VG Köln

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Zitieren als:
VG Köln, Urteil vom 13.06.2014 - 25 K 7142/12.A - asyl.net: M21993
https://www.asyl.net/rsdb/M21993
Leitsatz:

Auch wenn das Auswärtige Amt in seinem Lagebericht vom 7.2.2014 davon ausgeht, dass die medizinische Grundversorgung in Armenien flächendeckend gewährleistet ist und immer mehr Patienten erfolgreich darauf bestehen, die ihnen nach dem Gesetz über die kostenlose medizinische Behandlung zustehende medizinische Betreuung auch tatsächlich zu erhalten, ist aufgrund von Veröffentlichungen der Weltgesundheitsorganisation davon auszugehen, dass die medizinische Versorgung durch Ärzte und Krankenhauspersonal in erheblichem Umfang informelle private Zahlungen (Handgelder) voraussetzt und die notwendigen Medikamente in den Gesundheitseinrichtungen oft nicht vorrätig sind und von den Patienten auf eigene Kosten beschafft werden müssen.

Schlagwörter: Armenien, medizinische Versorgung, Kosten, Behandlungskosten, Zuzahlungen, informelle Zuzahlungen, Kosten, Finanzierung,
Normen: AufenthG § 60 Abs. 7 S. 1,
Auszüge:

[...]

Dabei kann offenbleiben, inwieweit die für notwendig erachtete medikamentöse Behandlung und engmaschige fachärztliche Überwachung in Armenien überhaupt verfügbar wäre, da der Kläger selbst bei Annahme der Verfügbarkeit im Falle einer Rückkehr nach Armenien aller Wahrscheinlichkeit jedenfalls deshalb nicht die notwendige medizinische Behandlung erhalten könnte, weil er nicht in der Lage sein würde, die Kosten für die Behandlung zu tragen.

Zwar geht das Auswärtige Amt in seinem Lagebericht vom 07.02.2014 (S. 17) davon aus, dass die medizinische Grundversorgung in Armenien flächendeckend gewährleistet ist und immer mehr Patienten erfolgreich darauf bestehen, die ihnen nach dem Gesetz über die kostenlose medizinische Behandlung zustehende medizinische Betreuung auch tatsächlich zu erhalten. Jedoch ist nach der gutachtlichen Stellungnahme von Frau Dr. Tessa Savvidis an das VG Gießen vom 28. Juli 2011, die auf der Grundlage von Veröffentlichungen der Weltgesundheitsorganisation ergangen ist, davon auszugehen, dass die medizinische Versorgung durch Ärzte und Krankenhauspersonal in erheblichem Umfang informelle private Zahlungen (Handgelder) voraussetzt und die notwendigen Medikamente in den Gesundheitseinrichtungen oft nicht vorrätig sind und von den Patienten auf eigene Kosten beschafft werden müssen. Dies räumt letztlich auch das Auswärtige Amt in seinem genannten Lagebericht ein, in dem es ausführt: "Dennoch ist die Qualität der medizinischen Dienstleistung weiterhin häufig von freiwilligen "Zuzahlungen bzw. Zuwendungen" an den behandelnden Arzt abhängig ...".

Angesichts der laut Lagebericht vom 07.02.2014 (S. 16) weiterhin schwierigen wirtschaftlichen Verhältnisse in Armenien (32 % der Bevölkerung leben unterhalb der Armutsgrenze und sind von der Unterstützung durch humanitäre Organisationen abhängig) hält das Gericht für ausgeschlossen, dass der Kläger aufgrund der Besonderheiten seiner Erkrankung die Kosten für eine Therapie und die zusätzlich erforderliche engmaschige fachärztliche Überwachung im Falle einer Rückkehr nach Armenien aufbringen könnte. [...]