VG Schleswig-Holstein

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Zitieren als:
VG Schleswig-Holstein, Urteil vom 03.04.2014 - 9 A 234/10 - asyl.net: M22399
https://www.asyl.net/rsdb/M22399
Leitsatz:

Im Jemen wird die Todesstrafe verhängt und vollstreckt. Dementsprechend ist bei drohender Todesstrafe Abschiebungsschutz gem. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AsylVfG zu gewähren, sofern keine Ausschlussgründe gem. § 4 Abs. 2 AsylVfG gegeben sind.

Schlagwörter: subsidiärer Schutz, Todesstrafe, Vollstreckung, Vollstreckung der Todesstrafe, ernsthafter Schaden, Jemen, Al Houthi,
Normen: AsylVfG § 4 Abs. 2, AsylVfG § 4 Abs. 1 S. 1, AsylVfG § 4, AufenthG § 60 Abs. 2, AsylVfG § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 1,
Auszüge:

[...]

Der Kläger hat jedoch einen Anspruch auf Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 AufenthG.

Nach § 60 Abs. 2 Satz 1 AufenthG darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Abs. 1 AsylVfG bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AsylVfG die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe.

Der Kläger hat stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht, dass ihm im Jemen die Vollstreckung der Todesstrafe droht und damit ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 AsylVfG. Der Kläger hat ein erstinstanzliches Urteil vorgelegt, nach welchem er zum Tode verurteilt worden ist. Dem Auswärtigen Amt erscheint das Dokument echt zu sein. Weitere Aufklärungsmöglichkeiten hinsichtlich des Urteils bzw. des vorangegangenen Verfahrens bestehen nicht. Der Jemen zählt zu den Ländern, in denen die Todesstrafe nicht nur verhängt, sondern auch vollstreckt wird. Nach Angaben von amnesty international wurde im Jemen im Jahr 2013 in mehr als 13 Fällen die Todesstrafe vollstreckt (vgl. todesstrafe.amnesty.at/zahlen_fakten.php). Angesichts dessen sind die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AsylVfG gegeben. Für Ausschlussgründe nach § 4 Abs. 2 AsylVfG liegen keine hinreichenden Anhaltspunkte vor.

Die Beklagte war danach zu verpflichten, festzustellen, dass in der Person des Klägers die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 AufenthG hinsichtlich des Jemen vorliegen. Soweit der Bescheid vom 13.12.2010 entgegenstand, war er aufzuheben.

Angesichts des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 AufenthG bedarf es keiner Ausführungen zu weiteren Abschiebungshindernissen. § 60 Abs. 2 AufenthG beinhaltet ein zwingendes Abschiebungsverbot. [...]