1. Zieht ein Einbürgerungsbewerber in den Bezirk einer anderen Einbürgerungsbehörde um, erlangt diese nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 a) des VwVfG des jeweiligen Bundeslandes die örtliche Behördenzuständigkeit für das Einbürgerungsverfahren.
2. Eine Fortführung des Einbürgerungsverfahrens durch die bisher örtlich zuständige Einbürgerungsbehörde mit Zustimmung der nunmehr zuständig gewordenen Einbürgerungsbehörde nach § 3 Abs. 3 LVwVfG dient in Einbürgerungsverfahren regelmäßig nicht der einfachen und zweckmäßigen Durchführung des Verfahrens.
3. Erfolgt der Umzug während des Klageverfahrens auf Einbürgerung, kann der Kläger einen Beklagtenwechsel im Wege der Klageänderung nach § 91 VwGO beantragen.
(Amtliche Leitsätze)
[...]
Sollte sich aus diesen Angaben eine Verlegung des gewöhnlichen Aufenthalts von C. nach W. ergeben, ist dadurch die örtliche Behördenzuständigkeit für das Einbürgerungsverfahren auf das Landratsamt ... übergangen. Diese Zuständigkeit beruht auf § 3 Abs. 1 Nr. 3 a) HessVwVfG. Seit der Aufhebung der §§ 17 Abs. 1, 27 des 1. StAngRegG durch Art. 2, 112 des Gesetzes über die weitere Bereinigung des Bundesrechts vom 8. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1864, 1884) mit Wirkung vom 15. Dezember 2010 richtet sich die örtliche Zuständigkeit der Einbürgerungsbehörden nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 a) des VwVfG des jeweiligen Bundeslandes (Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BT-Drucks. 17/2279 vom 23. Juni 2010, S. 29; dazu OVG NRW, Beschluss vom 26. April 2011 - 19 E 786/10 -; VG Regensburg, Gerichtsbescheid vom 27. Juli 2012 - RN 9 K 11.240 -, juris, Rdn. 24).
Eine Fortführung des Einbürgerungsverfahrens durch die bisher örtlich zuständige Einbürgerungsbehörde mit Zustimmung der nunmehr zuständig gewordenen Einbürgerungsbehörde nach § 3 Abs. 3 LVwVfG dient in Einbürgerungsverfahren regelmäßig nicht der einfachen und zweckmäßigen Durchführung des Verfahrens. Einfacher und zweckmäßiger ist vielmehr dessen Fortführung durch die nunmehr zuständig gewordene Einbürgerungsbehörde. Denn das Einbürgerungsbegehren ist nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung in der letzten Tatsacheninstanz zu beurteilen. Diese Prüfung erfordert regelmäßig aktuelle Stellungnahmen anderer Fachbehörden vor Ort (Ausländeramt, Sozialamt, Polizei), deren Einholung und fachkundige Beurteilung durch die nunmehr zuständig gewordene Einbürgerungsbehörde zweckmäßiger erscheint als durch die bislang örtlich zuständig gewesene Behörde (vgl. dazu OVG NRW, a.a.O., S. 4 des Beschlussabdrucks).
Ein Wechsel der örtlichen Behördenzuständigkeit lässt sowohl die örtliche Gerichtszuständigkeit des Verwaltungsgerichts für das erstinstanzliche Klageverfahren als auch die Beklagtenstellung in diesem Verfahren unberührt. Insbesondere tritt ein gesetzlicher Parteiwechsel nur in Fällen gesetzlicher Änderungen der Behördenzuständigkeit ein, nicht hingegen, wenn, wie möglicherweise im vorliegenden Fall, der Einbürgerungsbewerber in den Bezirk einer anderen Behörde umzieht. In diesem Fall tritt die nunmehr zuständig gewordene Einbürgerungsbehörde als neue Beklagte des Klageverfahrens erst dann an die Stelle der bisherigen Beklagten, wenn der Kläger diesen Beklagtenwechsel im Wege der Klageänderung nach § 91 VwGO beantragt. Wirksam wird er nach § 91 Abs. 1 oder 2 VwGO frühestens mit der Einwilligungserklärung des neuen Beklagten oder wenn das Verwaltungsgericht ihn für sachdienlich erklärt, nachdem es insbesondere auch dem neuen Beklagten rechtliches Gehör gewährt hat. Für die Sachdienlichkeit des Beklagtenwechsels sprechen die bereits erwähnten Zweckmäßigkeitsgründe.
