De facto Staatenlose fallen nicht unter die Vorschrift des Art. 28 Staatenlosenübereinkommens. Damit sind Personen gemeint, die auf den Schutz ihres Staates verzichten, ohne dass ihr Staat sie deswegen seinerseits aus der Staatsangehörigkeit entlässt, sowie diejenigen, deren Staat ihnen seinen Schutz verweigert bzw. Personen, die den Schutz ihres Staates nicht in Anspruch nehmen wollen oder können.
Hinreichend nachgewiesen ist die Staatenlosigkeit, wenn kein vernünftiger Zweifel daran besteht, dass die Staaten, als deren Angehöriger der Betroffene überhaupt in Betracht kommt, ihn nicht als Staatsangehörigen ansehen.
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Zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung lässt sich indes nicht feststellen, dass die Kläger Staatenlose im Sinne des Art. 28 StlÜbk sind.
Nach der Legaldefinition des Art. 1 Abs. 1 StlÜbk ist eine Person staatenlos, wenn sie kein Staat auf Grund seines Rechts als Staatsangehöriger ansieht, d. h. eine Person, die de jure staatenlos ist (sog. De-jure-Staatenloser) (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Oktober 1990 – 1 C 15/88 -, Juris; OVG NRW, Beschluss vom 6. Juli 2012 – 18 E 1084/11 -, Juris Rn. 5 ff. m.w.N. zur Rechtsprechung).
Nicht dagegen unterfallen der Vorschrift des Art. 28 StlÜbk sog. De-facto-Staatenlose. Gemeint sind damit Personen, die auf den Schutz ihres Staates verzichten, ohne dass ihr Staat sie deswegen seinerseits aus der Staatsangehörigkeit entlässt, sowie diejenigen, deren Staat ihnen seinen Schutz verweigert bzw. Personen, die den Schutz ihres Heimatstaates nicht in Anspruch nehmen wollen oder können (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6. Juli 2012 – 18 E 1084/11 -, Juris Rn. 7 ff. m.w.N. zur Rechtsprechung).
Bei der Feststellung der Staatenlosigkeit ist entscheidend, wie die ausländischen staatsangehörigkeitsrechtlichen Vorschriften von den dortigen Behörden und Gerichten tatsächlich angewandt werden (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6. Juli 2012 – 18 E 1084/11 -, Juris Rn. 14 f. m.w.N..
Der Nachweis der negativen Tatsache der De-Jure-Staatenlosigkeit obliegt dabei grundsätzlich dem Betroffenen; er muss die von ihm behauptete Staatenlosigkeit darlegen und beweisen. Denn die erforderlichen Informationen – etwa die detaillierte Darlegung der Abstammung und die Angaben zu den Vorfahren mit Geburtsdaten, Geburtsorten und Wohnorten – sind grundsätzlich solche aus dem Lebensbereich des Betroffenen und seiner Herkunftsfamilie, die einer Ermittlung von Amts wegen weitgehend nicht zugänglich sind (vgl. VG Hannover, Urteil vom 27. April 2010 – 2 A 6108/08 -, Juris Rn. 16).
Hinreichend nachgewiesen ist die Staatenlosigkeit, wenn kein vernünftiger Zweifel daran besteht, dass die Staaten, als deren Angehöriger der Betroffene überhaupt in Betracht kommt, ihn nicht als Staatenangehörigen ansehen.
Gemessen an diesen Maßstäben lässt sich eine De-jure-Staatenlosigkeit der Kläger nicht feststellen.
Zwar sind die Kläger aktuell sowohl in den serbischen als auch in den kroatischen Registern nicht eingetragen. Dies ist nach dem zum Teil vollständigen Zusammenbruch des Registerwesens im Zuge der Kriegswirren des Balkankrieges indes keine Seltenheit; vielmehr ist eine Vielzahl der Landsmänner/-frauen der Kläger hiervon betroffen.
Die Tatsache, dass die Kläger aktuell in den Registern nicht eingetragen sind, bedeutet jedoch nicht, dass sie damit zwangsläufig de-jure-staatenlos wären. Es besteht vielmehr – wie sich auch aus den zur Gerichtsakte gereichten Bescheinigungen der entsprechenden Generalkonsulate ergibt – sowohl nach kroatischem als auch nach serbischem Staatsangehörigkeitsrecht die Möglichkeit der Staatsbürgerschaftsfeststellung durch nachträgliche (Wieder-) Registrierung in den Registern. Einen solchen Antrag haben die Kläger bis heute nicht gestellt. Dass ihnen eine nachträgliche (Wieder-)Registrierung nicht möglich oder zumutbar wäre, ist nicht ansatzweise dargelegt.
Die Kläger haben bis heute keinen Antrag auf nachträgliche Registrierung beim kroatischen bzw. serbischen Generalkonsulat gestellt, obgleich die serbischen bzw. kroatischen Konsularvertretungen sie auf die Möglichkeit einer solchen nachträglichen Registrierung hingewiesen haben und man ihnen im Einzelnen dargelegt hat, welche Unterlagen für eine nachträgliche Registrierung beizubringen sind. Anstatt sich um die Beschaffung der für eine solche Antragstellung notwendigen Unterlagen/Dokumente bei den zuständigen Heimatlandbehörden – gegebenenfalls unter Hinzuziehung eines bevollmächtigten Rechtsanwaltes vor Ort – zu bemühen, haben sich die Kläger über Jahre hinweg ausschließlich an die im Bundesgebiet ansässigen serbischen bzw. kroatischen Konsularvertretungen gewandt und dort die immer gleiche Bescheinigung erhalten, dass sie aktuell nicht in den serbischen bzw. kroatischen Registern eingetragen sind.
Dass ihnen ein solcher Antrag auf nachträgliche Registrierung bzw. die Beschaffung der hierzu erforderlichen Dokumente bei den Heimatlandbehörden aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht möglich oder zumutbar wäre, haben die Kläger bislang weder substantiiert dargelegt noch nachgewiesen. Sie haben sich vielmehr auf die pauschale Behauptung zurückgezogen, ihnen sei die Beschaffung der für die nachträgliche Registrierung notwendigen Unterlagen und Dokumente auf Grund ihres familiären Werdeganges nicht möglich. Ein derartiger Vortrag genügt den rechtlichen Anforderungen nicht. Zwar dürfen die Kläger mangels gültiger Passdokumente ihrerseits nicht nach Kroatien bzw. Serbien ausreisen und können folglich die notwendigen Unterlagen nicht persönlich bei den Heimatlandbehörden beantragen. Sie hätten sich hierzu jedoch der Hilfe eines ortsansässigen Rechtsanwaltes bedienen können und müssen. Dass ihnen die Beauftragung eines Rechtsanwaltes vor Ort aus finanziellen Gründen nicht möglich oder zumutbar ist, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. [...]