1.) Vor Erlass einer Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylVfG hat das Bundesamt auch zu prüfen, ob der Abschiebung ein inlandsbezogenes Abschiebungsverbot entgegensteht (im Anschluss an VGH Baden-Württemberg, Beschluss v. 31.05.2011 - A 11 S 1523/11 -).
2.) Nach Erlass der Abschiebungsanordnung entstandenen inlandsbezogenen Abschiebungsverboten hat das Bundesamt in alleiniger Kompetenz Rechnung zu tragen.
§ 8 Abs. 3 Nr. 1 AAZuVO (Aufenthaltsgesetzzuständigkeitsverordnung BW) wird im Anwendungsbereich des § 34a AsylVfG verdrängt.
(Amtliche Leitsätze)
[...]
Soll der Ausländer - wie hier - in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27a AsylVfG) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Die Abschiebungsanordnung - als Festsetzung eines Zwangsmittels - darf damit erst ergehen, wenn alle Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Abschiebung erfüllt sind; denn sie ist die letzte Voraussetzung für die Anwendung des Zwangsmittels, hier der Abschiebung. Dies bedeutet, dass das Bundesamt vor Erlass der Abschiebungsanordnung auch der Abschiebung entgegenstehende inländische Vollzugshindernisse zu berücksichtigen, mithin zu prüfen hat, ob die Abschiebung in den für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat aus in der Person des Ausländers liegenden Gründen - wenn auch nur vorübergehend - rechtlich und tatsächlich möglich ist. Raum für eine eigene Entscheidungskompetenz der Ausländerbehörde besteht daneben nicht (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 31.05.2011 - A 11 S 1523/11 -, InfAuslR 2011, 310; OVG Saarland, Beschl. v. 25.04.2014 - 2 B 215/14 -, juris; VG München, Beschl. v. 21.11.2013 - M 23 S 13.31183 -, InfAuslR 2014, 69, jeweils m.w.N.).
Entgegen der von der Antragsgegnerin vertretenen Rechtsauffassung gilt dies auch dann, wenn der Duldungsgrund erst nach dem Erlass der Abschiebungsanordnung entstanden ist (GK-AsylVfG § 34a Rdnr. 22; OVG Saarland, Beschl. v. 25.04.2014, a.a.O.). Der Gesetzgeber hat die Kompetenz für den Erlass der Abschiebungsanordnung als letzter Voraussetzung für die Anwendung des Zwangsmittels dem Bundesamt zugewiesen. Daraus folgt zwangsläufig, dass das Bundesamt seine Entscheidung, zur Abschiebung zu schreiten, bis zum endgültigen Vollzug unter Kontrolle halten muss. Dies macht den Unterschied zu den Fällen des § 34 AsylVfG aus, in denen die vollstreckungsrechtliche Kompetenz des Bundesamts mit dem Erlass der Abschiebungsandrohung endet, dem das Vorliegen von Abschiebungsverboten nicht entgegensteht (§ 59 Abs. 3 Satz 1 AufenthG). Mit der eigenständigen Erteilung einer Duldung würde die Ausländerbehörde die dem Bundesamt in den Fällen des § 34a AsylVfG zugewiesene Letztentscheidungskompetenz über die Zulässigkeit der Anwendung des Zwangsmittels missachten. Die dem Regierungspräsidium Karlsruhe in § 8 Abs. 3 Nr. 1 AAZuVO eingeräumte Zuständigkeit für die Aussetzung der Abschiebung abgelehnter Asylbewerber wird im Anwendungsbereich des § 34a AsylVfG verdrängt. Dies verkennt die Antragsgegnerin, wenn sie die Gefahr einer Kompetenzverdoppelung bei Annahme einer fortbestehenden umfassenden, also auch inlandsbezogene Abschiebungsverbote einschließenden Zuständigkeit des Bundesamts thematisiert. Eine gleichzeitige Zuständigkeit einer Bundesbehörde und einer Landesbehörde für dieselbe Entscheidung, die die Antragsgegnerin - im Ansatz zu Recht - für nicht praktikabel hält, ist mangels Kompetenz der Ausländerbehörde des Landes gerade nicht gegeben. Geht man von einer - alleinigen - Zuständigkeit der Antragsgegnerin zur Berücksichtigung auch nach Erlass der Abschiebungsanordnung entstandener inländischer Vollzugshindernisse aus, wird auch der Beschleunigungszweck des § 34a AsylVfG nicht beeinträchtigt. Von der Entscheidungskompetenz des Bundesamts unberührt bleibt allerdings die Zuständigkeit der Ausländerbehörde für die Erteilung der Duldungsbescheinigung (§ 60a Abs. 4 AufenthG) nach erfolgter Mitteilung des Bundesamts, dass der Ausländer Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung hat (vgl. GK-AsylVfG § 34a Rdnr. 24).
Dass die Abschiebung der Antragstellerin im Sinne von § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG derzeit jedenfalls rechtlich unmöglich ist, stellt auch die Antragsgegnerin nicht in Frage. Dies folgt daraus, dass die Antragstellerin, wie von ihr belegt, schwanger ist und in circa drei Monaten ein Kind zur Welt bringen wird, das die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen wird (GK-AufenthG § 60a Rdnr. 147). Abgesehen davon dürfte im aktuellen fortgeschrittenen Stadium der Schwangerschaft die Reisefähigkeit der, wie aus den vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen ersichtlich, gesundheitlich schwer beeinträchtigten Antragstellerin nicht gegeben sein. [...]