VG Aachen

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Zitieren als:
VG Aachen, Urteil vom 19.03.2014 - 8 K 1398/12 - asyl.net: M21862
https://www.asyl.net/rsdb/M21862
Leitsatz:

Erfüllt der Ausländer die zeitlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis, kann er jedoch aufgrund einer Erkrankung oder Behinderung den eigenen Lebensunterhalt nicht sichern und hat er dieses durch entsprechende ärztliche Atteste oder Arztberichte nachgewiesen, so ist ihm regelmäßig eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen. Für den Zeitpunkt der Vorliegens der Einschränkungen ist auf die gegenwärtige Situation abzustellen. Dieses ergibt sich aus der Auslegung der einschlägigen Normen.

Schlagwörter: Niederlassungserlaubnis, Sicherung des Lebensunterhalts, Krankheit, Behinderung, Kausalität, Schwerbehinderung, Beurteilungszeitpunkt, maßgeblicher Zeitpunkt,
Normen: AufenthG § 26 Abs. 4, AufenthG § 9,
Auszüge:

[...]

Die Voraussetzung des § 9 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 2 Abs. 2 AufenthG, dass der Ausländer seinen Lebensunterhalt ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten kann, erfüllt die Klägerin zwar nicht, da sie Hilfe zum Lebensunterhalt bezieht.

Von dieser Voraussetzung wird jedoch nach § 9 Abs. 2 Satz 6 in Verbindung mit Satz 3 AufenthG abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung nicht erfüllen kann. Wie bereits aus dem Wortlaut des § 9 Abs. 2 Satz 6, Satz 3 AufenthG folgt („wegen Krankheit oder Behinderung“), muss gerade die Krankheit bzw. Behinderung des Ausländers die Ursache dafür sein, dass der Ausländer den Lebensunterhalt nicht im Sinne von § 2 Abs. 3 AufenthG durch eigene Erwerbstätigkeit sichern kann. Dies ergibt sich auch aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift, wie er sich insbesondere aus der Gesetzesbegründung erschließt. Danach liegt der Vorschrift der Gedanke zugrunde, dass auch behinderten Ausländern eine Aufenthaltsverfestigung möglich sein muss. Die Vorschrift soll insbesondere mit Blick auf das besondere Diskriminierungsverbot sicherstellen, dass Behinderte nicht benachteiligt werden, wenn sie wegen ihrer Behinderung nicht arbeiten können (vgl. BT-Drs. 15/420, S. 72). Der Gesetzgeber wollte damit erkennbar den aus Krankheit oder Behinderung folgenden Beschränkungen Rechnung tragen, denen der Ausländer im Arbeitsleben und damit bei der Sicherung des Lebensunterhalts durch eigene Erwerbstätigkeit unterliegt.

Für die Beurteilung maßgeblich ist nach dem Wortlaut des § 9 Abs. 2 Satz 6 AufenthG, ob der Ausländer die Voraussetzung der Lebensunterhaltssicherung wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung nicht erfüllen "kann". Aus der Formulierung im Präsens wird deutlich, dass die gegenwärtige Situation entscheidend ist bzw. der Zeitpunkt, ab dem die Niederlassungserlaubnis zugesprochen wird. Hätte der Gesetzgeber darüber hinaus auch berücksichtigt wissen wollen, ob der Ausländer bereits in der Vergangenheit wegen Krankheit oder Behinderung an der Sicherung des Lebensunterhalts gehindert gewesen ist oder diesen aus anderen Gründen, namentlich wegen Versäumnissen hinsichtlich seiner Erwerbsobliegenheit, nicht gesichert hat, wäre eine entsprechende ausdrückliche Regelung geboten gewesen. Hieran fehlt es, anders als zum Beispiel in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Alt 2 Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG), wonach es darauf ankommt, ob der Ausländer die Inanspruchnahme von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu vertreten hat. Bei der Frage, was der Ausländer zu vertreten hat, kommt es nach ständiger Rechtsprechung in gewissen Grenzen auch auf ein gegenwärtig noch nachwirkendes Verhalten in der Vergangenheit wie zum Beispiel den versäumten Erwerb von Rentenansprüchen an (Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 19. Februar 2009 - 5 C 22.08 -, BVerwGE 133, 153 m.w.N.). Diese oder eine ähnliche anderslautende Formulierung hat der Gesetzgeber mit § 9 Abs. 2 Sätze 3, 6 AufenthG aber gerade nicht aufgegriffen, sondern es bei der Formulierung im Präsens belassen.

