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VG Frankfurt a.M.

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Zitieren als:
VG Frankfurt a.M., Beschluss vom 29.04.2013 - 7 N 1648/13.F.A - asyl.net: M21017
https://www.asyl.net/rsdb/M21017
Leitsatz:

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ist verpflichtet, einem Urteil, mit dem es rechtskräftig verpflichtet worden ist, einem Asylantragsteller die Rechtsstellung als Flüchtling nach § 60 Abs 1 AufenthG zuzuerkennen, innerhalb eines Monats nach Eintritt der Rechtskraft nachzukommen.

(Amtlicher Leitsatz)

Schlagwörter: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, anerkannter Flüchtling, Rechtsstellung, Rechtsstellung als Flüchtling, Amtshaftung, Amtshaftungsanspruch, Rechtskraft, Bescheiderteilung, Bescheidung, Verpflichtungsurteil, Verpflichtungsklage, Anerkennungsbescheid, Bescheid,
Normen: AufenthG § 60 Abs. 1, AufenthG § 25 Abs. 2 S. 2, AufenthG § 25 Abs. 1 S. 4,
Auszüge:

[...]

Nachdem die Beteiligten übereinstimmend die Hauptsache für erledigt erklärt haben, war das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen.

Es entspricht billigem Ermessen (§ 161 Abs. 2 VwGO), die Kosten des Verfahrens der Antragsgegnerin als Vollstreckungsschuldnerin aufzuerlegen, weil sie der Verpflichtung aus dem im Verfahren desselben Rubrums 7 K 2179/11.F.A ergangenen rechtskräftigen Urteil vom 22.08.2012, rechtskräftig seit dem 15.12.2012, nicht in angemessener Zeit nachgekommen ist. Ein Zuwarten von fast vier Monaten bis zum Erlass des ausstehenden Verpflichtungsbescheids ist rechtsstaatlich nicht hinnehmbar, da dem Kläger und Vollstreckungsgläubiger für diesen Zeitraum die Rechtsstellung als Flüchtling nach § 60 Abs. 1 AufenthG und die daraus folgenden rechtlichen Verbesserungen, unter anderem freier Arbeitsmarktzugang nach § 25 Abs. 2 Satz 2 i.V. mit Abs. 1 Satz 4 AufenthG sowie gegebenenfalls ein im Vergleich zum Asylbewerberleistungsgesetz höherer Leistungsbezug nach dem Sozialgesetzbuch II, vorenthalten werden. Ob insoweit die Voraussetzungen für einen Amtshaftungsanspruch erfüllt sind, bedarf im Rahmen des vorliegenden Vollstreckungsverfahrens keiner Entscheidung.

Das Bundesverwaltungsgericht hatte im Falle einer beamtenrechtlichen Streitigkeit, in der die beklagte Behörde zur Neubescheidung verpflichtet worden war, das Verstreichen einer Frist von nahezu drei Monaten, innerhalb der die Behörde die Bescheidung nicht vorgenommen hatte, für nicht mehr angemessen angesehen (BVerwG, Beschluss vom 21. 12. 2001 - 2 AV 3/01, NVwZ-RR 2002, 314). Während es in Fällen eines Bescheidungsurteils der verurteilten Behörde obliegt, unter Berücksichtigung der vom Gericht aufgestellten Rechtsgrundsätze eine neue und möglicherweise sogar mit einem umfassenden Abwägungsvorgang verbundene Sachentscheidung zu treffen, hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge als Behörde der Vollstreckungsschuldnerin im Falle eines Urteils, mit dem es rechtskräftig verpflichtet worden ist, einem Asylbewerber die Rechtsstellung als Flüchtling zuzuerkennen, keinen eigenen Entscheidungsspielraum mehr. Das Bundesamt ist verpflichtet, dem stattgebenden Urteilstenor unverzüglich nachzukommen. Im Falle einer elektronischen Aktenführung, wie sie bei dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge praktiziert wird, ist der ausstehende Verpflichtungsbescheid spätestens innerhalb von einem Monat nach Eintritt der Rechtskraft des Verpflichtungsurteils zu erlassen, hingegen nicht erst innerhalb eines Monats nach Kenntnis der Vollstreckungsschuldnerin von der Rechtskraft des Urteils. [...]