VG Trier

Merkliste
Zitieren als:
VG Trier, Beschluss vom 11.12.2014 - 6 K 1201/14.TR - asyl.net: M22529
https://www.asyl.net/rsdb/M22529
Leitsatz:

Der Gegenstandswert einer asylrechtlichen Untätigkeitsklage ist grundsätzlich entsprechend der Regelung des § 30 Abs. 1 RVG ebenso (mit 5.000 Euro) zu bewerten wie im Falle sonstiger Klageverfahren nach dem AsylG. Eine anderweitige Festsetzung gem. § 30 Abs. 2 RVG ist nicht geboten, da Untätigkeitsklagen nicht ohne Weiteres ein so geringes Gewicht zukommt, dass diese Bewertung unbillig wäre.

Schlagwörter: Anwaltsgebühren, Gegenstandswert, Kosten, Kostenrecht, Untätigkeitsklage, Asylverfahren,
Normen: RVG § 33, RVG § 30 Abs. 1, RVG § 30 Abs. 2,
Auszüge:

[...]

Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit (Gegenstandswert, vgl. § 2 Abs. 1 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes - RVG -) ist festzusetzen, da die Beklagte eine solche Festsetzung beantragt hat (vgl. § 33 Abs. 1 und 2 RVG). Entgegen ihrer Auffassung hat die Festsetzung jedoch mit dem sich aus § 30 Abs. 1 RVG in der seit dem 1. August 2013 geltenden Fassung (vgl. BGBl. I 2013, S. 2690) ergebenden Wert zu erfolgen.

Nach § 30 Abs. 1 RVG beträgt der Gegenstandswert in Klageverfahren nach dem Asylverfahrensgesetz 5.000 € (Satz 1). [...] Das Gericht kann zwar gemäß § 30 Abs. 2 RVG einen höheren oder niedrigeren Wert festsetzen, wenn der nach Absatz 1 bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig ist. Das ist hier jedoch nicht der Fall.

1. Die Besonderheit des dem Antrag zugrundeliegenden Klageverfahrens nach dem Asylverfahrensgesetz bestand allein darin, dass es sich um eine sogenannte Untätigkeitsklage (vgl. § 75 VwGO) handelte, die in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Gerichts allein auf die Verpflichtung der Beklagten gerichtet war, den Asylantrag der Kläger zu bescheiden. Das sind aber keine besonderen Umstände des Einzelfalls, sondern Eigenheiten eines bestimmten Verfahrenstypus, nämlich der asylverfahrensrechtlichen Untätigkeitsklage (vgl. ebenso - bzgl. „Dublin-Verfahren"-: VG Arnsberg, Beschluss vom 24. März 2014 - 5 L 924/13.A -, InfAuslR 2014, 240; VG Düsseldorf, Beschluss vom 10. April 2014 - 7 K 9873/13.A -; anders im Ergebnis VG Trier, Beschluss vom 18. März 2014 - 2 K 33/14.TR -).

2. Abgesehen davon ist es auch nicht unbillig, den Gegenstand einer solchen Untätigkeitsklage grundsätzlich entsprechend der Regelung des § 30 Abs. 1 AsylVfG zu bewerten.

a) Mit der aktuellen Fassung des § 30 Abs. 1 RVG hat sich der Gesetzgeber bewusst von der bis dahin vorgeschriebenen differenzierten Bewertung der Gegenstände asylrechtlicher Klagen abgewendet. [...]

Durch die nunmehr geltende Neuregelung wurde der Gegenstandswert zum einen an den aktuellen Auffangstreitwert gemäß § 52 Abs. 2 GKG angepasst, zum anderen wurde die frühere Unterscheidung zwischen den unterschiedlichen Klagezielen aus Gründen der Vereinfachung aufgegeben (vgl. BT-Drucks. 17/11471 S. 269). Durch die Regelung des § 30 Abs. 2 RVG sollte nach dem Willen des Gesetzgebers eine Korrekturmöglichkeit lediglich einerseits für besonders einfach gelagerte und für die Betroffenen weniger gewichtige Verfahren sowie andererseits für umfangreiche und schwierige Verfahren geschaffen werden.

b) Es kann dahingestellt bleiben, ob die auf die Bescheidung des Asylantrags gerichteten asylverfahrensrechtlichen Untätigkeitsklagen per se erheblich einfacher gelagert sind als andere asylrechtlichen Klageverfahren. Jedenfalls kommt ihnen im Vergleich zu den „sonstigen Klageverfahren" im Sinne von § 30 RVG a.F. nicht ohne Weiteres ein für die Betroffenen so geringes Gewicht zu, dass es unbillig wäre, ihren Gegenstandswert ebenfalls entsprechend den gesetzlichen Vorgaben des § 30 Abs. 1 RVG zu bewerten.

Zwar können Kläger mit einer lediglich auf die Bescheidung ihres Antrags gerichteten Untätigkeitsklage nicht die Verpflichtung der Beklagten zu einer positiven Entscheidung über ihren Asylantrag erreichen. Jedoch wird auch mit einer solchen Klage das Ziel verfolgt, in absehbarer Zeit einen positiven Bescheid des Bundesamtes zu erhalten bzw. im Anschluss an eine ablehnende Entscheidung ein entsprechendes Urteil erstreiten zu können. Es kann also keine Rede davon sein, hinter einem solchen Bescheidungsantrag stehe lediglich das Interesse, irgendeine Entscheidung des Bundesamtes herbeizuführen.

Zudem kommt auch dem Interesse der jeweiligen Kläger, in angemessener Zeit eine Klärung ihres Status herbeizuführen, ein erhebliches Gewicht zu. Das gilt erst Recht im Hinblick darauf, dass der Zeitpunkt, zu dem das Bundesamt über den Antrag bzw. das Gericht über eine anschließende Klage entscheidet, unter Umständen einen entscheidenden Einfluss auf den Inhalt der Entscheidung haben kann, etwa wenn sich die maßgebliche Sach- und Rechtslage zwischenzeitlich geändert hat (vgl. § 77 Abs. 1 AsylVfG).

Nach alledem ist es nicht unbillig, den Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit bei asylrechtlichen Untätigkeitsklagen, die lediglich auf die Verpflichtung zur Bescheidung des Asylantrags gerichtet sind, ebenso zu bewerten wie im Falle sonstiger Klageverfahren nach dem Asylverfahrensgesetz. [...]