VG Berlin

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Zitieren als:
VG Berlin, Beschluss vom 03.02.2014 - 33 L 562.13 A - asyl.net: M21932
https://www.asyl.net/rsdb/M21932
Leitsatz:

§ 71a AsylVfG unterliegt keinen europa- oder verfassungsrechtlichen Bedenken. Dies würde selbst dann gelten, wenn das Asylverfahren in dem nach der Dublin-Verordnung zuständigen Mitgliedstaat nicht im Einklang mit europarechtlichen Bestimmungen ausgestaltet wäre.

Anhaltspunkte für das Vorliegen systemischer Mängel im polnischen Asylsystem bestehen nicht.

Inlandsbezogene Vollstreckungshindernisse sind im Dublinverfahren von der Ausländerbehörde zu prüfen.

Schlagwörter: sichere Drittstaaten, erfolgloser Abschluss des Asylverfahrens, Zweitantrag, subsidiärer Schutz, Polen, systemische Mängel, Mindeststandards, Aufnahmebedingungen, Asylverfahren, zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis, inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis, Ausländerbehörde, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Dublinverfahren,
Normen: AsylVfG § 71a,
Auszüge:

[...]

Zu Recht stützt sich die Antragsgegnerin auf § 71a AsylVfG. In dessen Absatz 1 heißt es, dass für den Fall, dass ein Ausländer nach erfolglosem Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat (§ 26a AsylVfG), für den Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft über die Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren gelten oder mit dem die Bundesrepublik Deutschland darüber einen völkerrechtlichen Vertrag geschlossen hat, im Bundesgebiet einen Asylantrag (Zweitantrag) stellt, ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen ist, wenn die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegen.

Um einen solchen Zweitantrag handelt es sich hier. Das Asylverfahren in Polen ist auch trotz der dort erfolgten Zuerkennung subsidiären Schutzes (vgl. den damals geltenden Art. 18 der Richtlinie 2004/83/EG) "erfolglos" abgeschlossen, nämlich insoweit, als dem Antragsteller der weitergehende internationale Schutz in Gestalt der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (vgl. damals Art. 13 der Richtlinie 2004/83/EG, jetzt Art. 13 der Richtlinie 2011/95/EU), die er mit seinem neuen Asylantrag in Deutschland erreichen will, in Polen nicht gewährt wurde. Der in § 71a Abs. 1 AsylVfG vorausgesetzte völkerrechtliche Vortrag mit Polen als sicherem Drittstaat ist in der Dublin-II-VO zu sehen. Eine Zuständigkeit Deutschlands trat ein infolge Ablaufs der Überstellungsfrist (vgl. Art. 20 Abs. 2 Dublin-II-VO).

§ 71 a AsylVfG unterliegt keinen europa- bzw. verfassungsrechtlichen Bedenken. Dies bestätigt die Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes, die in ihrem Art. 40 Abs. 7 nämlich folgendes bestimmt: Wenn eine Person, gegen die ein Überstellungsbeschluss gemäß der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (= die neue Dublin-III-VO) zu vollstrecken ist, in dem überstellenden Mitgliedstaat weitere Angaben vorbringt oder einen Folgeantrag stellt, prüft der gemäß der genannten Verordnung zuständige Mitgliedstaat diese weiteren Angaben oder Folgeanträge im Einklang mit dieser Richtlinie. Insoweit regelt Art. 40 Abs. 2, dass für die Zwecke der gemäß Artikel 33 Absatz 2 Buchstabe d zu treffenden Entscheidung über die Zulässigkeit eines Antrags auf internationalen Schutz ein Folgeantrag auf internationalen Schutz zunächst daraufhin geprüft wird, ob neue Elemente oder Erkenntnisse betreffend die Frage, ob der Antragsteller nach Maßgabe der Richtlinie 2011/95/EU als Person mit Anspruch auf internationalen Schutz anzuerkennen ist, zutage getreten oder vom Antragsteller vorgebracht worden sind. Nach Art. 40 Abs. 4 können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass der Antrag nur dann weiter geprüft wird, wenn der Antragsteller ohne eigenes Verschulden nicht in der Lage war, die Sachverhalte im früheren Verfahren insbesondere durch Wahrnehmung seines Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf vorzubringen. Gemäß Art. 33 Abs. 2 der Richtlinie können sie einen Antrag auf internationalen Schutz unter anderem dann als unzulässig betrachten, wenn ein anderer Mitgliedstaat internationalen Schutz gewährt hat (Buchst. a) oder es sich um einen Folgeantrag handelt, bei dem keine neuen Umstände oder Erkenntnisse zu der Frage, ob der Antragsteller nach Maßgabe der Richtlinie 2011/95/EU als Person mit Anspruch auf internationalen Schutz anzuerkennen ist, zutage getreten oder vom Antragsteller vorgebracht worden sind (Buchst. d). Diesen Bestimmungen widerspricht Art. 71a AsylVfG nicht. Der eingeschränkte Prüfungsumfang von Folgeanträgen verletzt auch nicht Art. 18, 19 Grundrechtecharta. Maßgeblich ist allein, dass das Begehren eines Antragstellers auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in einem der Mitgliedstaaten inhaltlicher Prüfung unterlag. Einen Anspruch auf eine Zweitprüfung ein einem weiteren Mitgliedstaat lässt sich der Grundrechtecharta nicht entnehmen, zumal alle Mitgliedstaaten infolge für sie geltender europarechtlicher Regelungen einheitliche Vorgaben zu beachten haben in Bezug auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (bisher Art. 13 i.V.m. Kapitel II und III der Richtlinie 2004/83/EG, jetzt entsprechend Richtlinie 2011/95 EU).

