VG Berlin

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Zitieren als:
VG Berlin, Beschluss vom 01.04.2014 - 37 L 183.14 A - asyl.net: M21825
https://www.asyl.net/rsdb/M21825
Leitsatz:

Eine Triple-Therapie zur Behandlung einer Hepatitis C ist derzeit in Bosnien-Hezegowina nicht erhältlich.

Schlagwörter: Bosnien-Herzegowina, Hepatitis C, Krankheit, medizinische Versorgung, Krankenversicherung,
Normen: AufenthG § 60 Abs. 7 S. 1,
Auszüge:

[...]

Soweit mit dem Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 27. Februar 2014 auch die Abänderung des Bescheides vom 25. April 2013 bezüglich der Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG abgelehnt worden ist, ist nach der im einstweiligen Anordnungsverfahren allein summarischen Prüfung hinreichend glaubhaft gemacht, dass der Bescheid insoweit rechtswidrig sein kann. Nach der genannten Vorschrift soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Dies kann unter Einbeziehung sämtlicher ärztlicher Bescheinigungen sowie des Vorbringen s des Antragstellers nicht ausgeschlossen werden. So kann bereits nicht hinreichend sicher davon ausgegangen werden, dass dem Antragsteller eine Wiederaufnahme in die Krankenversicherung gelingen wird (vgl. hierzu seinen Vortrag im Anhörungstermin des ersten Asylverfahrens vom 17. April 2013 auf Seite 5 des Protokolls unten). Nach Erkenntnissen des Auswärtigen Amtes gibt es insbesondere bei nicht arbeitsfähigen Flüchtlingen, die aus dem Ausland zurückkehren und nie einer Beschäftigung in Bosnien-Herzegowina nachgegangen sind, immer wieder Probleme bis hin zur Verweigerung der Gesundheitsfürsorge. Nach der gleichen Quelle sollen Arbeitslose krankenversichert sein (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 18. Oktober 2013 auf Seite 24). Dies bedarf hier jedoch keiner abschließenden Würdigung. Denn nach der vom Antragstellervertreter fernmündlich eingeholten Auskunft der Universitätsklinik Tuzla vom 13. März 2014 (Dr. ...) ist eine Triple-Therapie zur Behandlung einer Hepatitis C derzeit in Bosnien-Herzegowina nicht verfügbar. Eine solche benötigt der Antragsteller ausweislich des Attestes des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. ... vom 25. Februar 2014 dringend. Aus dem genannten Attest ist zu folgern, dass sich der Zustand des Antragstellers in Bezug auf seine Hepatitis C-Infektion seit dem Attest des Dr. ... vom 13. Juni 2013 wesentlich verschlechtert hat, da damals noch die Therapie als nicht dringlich bezeichnet wurde. Hinzu kommt, dass die gesundheitliche Situation des Antragstellers durch die in der Facharztpraxis Dr. ... durchgeführte Substitutionsbehandlung erschwert wird. Sollte bei der antiviralen Therapie - wie bislang üblich - auf Interferon zurückgegriffen werden, ist von somatischer Seite bei laufender Behandlung mit diversen teilweise lebensbedrohlichen Nebenwirkungen zu rechnen, die einer kontinuierlichen Kontrolle von internistischer Seite bedürfen (vgl. fachärztliche Stellungnahme Dr. ... vom 27. Januar 2014). Bei dieser Sachlage hat das Gericht Zweifel, ob der Antragsteller bei Rückkehr in seine Heimat die erforderliche medizinische oder therapeutische Wetterversorgung erlangen kann, zumal die Antragsgegnerin in Ihrem Bescheid die Kosten für eine Interferonbehandlung auf monatlich mindestens 1000,00 Euro einschätzt. Kann bei der nur möglichen summarischen Prüfung und auf Grund des zeitlichen Drucks in einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren eine sichere Aussage über die Erfolgsaussichten eines Begehrens nicht getroffen werden, so ist eine Interessenabwägung vorzunehmen. Angesichts der hohen hier in Rede stehenden Rechtsgüter des Antragstellers ist hier nur eine Einzelfallentscheidung zu seinen Gunsten möglich. [...]