OLG Frankfurt a.M.

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Zitieren als:
OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 02.05.2013 - 20 W 248/12 - asyl.net: M21016
https://www.asyl.net/rsdb/M21016
Leitsatz:

Zur Wirksamkeit einer Eheschließung zwischen einem Deutschen mit weiterer afghanischer Staatsangehörigkeit und einer afghanischen Staatsangehörigen in einem afghanischen Generalkonsulat in einem Drittstaat.

(Amtlicher Leitsatz)

Schlagwörter: Standesamt, Beurkundung, Beurkundung der Geburt, Geburtsurkunde, Geburtenregister, afghanische Staatsangehörige, Eheschließung, Eheschließung im Ausland, Formstatut, Unwirksamkeit der Eheschließung, Anforderungen des Ortsrechts, Ortsrecht, deutsche Staatsangehörige, deutscher Ehegatte,
Normen: PStG § 21 Abs. 1, Nr. 4, PStG § 21 Abs. 3 Nr. 2, EGBGB Art. 13 Abs. 1, EGBGB Art. 11, EGBGB Art. 8 Abs. 1 S. 2,
Auszüge:

[...]

Die amtsgerichtliche Entscheidung war lediglich zur Klarstellung dahingehend abzuändern, dass das Standesamt nicht zur Beurkundung der Geburt des Kindes anzuweisen war, sondern zu dessen Berichtigung. Denn die zunächst durch das Standesamt zurückgestellte Beurkundung der Geburt wurde im Geburtenregister ausweislich des vorgelegten beglaubigten Registerausdruckes am 17. Dezember 2010 dergestalt vorgenommen, dass bezüglich der Angaben gemäß § 21 Abs. 1 Ziffer 4 PStG lediglich die Mutter, nicht aber der Vater aufgenommen wurde und somit auch der Hinweis gemäß § 21 Abs. 3 Ziffer 2 PStG auf die Eheschließung der Eltern unterblieben war. Da es sich um einen abgeschlossenen Geburtseintrag handelt, war das Rechtsschutzbegehren der Antragsteller dahingehend auszulegen, dass es auf eine Anordnung der Berichtigung gemäß § 48 Abs. 1 PStG des Registereintrages im Geburtenregister gerichtet war.

Das Amtsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die im Afghanischen Generalkonsulat in .../Pakistan erfolgte Eheschließung wirksam ist.

Nach Art. 13 Abs. 1 EGBGB unterliegen die Voraussetzungen der Eheschließung für jeden Verlobten dem Recht des Staates, welchem er angehört. Insoweit ist für die Antragstellerin zu 2) als afghanische Staatsangehörige deren Personalstatut, also das afghanische Recht maßgeblich, während für den Antragsteller zu 1) wegen dessen doppelter Staatsangehörigkeit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 EGBGB die Rechtstellung als Deutscher vorgeht, so dass für ihn insoweit deutsches Recht als Personalstatut maßgeblich ist. Im vorliegenden Fall bestehen insoweit keine Probleme, da auch das Standesamt davon ausgeht, dass sowohl nach afghanischem als auch nach deutschem Recht alle Ehevoraussetzungen durch die Antragsteller zu 1) und 2) als erfüllt zu betrachten sind und dem Akteninhalt nichts entnommen werden kann, was dem entgegenstehen würde.

Die hier allein entscheidungserhebliche Frage der Formgültigkeit der Eheschließung beurteilt sich im vorliegenden Falle nicht nach Art. 13 Abs. 3 EGBGB, da diese Vorschrift nur für im Inland, also in Deutschland geschlossene Ehen Anwendung findet. Vielmehr ist für die hier im Ausland (Pakistan) geschlossene Ehe an das Formstatut gemäß Art. 11 EGBGB anzuknüpfen. Die Vorschrift des Art. 11 EGBGB, die die Formgültigkeit von Rechtsgeschäften regelt, findet unzweifelhaft auch auf die Ehe Anwendung (vgl. Palandt/Thorn, BGB, 72. Aufl., Art. 11 EGBGB Rn. 13; Staudinger/Winkler von Mohrenfels, BGB, Bearb. 2007, Art. 11 EGBGB Rn. 82). Nach Art. 11 Abs. 1 EGBGB stehen für die Beurteilung der Wirksamkeit der Eheschließung zwei alternative Anknüpfungen zur Verfügung, nämlich das Geschäftsstatut oder das Ortsrecht. Damit ist eine Eheschließung im Ausland rechtswirksam, wenn entweder kumulativ die Formerfordernisse des für beide Verlobte inhaltlich maßgeblichen Geschäftsrechtes oder aber die Formerfordernisse des Rechtes am Ort der Vornahme der Eheschließung erfüllt sind (vgl. Hepting, Deutsches und internationales Familienrecht im Personenstandsrecht, III Rn. 405; OLG München StAZ 2010, 208; Palandt/Thorn, BGB, a.a.O., Art. 11 EGBGB Rn. 6).