Dass es nach derzeitiger Rechtslage nur auf die krankheitsbedingte Unfähigkeit im maßgeblichen Beurtei - lungszeitpunkt ankommen kann, wird auch durch den Regelungszusammenhang der Vorschrift bestätigt. § 9 Abs. 2 Satz 6 i. V. m. Satz 3 AufenthG bildet systematisch eine Ausnahme zu der zwingenden Erteilungsvoraussetzung des § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AufenthG. Bei der Beurteilung, ob der Lebensunterhalt im Sinne dieser Vorschrift gesichert ist, bedarf es einer positiven Prognose dahin, dass der Ausländer seinen Lebensunterhalt künftig, d. h. nach Erteilung der begehrten Erlaubnis, auf Dauer ohne die Inanspruchnahme öffentlicher Mittel sichern kann. Dies erfordert einen Vergleich des voraussichtlichen Unterhaltsbedarfs mit den voraussichtlich zur Verfügung stehenden Mitteln. Unerheblich ist, ob öffentliche Leistungen in der Vergangenheit in Anspruch genommen worden sind, da es nach dem gesetzlichen Regelungsmodell nur auf das Bestehen eines entsprechenden Anspruchs ankommt (BVerwG, Urteile vom 18. April 2013 - 10 C 10.12 -, NVwZ 2013, 1339 und vom 16. August 2011 - 1 C 4.10 -, ZAR 2012, 73 m.w.N.).

Außerdem gebietet auch eine wertende Betrachtung, insbesondere unter Berücksichtigung des Sinn und Zwecks der Vorschrift, etwaigen in der Vergangenheit liegenden, nicht krankheits- oder behinderungsbedingten Gründen für eine fehlende Unterhaltssicherung bei späterem Eintritt voller Erwerbsminderung bzw. Erwerbsunfähigkeit des Ausländers keine Fortwirkung mehr beizumessen. Nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift, eine Belastung der öffentlichen Haushalte durch Inanspruchnahme von öffentlichen Mitteln zu verhindern, ist § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AufenthG nicht darauf angelegt, eine fehlende Unterhaltssicherung in der Vergangenheit zu sanktionieren. Nichts anderes kann dann für die Ausnahmevorschrift des § 9 Abs. 2 Sätze 3 und 6 AufenthG gelten. Ziel der Niederlassungserlaubnis ist es, Ausländern, die sich in die Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland bereits hinreichend integriert haben, durch Erteilung eines Daueraufenthaltsrechts eine Aufenthaltsverfestigung und Aufenthaltssicherung - infolge des besonderen Ausweisungsschutzes - zu gewähren. Dass die mit der Voraussetzung eines rechtmäßigen Aufenthalts seit fünf Jahren verbundene Integrationserwartung in wirtschaftlicher Hinsicht nicht erfüllt ist, nimmt er in den Fällen des § 9 Abs. 2 Satz 6 i.V.m. Satz 3 AufenthG hin, ohne ausdrücklich daran anzuknüpfen, ob der Lebensunterhalt des Ausländers zu einem früheren Zeitpunkt gesichert war oder der Ausländer zumindest Anstrengungen hierzu unternommen hat. Dadurch, dass der Gesetzgeber diese Ausnahmetatbestände vorgesehen hat, wird deutlich, dass er nicht stets eine Vollintegration als Voraussetzung für eine Aufenthaltsverfestigung verlangt, sondern in bestimmten Fällen, insbesondere zur Vermeidung einer Benachteiligung Behinderter auch Teilintegrationsleistungen ausreichen lässt.

Ein anderes Ergebnis ergibt sich auch nicht aus der Perspektive, aus der die Beklagte das bereits angesprochene Erfordernis der Kausalität betrachtet. Die nach § 9 Abs. 2 Satz 6 i.V.m. Satz 3 AufenthG erforderliche Kausalität zwischen der krankheitsbedingten Erwerbsunfähigkeit und der fehlenden Unterhaltssicherung wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Ausländer in der Vergangenheit ggf. aus anderen Gründen - sei es wegen einer Verletzung der Erwerbsobliegenheit, sei es wegen fehlender Chancen am Arbeitsmarkt, sei es wegen einer bewussten Entscheidung zur Übernahme von Erziehungsaufgaben in der Familie - den Lebensunterhalt nicht sichergestellt hat. Denn durch den späteren Eintritt der vollen Erwerbsminderung bzw. Erwerbsunfähigkeit wegen Krankheit und Behinderung ist eine von etwaigen früheren Gründen unabhängige neue Ursachenreihe eröffnet worden, die den Ursachenzusammenhang zwischen den früheren Gründen und der fehlenden Unterhaltssicherung unterbricht und nunmehr allein ursächlich für die Nichterfüllbarkeit des Erfordernisses der Unterhaltssicherung ist. Die Niederlassungserlaubnis können auch Ausländerinnen und Ausländer beanspruchen, die sich nach einer bewusst gewählten Familienphase, in der sie durch Erziehungsausgaben ausgefüllt waren, eine Erwerbstätigkeit nachgehen. Der Teil dieser Personen, dem diese Möglichkeit nach dem Ende der Familienphase wegen Krankheit und Behinderung verschlossen ist, hat den Anspruch auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis ebenso wie der Teil, die nicht durch solche ungünstigen Umstände daran gehindert sind, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen.

