonstigen Klageverfahren" im Sinne von § 30 RVG a.F. nicht ohne Weiteres ein für die Betroffenen so geringes Gewicht zu, dass es unbillig wäre, ihren Gegenstandswert ebenfalls entsprechend den gesetzlichen Vorgaben des § 30 Abs. 1 RVG zu bewerten.

Zwar können Kläger mit einer lediglich auf die Bescheidung ihres Antrags gerichteten Untätigkeitsklage nicht die Verpflichtung der Beklagten zu einer positiven Entscheidung über ihren Asylantrag erreichen. Jedoch wird auch mit einer solchen Klage das Ziel verfolgt, in absehbarer Zeit einen positiven Bescheid des Bundesamtes zu erhalten bzw. im Anschluss an eine ablehnende Entscheidung ein entsprechendes Urteil erstreiten zu können. Es kann also keine Rede davon sein, hinter einem solchen Bescheidungsantrag stehe lediglich das Interesse, irgendeine Entscheidung des Bundesamtes herbeizuführen.

Zudem kommt auch dem Interesse der jeweiligen Kläger, in angemessener Zeit eine Klärung ihres Status herbeizuführen, ein erhebliches Gewicht zu. Das gilt erst Recht im Hinblick darauf, dass der Zeitpunkt, zu dem das Bundesamt über den Antrag bzw. das Gericht über eine anschließende Klage entscheidet, unter Umständen einen entscheidenden Einfluss auf den Inhalt der Entscheidung haben kann, etwa wenn sich die maßgebliche Sach- und Rechtslage zwischenzeitlich geändert hat (vgl. § 77 Abs. 1 AsylVfG).

Nach alledem ist es nicht unbillig, den Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit bei asylrechtlichen Untätigkeitsklagen, die lediglich auf die Verpflichtung zur Bescheidung des Asylantrags gerichtet sind, ebenso zu bewerten wie im Falle sonstiger Klageverfahren nach dem Asylverfahrensgesetz." [...]