OVG Niedersachsen

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Zitieren als:
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 07.03.2014 - 13 LA 118/13 - asyl.net: M21974
https://www.asyl.net/rsdb/M21974
Leitsatz:

Es ist die ureigene Aufgabe eines Gerichts, die Ernsthaftigkeit eines Glaubenswechsels zu beurteilen.

(Amtlicher Leitsatz)

Schlagwörter: Konvertiten, Glaubenswechsel, Christen, Taufschein, Taufe, Ernsthaftigkeit des Glaubenswechsels, Konversion,
Normen: AufenthG § 60 Abs. 1, AsylVfG § 3 Abs. 1,
Auszüge:

[...]

Diese Anforderungen erfüllt die Zulassungsbegründung der Klägerin nicht. Die von der Klägerin aufgeworfene Frage, "wer und unter welchen Voraussetzungen die Ernsthaftigkeit eines Glaubenswechsels und die innere Überzeugung zum neuen, angenommenen Glauben festzustellen hat oder feststellen kann", ist nicht grundsätzlich klärungsbedürftig. "Wer" die innere Überzeugung eines Konvertiten zu beurteilen hat, ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung bereits hinreichend geklärt. Es ist ureigene Aufgabe des Gerichts, aufgrund der mündlichen Verhandlung und der dort vorliegenden Unterlagen zu einer eigenen Einschätzung zu kommen. An die Ausstellung eines Taufscheins sowie an die Einschätzung der Glaubensüberzeugung eines Konvertiten durch eine Kirchengemeinde bzw. einen Pastor ist das Gericht nicht gebunden (Beschl. d. Sen. v. 18.10.2013 - 13 LA 106/13 -, u. v. 30.05.2012 - 13 LA 100/12 -; so auch OVG NRW, Beschl. v. 11.11.2013 - 13 A 2252/13.A -, AuAS 2013, 271; Bay. VGH, Beschl. v. 08.08.2013 - 14 ZB 13.30199 -, juris). Soweit die Klägerin darüber hinaus sinngemäß eine obergerichtliche Klärung der Maßstäbe begehrt, nach denen zu beurteilen ist, ob die Hinwendung zu der angenommenen Religion auf einer festen Überzeugung und einem ernst gemeinten religiösen Einstellungswandel und nicht auf Opportunitätserwägungen beruht, ist die von ihr aufgeworfene Frage einer generellen Klärung nicht zugänglich. Es lässt sich nicht allgemein beschreiben, unter welchen Voraussetzungen von einem Glaubenswechsel in diesem Sinne auszugehen ist. Maßgeblich sind vielmehr die individuellen und konkreten Umstände des Einzelfalles. Die Herausbildung eines generellen Kriterienkatalogs, der - losgelöst vom konkreten Fall - abstrakt die Maßstäbe für eine solche Prüfung benennt, kann nicht Gegenstand eines Berufungsverfahrens sein.

Soweit die Klägerin die tatrichterliche Würdigung des Verwaltungsgerichts in der Sache als bloße "Vermutung" und "Gefühlsentscheidung" rügt, wendet sich sie - unter dem Deckmantel einer Grundsatzrüge - letztlich gegen die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung selbst, die der Überprüfung des Senats im Berufungszulassungsverfahren entzogen ist.

Der von der Klägerin mit Schriftsatz vom 25. Februar 2014 erstmals geltend gemachte Zulassungsgrund eines Verfahrensmangels nach § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG kann schon wegen Ablaufs der Monatsfrist des § 78 Abs. 4 AsylVfG - die Zustellung des Urteils erfolgte am 17. Juni 2013 - keine Berücksichtigung mehr finden. Davon abgesehen kann der (verspätete) Vortrag der Klägerin die Zulassung der Berufung auch in der Sache nicht rechtfertigen. Die Klägerin beruft sich auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Stuttgart, nach der ein Gericht staatskirchenrechtlich an die Feststellung eines ernsthaften Glaubensübertritts durch eine Pfarrerin gebunden sei. Diese Entscheidung steht aber im Widerspruch zu der zitierten Rechtsprechung des Senats und anderer Obergerichte. [...]