Das Gericht folgt der Entscheidung der 8b. Kammer des Verwaltungsgerichts Aachen (Urteil vom 30. Januar 2013 - 8b K 1272/11 -) nicht. Nach dieser Entscheidung ist eine wertende Einschränkung der möglichen Kausalität einer Behinderung vorzunehmen, weil sich die Voraussetzungen des § 9 Abs. 2 Nr. 7 und 8 AufenthG notwendigerweise auf in der Vergangenheit erbrachte Integrationsleistungen bezögen. Die Privilegierung des § 9 Abs. 2 Satz 3 AufenthG könne nur dann greifen, wenn der Ausländer wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung "von vornherein" nicht in der Lage war, die Voraussetzungen zu erfüllen, eine nur später auftretende krankheitsbedingte Unfähigkeit könne nicht mehr relevant werden.

Diese Auffassung findet - wie oben ausgeführt - weder im Gesetzestext des § 9 AufenthG noch nach dem Sinn und Zweck noch aus dem Regelungszusammenhang eine Stütze. Wie oben ausgeführt, bezieht sich die Ausnahmevorschrift auf den maßgeblichen Zeitpunkt der Zuerkennung der Niederlassungserlaubnis. Ob der Ausländer zur Erfüllung der Voraussetzungen bereits in der Vergangenheit krankheits- oder behinderungsbedingt nicht in der Lage gewesen ist oder ob er seinen Lebensunterhalt aus anderen nicht krankheits- oder behinderungsbedingten Gründen nicht sichergestellt hat, ist unerheblich (vgl. ebenso zu dem ähnlich konzipierten § 10 Abs. 6 StAG, wonach von der Voraussetzung ausreichender Sprachkenntnisse abgesehen wird, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann: OVG NRW, Urteil vom 22. Januar 2013 - 19 A 364/10 -).

Eine andere Einschätzung lässt sich auch nicht der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Niedersachsen (OVG Niedersachsen Beschluss vom 30. November 2011 - 8 PA 186/11 -) entnehmen. Hier hat das Gericht lediglich betont, dass es für die erforderliche Kausalität zwischen Erkrankung und/oder Behinderung und fehlender Sicherung des Lebensunterhalts erforderlich ist, dass die Krankheit oder Behinderung bei dem die Niederlassungserlaubnis begehrenden Ausländer selbst vorliegen muss. Die Krankheit oder Behinderung eines vom Antragsteller gepflegten Angehörigen, die diesen an der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit hindert, reicht dazu nicht aus.

Nach diesen Maßgaben erfüllt die Klägerin die Voraussetzungen der Absehensvorschrift. In ihrem Fall wird gemäß § 9 Abs. 2 Satz 6 i.V.m. Satz 3 AufenthG von der Voraussetzung der Lebensunterhaltssicherung abgesehen, weil sie diese wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung nicht erfüllen kann.

Der ursächliche Zusammenhang zwischen Krankheit bzw. Behinderung und der fehlenden Unterhaltssicherung ist in aller Regel dann nachgewiesen, wenn aufgrund entsprechender sozialmedizinischer oder amtsärztlicher Feststellungen feststeht, dass der Ausländer voll erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Abs. 2 des Sechsten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VI) ist. Mit einer solchen Feststellung ist ausgesprochen, dass der Betroffene wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (vgl. § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Allerdings kann - aufenthaltsrechtlich - das Gericht auch aufgrund sonstiger belegter Tatsachen zu der Überzeugung gelangen, dass die Voraussetzungen des § 9 Abs. 2 Satz 6 i. V. m. Satz 3 AufenthG vorliegen. Es gibt insoweit kein Feststellungsmonopol sozialmedizinischer oder amtsärztlicher Dienste.

Hier ergibt sich die Feststellung der Erkrankung und ihrer Kausalität nach der Überzeugung des Gerichts auf den heutigen und den Zeitpunkt der Antragstellung am 21. Februar 2012 bezogen aus den ärztlichen Attesten der Fachärztin für Allgemeinmedizin N. N. vom 12. März 2007, dem Attest des Dr. med. Q. B., Arzt für Allgemeinmedizin vom 30. März 2010 und dem Attest des Dr. med. Q. B., Arzt für Allgemeinmedizin, vom 22. November 2011, die sich ausdrücklich zur Minderung der Erwerbsfähigkeit bzw. (das letztgenannte Attest vom 30. März 2010) zur Arbeitsunfähigkeit verhalten. Noch eindeutiger wird - ohne dass diese Ergänzung für die Entscheidung als tragend nötig ist - das Bild über die Entwicklung und die Tragweite der Erkrankung der Klägerin, wenn man die Gesamtheit der ärztlichen Atteste seit September 1998 einbezieht. Auch wenn bei den meisten dieser vorherigen Atteste gemäß der damaligen aufenthaltsrechtlichen Problemlage der Gesichtspunkt der Reisefähigkeit im Vordergrund stand, wird deutlich, dass es um den Gesundheitszustand der Klägerin bereits zu einem weitaus früheren Zeitpunkt als dem Jahr 2012 so ungünstig bestellt war, dass eine Erwerbstätigkeit für sie wohl kaum erreichbar war, obwohl sie sich seit 2004, in einer Zeit, in der ihre Kinder 6, 9 und 14 Jahre alt waren, in verschiedener Weise fortgebildet und vielfach (erfolglos) beworben hat.