Ein solcher Beklagtenwechsel ist sachdienlicher als der vom Verwaltungsgericht angeregte Übergang von der Verpflichtungsklage zur Fortsetzungsfeststellungsklage gegen die bisherige Beklagte. Nur der Beklagtenwechsel ermöglicht dem Einbürgerungskläger, sein Klageziel im selben Klageverfahren zu erreichen. Er entspricht inzwischen wiederholter Senatspraxis (Umzug von E. nach F. im Kreis Mettmann in 19 A 2114/11; Umzug von E. nach I. in Baden-Württemberg in 19 A 981/12). Der Übergang zur Fortsetzungsfeststellungsklage hingegen schließt nicht aus, dass der Einbürgerungskläger eine weitere Einbürgerungklage gegen die nunmehr örtlich zuständige Einbürgerungsbehörde erheben muss, um sein Klageziel zu erreichen.
Abgesehen davon erledigt sich das Verpflichtungsbegehren auf Einbürgerung analog § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO bei einem Umzug des Einbürgerungsbewerbers in den Bezirk einer anderen Behörde erst dann, wenn der Kläger erklärt hat, einen Beklagtenwechsel nicht beantragen zu wollen und die nunmehr zustände Behör - de ihre Zustimmung nach § 3 Abs. 3 LVwVfG verweigert. Für den Fall der Erteilung der Zustimmung der nunmehr zuständigen Behörde hat auch die vom Verwaltungsgericht zitierte höchstrichterliche Rechtsprechung ausdrücklich offen gelassen, ob Erledigung eintritt (BVerwG, Urteil vom 31. März 1987 - 1 C 32.84 -, NJW 1987, 2179, juris, Leitsatz 1; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 1996 - 1 C 19.94 -, InfAuslR 1997, 239, juris, Rdn. 12; Beschluss vom 27. September 1993 - 1 B 73.93 -, juris, Rdn. 6; OVG NRW, Beschluss vom 19. November 2007 - 18 E 124/07 -, juris, Rdn. 15; VG Braunschweig, Urteil vom 21. Oktober 2009 - 5 A 56/08 -, juris, Rdn. 21).
Im vorliegenden Fall kann der Kläger auch ohne Weiteres zu seinem ursprünglich gestellten Verpflichtungsantrag zurückkehren. Nach § 88 VwGO darf das Gericht über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden. Es hat vielmehr das tatsächliche Rechtsschutzbegehren zu ermitteln. Maßgebend für den Umfang des Klagebegehrens ist das aus dem gesamten Parteivorbringen zu entnehmende wirkliche Rechtsschutzziel. Die Auslegung darf selbst dann vom Antragswortlaut abweichen, wenn sich der Kläger bei der Fassung seines Klageantrages anwaltlich hat vertreten lassen (OVG NRW, Urteil vom 6. Dezember 2012 - 19 A 733/11 -, juris, Rdn. 60 – 67 m.w.N.).
Nach diesem Maßstab geht das wirkliche Rechtsschutzziel des Klägers hier auch nach Mitteilung seiner Wohnanschrift in Hessen weiterhin dahin, sein Einbürgerungsbegehren im laufenden Klageverfahren in dem Umfang weiterzuverfolgen, in dem dies prozessual zulässig ist. Dieses Ziel hat er mit seinem Beschwerdeschriftsatz erneut zum Ausdruck gebracht. Mit der Umstellung seines Klageantrags hat er lediglich auf die entsprechende Anregung des Verwaltungsgerichts reagiert. In diesem Fall bleibt ohne Auswirkung, dass einem anwaltlich formulierten Antrag gesteigerte Bedeutung für die Ermittlung des tatsächlich Gewollten zukommt. [...]