Hier ist die Eheschließung wirksam, da sie den Anforderungen des Ortsrechts genügt. Als Ortsrecht ist für die Formwirksamkeit der im Jahre 2006 in .../Pakistan geschlossenen Ehe allein pakistanisches Recht maßgeblich. Nach pakistanischem Recht ist für die Eheschließung grundsätzlich die Religionszugehörigkeit maßgebend, wobei bei Beteiligung eines Muslims die Ehe vor dem islamischen Standesbeamten (Nikah-Registrar) stattfindet; außerdem kann eine Ehe auch vor dem zuständigen staatlichen Standesbeamten geschlossen werden. Ausländer können die Ehe in Pakistan auch vor dem dazu ermächtigten diplomatischen oder konsularischen Vertreter ihres Staates schließen (vgl. Brandhuber/Zeyringer, Standesamt und Ausländer, Afghanistan, S. 4; Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Pakistan, S. 34).

Diese Rechtslage wird auch von dem Beteiligten zu 3) im Ausgangspunkt nicht in Frage gestellt und findet zusätzlich ihre Bestätigung darin, dass in Pakistan auch den deutschen Konsularbeamten die Befugnis eingeräumt wird, Trauungen zwischen Deutschen und Ausländern vorzunehmen, soweit diese keine Angehörige des Empfangsstaates Pakistan sind (vgl. Staudinger/Mankowsky, BGB, Bearb. 2011, Art. 13 EGBGB Rn. 737).

Da das pakistanische Ortsrecht die Eheschließung von Ausländern vor dem dazu ermächtigten konsularischen Vertreter ihres Heimatstaates zulässt, ist im vorliegenden Falle von einer wirksamen Eheschließung zwischen dem Antragsteller zu 1) und der Antragstellerin zu 2) deshalb auszugehen, weil diese zum Zeitpunkt der Eheschließung beide die afghanische Staatsangehörigkeit hatten und die Eheschließung vor dem Generalkonsulat dieses Staates erfolgte.

Dabei ist unerheblich, dass nach dem Geschäftsrecht (Heimatrecht) der Antragstellerin zu 2) die Ortsform nach pakistanischem Recht allein nicht als ausreichend erachtet wird und deshalb nach dem Vorbringen der Antragsteller später die Registrierung der Eheschließung vor einem Gericht in Afghanistan zum Zwecke der wirksamen Eheschließung nach afghanischem Recht nachgeholt wurde (vgl. OLG München StAZ 2010, 208; Palandt/Thorn, BGB, a.a.O., Art. 13 EGBGB Rn. 19).

Entgegen der Rechtsauffassung der Beteiligten zu 3) und 4) steht der Rechtswirksamkeit der Eheschließung, die sich allein nach pakistanischem Ortsrecht beurteilt, auch nicht der Umstand entgegen, dass der Antragsteller zu 1) bereits zum Zeitpunkt der Eheschließung neben der afghanischen Staatsangehörigkeit zusätzlich auch die deutsche Staatsangehörigkeit hatte. Denn die insoweit von den Beteiligten zu 3) und 4) herangezogene Vorschrift des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 EGBGB findet auf den hier vorliegenden Fall der Beurteilung der Formwirksamkeit einer Eheschließung nach ausländischem Recht bereits nach seinem Wortlaut keine Anwendung. Art. 5 Abs. 1 EGBGB setzt voraus, dass auf das Recht eines Staates verwiesen wird, dem eine Person angehört. Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall, da die Formwirksamkeit der Eheschließung hier nicht nach dem Geschäftsrecht, sondern ausschließlich nach der in Art. 11 Abs. 1 EGBGB alternativ eröffneten Möglichkeit des Ortsrechtes beurteilt wird. Das insoweit allein maßgebliche pakistani - sche Recht stellt jedoch für die Formwirksamkeit der Eheschließung vor einer konsularischen Vertretung nur darauf ab, dass es sich um Ausländer, also nicht um pakistanische Staatsangehörige, handeln muss und die Eheschließung in dem Konsulat des Staates stattzufinden hat, dessen Staatsangehörigkeit die Verlobten besitzen.

Dies war im vorliegenden Falle sowohl für den Antragsteller zu 1) als auch für die Antragstellerin zu 2) der Fall, da diese zum Zeitpunkt der Eheschließung in .../Pakistan beide afghanische Staatsangehörige waren.

Die deutsche Rechtsnorm des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 EGBGB, die bei doppelter Staatsangehörigkeit einen Vorrang des deutschen Rechts begründet, findet im Rahmen des hier allein maßgeblichen pakistanischen Rechts keine Anwendung. [...]