1. Bei der Entscheidung einer Aufnahmezusage (hier: für jüdische Zuwanderer) nach § 23 Abs. 2 S. 1 AufenthG handelt es sich um eine politische Leitentscheidung, die einer inhaltlichen Kontrolle durch die Gerichte weitgehend entzogen ist.
2. Abgesehen von den sehr weit gefassten tatbestandlichen Voraussetzungen des § 23 Abs. 2 AufenthG kann sich ein Antragsteller somit lediglich auf die Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) stützen.
3. Der jeweils von der Norm begünstigte Personenkreis wird durch die Verfahrensanordnung des BMI bestimmt. Diese dient somit vor allem dazu, dem zuständigen Bundesamt Kriterien an die Hand zu geben, die eine nachvollziehbare und objektive Entscheidung über die Aufnahme ins Bundesgebiet erst ermöglichen, d.h. eine Gleichbehandlung aller Antragsteller garantieren.
(Leitsätze der Redaktion)
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Hierbei ist insbesondere zu beachten, dass es sich bei der Entscheidung nach § 23 Abs. 2 AufenthG um eine politische Leitentscheidung handelt, die einer inhaltlichen Kontrolle durch die Gerichte weitgehend entzogen ist (vgl. Hailbronner, AuslR, § 23 AufenthG, RdNr. 6 m.w.N.). Abgesehen von den sehr weit gefassten tatbestandlichen Voraussetzungen des § 23 Abs. 2 AufenthG kann sich ein Antragsteller somit lediglich auf die Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes stützen. Hierzu führt das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 15. November 2011 (Az. 1 C 21/10) aus, dass die Entscheidung, ob das Bundesministerium des Innern eine Anordnung nach § 23 Abs. 2 AufenthG erlässt, in dessen Ermessen stehe, das lediglich durch das im Gesetz genannte Motiv ("zur Wahrung besonders gelagerter politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland") dahingehend begrenzt sei, dass eine Anordnung nicht aus anderen Gründen erlassen werden dürfe. Aus der Natur der Sache ergebe sich, dass das Bundesministerium des Innern bei der Definition der besonders gelagerten politischen Interessen der Bundesrepublik und der Festlegung der Aufnahmekriterien weitgehend frei sei. Es handele sich um eine politische Leitentscheidung, die grundsätzlich keiner gerichtlichen Überprüfung unterliege. Das Bundesministerium des Innern könne im Rahmen seines Entschließungs- und Auswahlermessens den von einer Anordnung erfassten Personenkreis bestimmen und dabei positive Kriterien (Erteilungsvoraussetzungen) und negative Kriterien (Ausschlussgründe) aufstellen. Ein Anspruch des einzelnen Ausländers, von einer Anordnung nach § 23 Abs. 2 AufenthG erfasst zu werden, bestehe nicht (vgl. auch die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes, der sich mittlerweile dieser Auffassung angeschlossen hat; z. B. U. v. 6.12.2012, 19 BV 12.664).
Dieser Personenkreis wird vorliegend durch die Verfahrensanordnung BMI bestimmt. Diese dient somit vor allem dazu, dem zuständigen Bundesamt Kriterien an die Hand zu geben, die eine nachvollziehbare und objektive Entscheidung über die Aufnahme ins Bundesgebiet erst ermöglichen, d.h. eine Gleichbehandlung aller Antragsteller garantieren. Es ist weder ersichtlich noch vorgetragen, dass das Bundesministerium des Innern hierbei von den Tatbestandsvoraussetzungen des § 23 Abs. 2 AufenthG abgewichen ist. Vielmehr hat es in rechtlich nicht zu beanstandender Weise entschieden, dass aus historischen Gründen bzw. auch zur Stärkung des jüdischen Lebens in der Bundesrepublik Deutschland so genannte jüdische Kontingentflüchtlinge unter bestimmten Voraussetzungen Aufnahme im Bundesgebiet finden können und im Rahmen dieser Ermächtigungen die Voraussetzungen hierfür definiert. Ein gerichtlich durchsetzbarer Anspruch steht dem Ausländer also nur aus Art. 3 Abs. 1 GG als Anspruch auf Gleichbehandlung nach Maßgabe der tatsächlichen Anwendung der Anordnung zu (BVerwG, a.a.O., Hailbronner, a.a.O., § 23 AufenthG, RdNr. 23, RdNr. 12). [...]
Es ist auch nicht zu beanstanden, dass das Bundesamt die Erteilung einer Aufnahmezusage von der Voraussetzung der Aufnahmemöglichkeit in einer jüdischen Gemeinde abhängig macht. Hierbei ist insbesondere zu beachten, dass die Stärkung der jüdischen Gemeinden in Deutschland ein durchaus beachtenswerter Mosaikstein der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts darstellt. Beides, die Wiedergutmachung nationalen Unrechts wie auch die Stärkung der jüdischen Gemeinden in Deutschland, sind aber Motive dafür, dass den jüdischen Kontingentflüchtlingen im Sinne von § 23 Abs. 2 AufenthG überhaupt die Aufnahme ins Bundesgebiet ermöglicht wird. Sehen die jüdischen Dachverbände in Deutschland eine solche Aufnahme nicht, ist es letztlich folgerichtig, einem Antragsteller eine Aufnahmezusage gerade nicht zu erteilen, auch wenn er die sonstigen Voraussetzungen erfüllt.
Es ist auch nicht erkennbar, warum bei den Klägerinnen zu 2. und 3. von diesen Grundsätzen eine Ausnahme gemacht werden sollte. [...]