VG Augsburg

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Zitieren als:
VG Augsburg, Beschluss vom 10.09.2013 - Au 7 S 13.30279 - asyl.net: M21151
https://www.asyl.net/rsdb/M21151
Leitsatz:

Alleinstehende Mutter und ihre Kinder stoßen in Nigeria auf erhebliche soziale Schwierigkeiten. Zwar werden sie in größeren Städten und im Süden des Landes zunehmend akzeptiert, jedoch ist davon auszugehen, dass in traditionell geprägten Landesteilen für eine alleinstehende Frau mit Kind Schwierigkeiten zur Bestreitung des Lebensunterhalts bestehen.

Schlagwörter: offensichtlich unbegründet, ernstliche Zweifel, Nigeria, alleinstehende Frauen, alleinerziehend, soziale Probleme, soziale Schwierigkeiten, Existenzminimum,
Normen: AsylVfG § 36 Abs. 3 S. 1, AsylVfG 3 30 Abs. 3 Nr. 1, AufenthG § 60 Abs. 7 S. 1,
Auszüge:

[...]

(3) Jedoch bestehen ernstliche Zweifel hinsichtlich der Verneinung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG aufgrund einer erheblichen konkreten Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit der Antragsteller durch die konkret und individuell drohenden Lebensverhältnisse in Nigeria.

Für alleinstehende Mütter und ihre Kinder gibt es in Nigeria erhebliche soziale Schwierigkeiten (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes zu Nigeria vom 6.5.2012, II.1.8., II.3.; ausführlich VG Aachen, U.v. 24.5.2012 – 2 K 2051/10.A – juris Rn. 30 m.w.N.). Zwar ist in größeren Städten und im Süden des Landes die Akzeptanz vorhanden und steigend (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes zu Nigeria vom 6.5.2012, II.1.8.), jedoch ist davon auszugehen, dass in traditionell geprägten Landesteilen für eine alleinstehende Frau mit Kind Schwierigkeiten zur Bestreitung des Lebensunterhalts bestehen.

Auch wenn die Antragsteller aus dem Süden des Landes stammen ist aufgrund des niedrigen Bildungsstandes der Antragstellerin zu 1) davon auszugehen, dass sie aus traditionell geprägten Familienverhältnissen stammt und hier bei einer Rückkehr wenig Rückhalt finden könnte. Es ist zweifelhaft, ob die mit 22 Jahren noch sehr junge Antragstellerin zu 1) und ihre drei Kinder im Alter von 2 bis 6 Jahre in Nigeria in der Lage sein werden, den Lebensunterhalt ausreichend zu sichern. Dies war nach Angaben der Antragstellerin zu 1) bereits vor der Ausreise nur gerade so möglich. Die familiären Umstände der Antragsteller bei einer Rückkehr nach Nigeria wären ggf. in einem Hauptsacheverfahren zu klären. Hierbei ist darauf hinzuweisen, dass es nach dem Vortrag der Antragstellerin zu 1) bereits zu Zeiten, als die Familie intakt gewesen sein soll, schwierig gewesen sein soll, den Lebensunterhalt zu verdienen. Es sind vorliegend keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass die Antragsteller bspw. aus einer wohlhabenden Familie stammen und ihre Geschichte komplett erfunden haben; hiergegen spricht vielmehr auch der Bildungsgrad der Antragstellerin zu 1).

Zwar ist eine familiäre Bindung und eine Großfamilie in Nigeria typisch (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes zu Nigeria vom 6.5.2012, II.3). Jedoch vermag sich das Gericht nicht der pauschalen Behauptung anschließen, aufgrund der unglaubhaften Einlassung hinsichtlich der Verfolgungsgeschichte sei auch von einer Unglaubhaftigkeit hinsichtlich der familiären Verhältnisse auszugehen. Hier mag auch eine mögliche Finanzierung der Reise nach Deutschland durch Zwangsprostitution oder Menschenhandel eine Rolle spielen.

Gerade die Versorgung der drei Kinder, der Antragsteller zu 2)-4)dürfte ohne eine Unterstützung in der Verwandtschaft kaum möglich sein. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin zu 1) nach Aktenlage über eine sehr geringe Schuldbildung verfügt, welche es ihr schwer machen wir, eine passende Tätigkeit zu finden. [...]