§ 71a AsylVfG könnte auch nicht deshalb als europarechtswidrig bzw. verfassungswidrig angesehen werden, wenn konkret das polnische Asylverfahren nicht in Einklang mit den europarechtlichen Bestimmungen ausgestaltet wäre bzw. durchgeführt werden würde. Davon abgesehen sind Anhaltspunkte, dass in Polen die Einhaltung der für Flüchtlinge geltenden Mindeststandards nicht gewährleistet ist und grundlegende systemische Mängel im dortigen Asylsystem bestehen, nicht ersichtlich (vgl. im Einzelnen Beschluss der Kammer vom 24. Oktober 2013 - VG 33 L 450.13 A - juris). Auch der Antragsteller schildert nicht, von Missständen betroffen gewesen zu sein. Aus seinen Angaben beim Bundesamt ergibt sich vielmehr, dass er in Polen angehört wurde. Wenn er dort nicht sämtliche Einzelheiten der Geschehnisse in Russland vorgebracht haben will, lag dies, wie er selbst einräumt, an seinem eigenen Entschluss und nicht etwa daran, dass ihm Gehör verweigert worden wäre. Im Anschluss wurde ihm subsidiärer Schutz zugesprochen und eine entsprechende "Karta Pobytu" ausgehändigt. Dem Antragsteller stand auch Wohnraum zur Verfügung, er vermochte sogar umzuziehen und ein Haus anzumieten.

Über § 71a Abs. 4 AsylVfG gelangen die Regelungen in §§ 34 bis 36 AsylVfG zur Anwendung. Maßgeblich ist gemäß § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG, ob ernstliche Zweifel an der Rechtsmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Die Anwendung des Prüfungsmaßstabs der ernstlichen Zweifel ist darin begründet, dass das Interesse eines Asylbewerbers, sich auch bis zur bestandskräftigen Entscheidung über seinen weiteren Asylantrag im Bundesgebiet aufhalten zu dürfen, grundsätzlich geringer zu bewerten ist als das Interesse eines Erstantragstellers am Erhalt seines Bleiberechts bis zur rechtskräftigen Überprüfung seines Verfolgungsschicksals (VG Berlin, Beschluss vom 16. September 2002 - VG 33 X 386.02 -). Im Falle des Antragstellers ist dies umso mehr offensichtlich, als ihm nicht die Rückführung in sein Heimatland droht, sondern er nach Polen abgeschoben werden soll, wo ihm bereits subsidiärer Schutz zuerkannt wurde und damit auch dort keine Weiterschiebung in die Russische Föderation zu befürchten hat. Ihm ist es beim Fehlen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides vom 25. November 2013 ohne weiteres zuzumuten, das Klageverfahren von Polen aus zu betreiben.

Ernstliche Zweifel an der Entscheidung des Bundesamtes, kein weiteres Asylverfahren durchzuführen, bestehen nicht. Es fehlt am Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG. Eine nachträgliche Änderung der Sachlage im Sinne von § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG liegt nicht vor. [...]

Neue Beweismittel im Sinne von § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG sind ebenfalls nicht zu sehen. [...]

Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides bestehen weiter nicht hinsichtlich der ausgebliebenen Prüfung eines europarechtlichen subsidiären Schutzes durch die deutsche Asylbehörde. Die Antragsgegnerin ist nicht gehalten, bezogen auf das Herkunftsland des Antragstellers, die Russische Föderation, das Vorliegen der Voraussetzungen der Abschiebungsverbote § 60 Abs. 2 i.V.m. § 4 Abs. 1 AsylVfG, § 60 Abs. 3 AufenthG oder § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG zu untersuchen. Der angegriffene Bescheid droht ihm nicht die Abschiebung dorthin, sondern allein nach Polen an. Klarstellend für die für den Vollzug der Abschiebung zuständige deutsche Ausländerbehörde verbietet der Bescheid eine Abschiebung in die Russische Föderation. In Polen droht dem Antragsteller ebenfalls keine Weiterschiebung in sein Herkunftsland, weil Polen ihm subsidiären Schutz im Sinne von Art. 18 Richtlinie 2004/83/EG zuerkannt hat und bis in die Gegenwart hinein gewährt. Soweit der Antragsteller in der Antragsbegründung die Fortdauer der Gültigkeit des ihm erteilten polnischen Aufenthaltstitels bezweifeln lässt, steht dieser Befürchtung die Auskunft der Liaisonmitarbeiterin der Antragstellerin in Polen entgegen, wonach ihm seine Karta Pobytu zuletzt am 27. Mai 2013 für zwei weitere Jahre verlängert wurde. Dies hat der Antragsteller nicht in Frage gestellt. Im Übrigen war es dem Antragsteller eigenen Angaben zufolge in der Vergangenheit nach Verlassen Polens im September 2011 immer wieder möglich, erneut nach Polen einzureisen. Aus welchen Gründen ihm dies nunmehr verwehrt sein sollte, ist nicht erkennbar. Einer erneuten Zuerkennung subsidiären Schutzes durch das Bundesamt bedarf er nicht und es steht ihm diesbezüglich auch kein Anspruch zu. Zwar fehlt es hinsichtlich der Anerkennung dieses durch die Republik Polen gewährten subsidiären Schutzstatus an einer nationalen Verbindlichkeitserklärung entsprechend derjenigen für in einem anderen Mitgliedstaat anerkannte Asylberechtigte und Flüchtlinge (vgl. § 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG). Doch lässt sich der Regelung des Art. 19 Abs. 4 Richtlinie 2004/83/EG bzw. Richtlinie 2011/95/EU (Verpflichtung allein desjenigen Mitgliedstaates, der einen subsidiären Schutzstatus gewährt hat, nachzuweisen, dass Anspruch auf subsidiären Schutz gemäß Art. 19 Abs. 1 bis 3 Richtlinie 2004/83/EG bzw. Richtlinie 2011/95/EU nicht oder nicht mehr besteht) im Umkehrschluss entnehmen, dass solange dieser Nachweis nicht geführt wurde, der subsidiäre Schutz Gültigkeit auch für andere Mitgliedstaaten entfaltet. Anderenfalls liefe diese Regelung weitgehend ins Leere. Im Übrigen hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1938/93 und 2 BvR 2315/93 – BVerfGE 94, 49-114) zur normativen Vergewisserung in Fällen der Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylVfG bereits ausgeführt, dass eine gesonderte Prüfung der im damaligen § 53 AuslG geregelten Abschiebungshindernisse, soweit diese aus der Europäischen Menschenrechtskonvention folgen, entfalle, wenn der in dem Hoheitsgebiet der Antragsgegnerin um Schutz nachsuchende Flüchtling in einen sicheren Drittstaat zurückgeschoben oder zurückverbracht werden soll. Gegen eine Verbringung in einen sicheren Drittstaat könne sich der Ausländer grundsätzlich auch nicht dadurch wenden, dass er sich auf ein Abschiebungshindernis im Sinne von § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG (jetzt § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG) beruft, da das normative Vergewisserungskonzept auch solche Gefährdungen beinhalte. Wenn von dem sicheren Drittstaat eine Prüfung subsidiären Schutzes nach Maßgabe des normativen Vergewisserungskonzepts nicht mehr nur erwartet werden kann, sondern dieser diese Prüfung sogar bereits mit einer Schutzgewährung vollzogen hat, gilt dies umso mehr. Die weitere Prüfung eines europarechtlichen subsidiären Schutzes (und auch eines nationalen subsidiären Schutzes gemäß § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG) hinsichtlich des Herkunftslandes des Ausländers ist damit nicht mehr erforderlich (so VG Bayreuth, Beschluss vom 30. Oktober 2013 – B 3 S 13.30280 – juris, Umdruck S. 9 f. und hierauf Bezug nehmend Beschluss der Kammer vom 3. Dezember 2013 - VG 33 L 542.13 A -). Darüber hinaus findet nach neuer Rechtslage § 71a Abs. 1 AsylVfG auch auf einen auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes gerichteten Antrag Anwendung. Infolge der am 1. Dezember 2013 in Kraft getretenen Änderung der Vorschriften der §§ 1 Abs. 1 AsylVfG, 13 Abs. 2 und 24 Abs. 2 durch Art. 1 des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013 (RiLiUmsG; BGBl. I S. 3474) beinhaltet ein Asylantrag nämlich stets auch einen Antrag auf subsidiären Schutz im Sinne des § 60 Abs. 2 Satz 1 AufenthG i.V.m. mit § 4 Abs. 1 AsylVfG (vgl. § 13 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG). Diese Änderung ist hier zugrunde zu legen (Art. 7 RiLiUmsG, § 77 Abs. 1 AsylVfG) und damit eine Prüfung subsidiären Schutzes im Hinblick auf das Herkunftsland nur durchzuführen, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegen (Beschluss der Kammer vom 11. Dezember 2013 - VG 33 K547.13 A -). Dies ist, wie zu § 60 Abs. 1 AufenthG ausgeführt, nicht der Fall.