Weitere Voraussetzung für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis ist gemäß § 9 Abs. 2 Nr. AufenthG an sich, dass die Klägerin in der dort vorgeschriebenen Weise Altersvorsorge betrieben hat. Für die Klägerin gilt diese Vorschrift allerdings gemäß § 104 Abs. 2 Satz 2 AufenthG nicht, weil sie schon vor dem 1. Januar 2005, dem Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes, im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis war.

Es liegen auch keine Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nach § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 AufenthG vor, die unter Berücksichtigung der Schwere oder der Art des Verstoßes gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder der vom Ausländer ausgehenden Gefahr, unter Berücksichtigung der Dauer des bisherigen Aufenthalts und dem Bestehen von Bindungen im Bundesgebiet der Erteilung der Niederlassungserlaubnis entgegenstehen könnten. Die Klägerin ist ausweislich des im Einverständnis mit den Beteiligten nach der mündlichen Verhandlung eingeholten Auszugs aus dem Bundeszentralregister vom 24. Februar 2014 nicht straffällig geworden.

Eine nach § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AufenthG grundsätzlich erforderliche Beschäftigungserlaubnis ist der Klägerin jeweils mit ihrer Aufenthaltserlaubnis erteilt worden.

Aufgrund der bereits angesprochenen Übergangsregelung des § 104 Abs. 2 AufenthG ist es im Fall der Klägerin hinsichtlich der Voraussetzung des § 9 Abs. 2 Nr. 7 (Sprachkenntnisse) ausreichend, wenn sie sich auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen kann. Wie die Befragung der Klägerin zu Beginn der mündlichen Verhandlung (siehe Niederschrift vom 12. Februar 2014) ergeben hat, ist dies der Fall.

Die Klägerin verfügt auch über ausreichenden Wohnraum i.S.d. § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 AufenthG in Verbindung mit § 2 Abs. 4 AufenthG Dies ergibt sich aus dem aktuellen Mietvertrag der Klägerin vom 24 März 1999 über die 85,14 qm große Wohnung, die die Klägerin (mit Wohnberechtigungsschein) mit ihren drei Kindern bewohnt.

Weiter liegen auch die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen nach § 5 AufenthG vor, soweit § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 - 9, Satz 2 - 6 AufenthG keine spezielleren Regelungen trifft. Die Klägerin ist, wie nach § 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG erforderlich, im Besitz eines Passes. Dass sie krankheitsbedingt Sozialleistungen in Anspruch nimmt, kann keinen der Niederlassungserlaubnis entgegenstehenden Ausweisungsgrund nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 AufenthG begründen, da die Voraussetzungen der spezielleren Ausnahmevorschrift nach § 9 Abs. 2 Satz 6 AufenthG erfüllt sind.

Die Rechtsfolge des § 26 Abs. 4 AufenthG ist, dass die Ausländerbehörde dem Ausländer bei Vorliegen der Voraussetzungen eine Niederlassungserlaubnis erteilen kann. Die Entscheidung steht also im behördlichen Ermessen. Auf das - nicht ausgeübte - Ermessen kommt es allerdings hier nicht an, weil eine Ermessensreduzierung auf eine allein richtige Entscheidung ("Reduzierung auf Null") vorliegt. Die dahin führende Sondersituation besteht darin, dass die Behörde allein den Gesichtspunkt der Lebensunterhaltssicherung bzw. Absehensmöglichkeit als für den Anspruch schädlich ansieht. Trifft, wie oben ausgeführt, dieser Rechtsstandpunkt nicht zu und ist die Frage, ob die Klägerin die Privilegierung des § 9 Abs. 2 Satz 3 AufenthG genießt, zu bejahen, so ist die entsprechende Rechtsfolge nach dessen Wortlaut keine Ermessensentscheidung, sondern es "wird" kraft gesetzlicher Vorschrift von der Voraussetzung der Lebensunterhaltssicherung abgesehen. Daraus verdichten sich die denkbaren Ermessenserwägungen auf eine Erteilung. [...]