LSG Bayern

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Zitieren als:
LSG Bayern, Urteil vom 18.12.2013 - L 12 EG 31/12 - asyl.net: M21608
https://www.asyl.net/rsdb/M21608
Leitsatz:

Im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 1 Abs. 7 Nr. 2 BEEG ist auch, wer rechtzeitig den Antrag auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis, die zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt, stellt, ohne sich eine Fiktionsbescheinigung nach § 81 Abs. 5 AufenthG ausstellen zu lassen. Denn bei rechtzeitiger Antragstellung gilt nach § 81 Abs. 4 AufenthG der bisherige Aufenthaltstitel als fortbestehend. Der Ausstellung einer körperlichen Fiktionsbescheinigung bedarf es nicht.

(Amtlicher Leitsatz)

Schlagwörter: Verlängerungsantrag, Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis, Aufenthaltserlaubnis, Fortgeltungsfiktion, Fiktionsbescheinigung, Elterngeld,
Normen: BEEG § 1 Abs. 7 Nr. 2, AufenthG § 81 Abs. 5, AufenthG § 81 Abs. 4,
Auszüge:

[...]

Die Klägerin erfüllte in den streitigen Lebensmonaten 6 - 8 unstreitig die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 BEEG. Daneben setzt der Anspruch auf Elterngeld für die Klägerin als russische Staatsangehörige - und damit nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländerin - die Erfüllung der Voraussetzungen des § 1 Abs. 7 BEEG voraus.

Nach § 1 Abs. 7 BEEG ist ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer oder eine nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländerin nur anspruchsberechtigt, wenn diese Person

1. eine Niederlassungserlaubnis besitzt,

2. eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, die zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt oder berechtigt hat, es sei denn, die Aufenthaltserlaubnis wurde

a) nach § 16 oder § 17 AufenthG erteilt,

b) nach § 18 Abs. 2 AufenthG erteilt und die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit darf nach der Beschäftigungsverordnung nur für einen bestimmten Höchstzeitraum erteilt werden,

c) nach § 23 Abs. 1 AufenthG wegen eines Krieges in ihrem Heimatland oder nach den §§ 23a, 24, 25 Abs. 3 bis 5 AufenthG erteilt,

d) nach § 104 a AufenthG erteilt oder

3. eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und

a) sich seit mindestens drei Jahren rechtmäßig, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhält und

b) im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig ist, laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) bezieht oder Elternzeit in Anspruch nimmt.

Die Klägerin war auch im streitigen Zeitraum im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 1 Abs. 7 Nr. 2 BEEG, denn wegen der rechtzeitigen Antragstellung auf Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis galt nach § 81 Abs. 4 AufenthG der bisherige Aufenthaltstitel, der zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigte, als fortbestehend. In diesen Fällen der Verlängerung eines Aufenthaltstitels gilt der bisherige Aufenthaltstitel mit allen sich daran anschließenden Wirkungen bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als fortbestehend, wenn der Antrag - wie hier - rechtzeitig, das heißt vor Ablauf der Geltungsdauer des bestehenden Aufenthaltstitels gestellt worden ist. Die Fortgeltungsfiktion baut dabei auf einen bestehenden Aufenthaltstitel auf. Die Fiktion bedeutet, dass der Ausländer so gestellt wird, als bestehe der bisherige Aufenthaltstitel fort (Samel in Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Aufl. 2013, Komm. zu § 81 AufenthG, Rdnr. 18). Die Fiktion der Aufenthaltserlaubnis gemäß § 81 Abs. 4 AufenthG erfüllt nach Auffassung des Senats (vergleiche Beschluss vom 28.05.2010, L 12 EG 9/10 B ER) die zum Bezug von Elterngeld berechtigende Vorschrift des § 1 Abs. 7 Nr. 2 BEEG, weil die Klägerin zum einen eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und zum anderen diese zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigte. Der Besitz eines zum Bezug von Elterngeld berechtigenden ausländerrechtlichen Aufenthaltstitels setzt einen für die Bezugszeit geltenden Verwaltungsakt der Ausländerbehörde voraus. Da die Fiktion des § 81 Abs. 4 AufenthG den bisherigen Aufenthaltstitel mit allen sich daran anschließenden Wirkungen als fortbestehend ausweist, ist nicht nur der bisherige Aufenthaltstitel, sondern in die fiktive Fortgeltung dieses Aufenthaltstitels durch § 81 Abs. 4 AufenthG als im Besitz eines Aufenthaltstitels im Sinne von § 1 Abs. 7 Nr. 2 BEEG anzusehen. An dieser Auffassung hält der Senat fest. Dass der Klägerin keine Fiktionsbescheinigung nach § 81 Abs. 5 AufenthG ausgestellt wurde, ist für ihren Anspruch auf Elterngeld ohne Bedeutung. Denn mit der Fiktionsbescheinigung, die im Übrigen nicht gesondert beantragt werden muss, wird nur die Fortgeltung des Aufenthaltstitels, die fiktive Erlaubnis und in die fiktive Duldung deklaratorisch bestätigt, sie vermag dagegen nicht konstitutiv einen Rechtsstatus zu begründen (Samel in Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Aufl. 2013, Komm. zu § 81 AufenthG, Rdnr. 37). [...]