Die Einigungsgebühr nach Nr. 1006 VV RVG entsteht auch für einen Teilvergleich (hier: Unterwerfungsvergleich im Hinblick auf das Verfahren des BVerfG zur Höhe der Leistungen nach § 3 AsylbLG).
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Es besteht ein Anspruch auf Festsetzung der Einigungsgebühr nach Nr. 1006 VV RVG i.H.v. 100,- € zzgl. MWSt. Die Beteiligten haben in dem Termin zur mündlichen Verhandlung am 5.4.2011 einen Teilvergleich geschlossen, wonach sich die Beklagte der Rechtsprechung des BVerfG zu § 3 AsylbLG unterwirft. Dies reicht für die Entstehung einer Einigungsgebühr.
Nach Nr. 1003, 1000 VV RVG entsteht eine Einigungsgebühr für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrages, durch den der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird. Dabei ist der Begriff des Rechtsverhältnisses im weitesten Sinne zu verstehen (Gerold/Schmidt-Müller-Rabe, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 20. Auflage 2012, Nr. 1000 VV Rn. 97). Im Gegensatz zu § 23 BRAGO a.F. wird nicht mehr ein gegenseitiges Nachgeben im Sinne des § 779 BGB gefordert, sondern durch diese Gebühr soll jegliche vertragliche Beilegung eines Streits der Parteien honoriert und dadurch ein Anreiz geschaffen werden, das Verfahren durch eine Einigung zu beenden (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 2.7.2012 - II-6 WF 127/12, 6 WF 127/12).
Allgemein anerkannt ist, dass bereits eine Zwischeneinigung der Parteien eine Einigungsgebühr nach Nr. 1003, 1000 VV RVG auslösen kann und also nicht erforderlich ist, dass die Parteien sich über den gesamten Streitstoff einigen (OLG Saarbrücken NJW-RR 2012, 522; Gerold/Schmidt-Müller-Rabe, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 20. Auflage 2012, Nr. 1000 VV Rn. 150 ff.; Hartmann, Kostengesetze, 42. Auflage 2012, Nr. 1000 VV Rn. 56; Gebauer/Schneider-Schneider; Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 2. Auflage 2004, Nr. 1000 VV Rn. 101). Entscheidend ist stets, ob durch die Vereinbarung der Parteien eine endgültige oder wenigstens praktisch dauerhafte Regelung auch nur über einen Teil des Verfahrensgegenstandes getroffen wird (OLG Köln FamRZ 2009,715; OLG Hamm JurBüro 2002, 27; Hartmann, Kostengesetze, 42. Auflage 2012, Nr. 1000 VV Rn. 56). Dabei ist ergänzend auch auf den Sinn und Zweck der Einigungsgebühr abzustellen. Die zusätzliche Gebühr honoriert, dass der Rechtsanwalt mit der Einigung eine besondere Verantwortung übernimmt und er sein Haftungsrisiko erhöht. Die Entscheidung wird nicht dem Gericht überlassen, sondern er entscheidet selbst. Darüber hinaus dient die Einigungsgebühr der Entlastung des Gerichts und der Sicherung des Rechtsfriedens (vgl. OLG Hamm, aaO).
Der Teilvergleich vom 05.04.2011 betrifft den Gegenstand des Verfahrens, denn die Leistungen nach § 2 AsylbLG stellen kein aliud im Vergleich zu den Leistungen nach § 3 AsylbLG dar, sondern es handelt sich nach der Rechtsprechung des BSG um einen Höhenstreit (vgl. BSG, Urteil vom 9.6.2011 - B 8 AY 1/10 R). Dies bedeutet, dass die Verfassungsmäßigkeit der Leistungen nach § 3 AsylbLG ohnehin Gegenstand des Verfahrens war, denn auch unter diesem Gesichtspunkt hätten sich höhere Leistungen ergeben können. Insoweit hat sich das Verfahren durch den Teilvergleich erledigt, so dass Anspruch auf eine Einigungsgebühr besteht. Die geltend gemachte Gebühr von 100,- € zzgl. MwSt. ist auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. [...]