In Bezug auf Polen, dem Land, in das der Antragsteller abgeschoben werden soll wären im Übrigen subsidiäre nationale Abschiebungsverbote auch nicht erkennbar. Anhaltspunkte für das Vorliegen der Voraussetzungen von § 60 Abs. 5 AufenthG liegen nicht vor, und zwar auch insoweit nicht, als der Antragsteller geltend macht, durch eine Abschiebung nach Polen von Frau und Kind, die Asylverfahren in Deutschland betreiben, getrennt zu werden. § 60 Abs. 5 AufenthG verweist nämlich lediglich insoweit auf die EMRK, als sich aus ihr Abschiebungshindernisse ergeben, die in Gefahren begründet liegen, welche dem Ausländer im Zielstaat der Abschiebung drohen. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass nur in Bezug auf sog. zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote das Bundesamt im verwaltungsgerichtlichen Asylrechtsstreit zur Feststellung von Abschiebungsverboten verpflichtet sowie zur Ausnahme einer Bezeichnung der betroffenen Staaten in der Abschiebungsandrohung als Zielstaaten der Abschiebung werden kann. Die Ausländerbehörde bleibt demgegenüber für die Durchführung der Abschiebung und dabei auch für die Entscheidung über alle inlandsbezogenen und sonstigen tatsächlichen Vollstreckungshindernisse zuständig. Zu den ausschließlich von der Ausländerbehörde zu prüfenden Vollstreckungshindernissen zählen beispielsweise fehlende Ausweise oder Ersatzpapiere, krankheitsbedingte Reiseunfähigkeit, aber auch ein etwaiges Verbot, durch die Abschiebung eine mit Art. 6 GG nicht vereinbare Trennung von Familienmitgliedern zu bewirken (BVerwG, Beschluss vom 10. Oktober 2012 -10 B 39/12 - m.w.N., Juris; vgl. auch OVG Berlin, Urteil vom 11. März 2005 - 6 B 6.04 - Juris).

Auch sind nicht die Voraussetzungen für ein nationales Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG gegeben. Wie bereits ausgeführt, geht das Gericht nicht davon aus, dass das polnische Asylverfahren mit systemischen Mängeln behaftet ist und der Antragsteller im Falle einer Rückkehr dorthin zwangsläufig in eine unmenschliche oder gar lebensbedrohliche Situation geraten würde. Soweit er vorträgt, in Polen nicht sicher zu sein vor, erscheint es bereits spekulativ, wenn er Nachfragen nach seiner Person, Spuren im Schnee vor dem Balkon, Zigarettenkippen im Keller oder seine vermeintliche Beschattung durch ein Fahrzeug auf russische Verfolger zurückführt. Vor allem aber ist er darauf zu verweisen, sich Schutz suchend an die polnischen Sicherheitskräfte zu wenden. Dass Polen nicht zur Schutzgewähr bereit oder in der Lage wäre, kann auch er nicht behaupten, gab er doch vor dem Bundesamt an, dort Anzeige wegen vermeintlicher Verfolgungen erstattet zu haben, aber deren Bearbeitung nicht abgewartet zu haben, sondern lieber ausgereist zu sein. Nicht zuletzt ist darauf hinzuweisen, dass die vom Antragsteller geschilderten vermeintlichen Vorfälle in Polen sich auch in Deutschland ereignen könnten.

Die Abschiebungsandrohung beruht auf § 71a Abs. 4 in Verbindung mit §§ 34 Abs. 1, 36 Abs. 1 AsylVfG. Die Anwendung des § 34 AsylVfG ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Abschiebung in einen sicheren Drittstaat lediglich in § 34a Abs. 1 AsylVfG als sog. Abschiebungsanordnung erwähnt ist. Eine rechtliche Verpflichtung dahin, bei der vorgesehenen Abschiebung in einen sicheren Drittstaat nur eine Abschiebungsanordnung aussprechen zu dürfen, ist nicht ersichtlich. Die Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 Satz Nr. 1 bis 3 AsylVfG (keine Asylanerkennung, keine Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, keine Gewährung internationalen oder nationalen subsidiären Schutzes) liegen im Hinblick auf Polen als dem konkret angedrohten Zielstaat der Abschiebung vor. Auch besitzt der Antragsteller für Deutschland keinen Aufenthaltstitel (vgl. § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AsylVfG). [...]