Auch auf Kinder, die im Antragszeitpunkt das 15. Lebensjahr nocht nicht vollendet und infolgedessen nicht erlaubt erwerbstätig sein dürfen, ist die Bestimmung des § 1 Abs. 3 b) BKGG anwendbar, da ausländische Kinder bezüglich ihres eigenen Kindergeldanspruchs nicht gegenüber ausländischen Eltern privilegiert werden sollen.
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Für den Beigeladenen zu 2) als nichtfreizügigkeitsberechtigtem Ausländer gelten darüber hinaus jedoch die Bestimmungen des § 1 Abs. 3 BKGG (vgl. Seewald/Felix a.a.O. § 1 BKGG Rn. 110), deren Voraussetzungen er nicht erfüllte.
Nach § 1 Abs. 3 BKGG in der zum Antragszeitpunkt gültigen Neufassung des BKGG (im Folgenden BKGG 2005) vom 22.02.2005 (BGBl I 458) erhält ein Ausländer Kindergeld nur, wenn er im Besitz 1. einer Niederlassungserlaubnis, 2. einer Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Erwerbstätigkeit, 3. einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 1 und 2, den § 31, 37, 38 des Aufenthaltsgesetzes oder 4. einer Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke des Familiennachzugs zu einem Deutschen oder zu einer von den Nrn. 1 bis 3 erfassten Person ist. Mit Beschluss vom 06.07.2004 (1 BvL 4/97 = SozR 4-5870 Nr. 1) hatte das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die zum 01.01.1994 in Kraft getretene Fassung des § 1 Abs. 3 BKGG, wonach Ausländer Kindergeld nur beanspruchen konnten, wenn sie im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis oder Aufenthaltsberechtigung waren für mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar erklärt. Das BVerfG hatte angeordnet, dass, wenn der Gesetzgeber für noch nicht rechts- oder bestandskräftig abgeschlossene Verfahren bis zum 01.01.2006 keine Regelung treffe, für sie das bis zum 31.12.1993 geltende Recht weiter anzuwenden sei (BVerfG a.a.O. Rn. 69). Der Gesetzgeber hat daraufhin durch das Gesetz zur Anspruchsberechtigung von Ausländern wegen Kindergeld, Erziehungsgeld und Unterhaltsvorschuss vom 13.12.2006 (BGBl I 2915) § 1 Abs.3 BKGG (im Folgenden BKGG 2006) dahin gefasst, dass ein nichtfreizügigkeitsberechtigter Ausländer Kindergeld nur erhält, wenn er 1. eine Niederlassungserlaubnis besitzt, 2. eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, die zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt oder berechtigt hat, es sei denn, die Aufenthaltserlaubnis wurde a) nach § 16 oder § 17 des Aufenthaltsgesetzes erteilt, b) nach § 18 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes erteilt und die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit darf nach der Beschäftigungsverordnung nur für einen bestimmten Höchstzeitraum erteilt werden, c) nach § 23 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes wegen eines Krieges in seinem Heimatland oder nach den §§ 23a, 24, 25 Abs. 3 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt oder 3. eine in Nr. 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und a) sich seit mindestens drei Jahren rechtmäßig gestattet und geduldet im Bundesgebiet aufhält und b) im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig ist, laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch bezieht oder Elternzeit in Anspruch nimmt. Da die Erwägungen aus dem Beschluss des BVerfG vom 06.07.2004 auch auf die Fassung des BKGG 2005 zutrafen (vgl. Seewald/Felix a.a.O. § 1 BKGG Rn. 135a), hat der Gesetzgeber gleichzeitig bestimmt, dass diese Neufassung in den Fällen, in denen eine Entscheidung über den Anspruch auf Kindergeld für Monate in dem Zeitraum zwischen dem 01.01.1994 und dem 18.12.2006 noch nicht bestandskräftig geworden ist, anzuwenden ist, wenn dies für den Antragsteller günstiger ist (§ 20 Abs. 1 S. 1 BKGG 2006). Da der Beigeladene zu 2) die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 BKGG 2005 ersichtlich nicht erfüllt hat, ist daher § 1 Abs. 3 BKGG 2006 für den gesamten streitigen Leistungszeitraum einschlägig.
Dessen Voraussetzungen lagen beim Beigeladenen zu 2) allerdings auch nicht vor. Da er im gesamten streitigen Leistungszeitraum lediglich über eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG verfügte, findet insoweit § 1 Abs. 3 Nr. 3 BKGG 2006 Anwendung. Zwar erfüllte der Beigeladene zu 2) die Anforderungen des Buchstaben a) - mindestens dreijähriger gestatteter Aufenthalt im Bundesgebiet -, nicht jedoch die des Buchstaben b), wonach eine berechtigte Erwerbstätigkeit, Bezug laufender Geldleistungen nach dem SGB Drittes Buch oder die Inanspruchnahme von Elternzeit verlangt wird.
Auch wenn der Beigeladene zu 2) im Antragszeitpunkt das 15. Lebensjahr noch nicht vollendet und infolgedessen nicht erlaubt erwerbstätig sein durfte, ist die Bestimmung des § 1 Abs. 3 Buchstabe b) BKGG 2006 auf ihn anzuwenden. Weder der Wortlaut noch die Entstehungsgeschichte noch die Begründung des Gesetzentwurfs geben einen Hinweis darauf, dass diese Norm nur auf Eltern, die für ihre Kinder Kindergeld beanspruchen, nicht aber auf Kinder, die für sich selbst Kindergeld beantragen, zur Anwendung kommen sollte. § 1 Abs. 3 1. HS. BKGG 2006 differenziert nicht zwischen diesen beiden Gruppen, sondern spricht einheitlich von nicht freizügigkeitsberechtigten Ausländern.
Da nach der seit 1994 geltenden gesetzlichen Bestimmung auch ausländische Kinder nur Anspruch auf Kindergeld für sich selbst hatten, wenn sie über einen entsprechenden Aufenthaltsstatus verfügten, lässt die auf den Vorgaben des BVerfG beruhende Neufassung durch das BKGG 2006 nicht erkennen, der Gesetzgeber habe ausländische Kinder bzgl. ihres eigenen Kindergeldanspruchs gegenüber ausländischen Eltern privilegieren wollen, indem er bei ersteren geringere Anforderungen an den zu erwartenden Aufenthalt in Deutschland stellen wollte. Allerdings lag der Entscheidung des BVerfG nur der Anspruch von Eltern für ihre Kinder zugrunde getragen von der Erwägung, dass die 1994 in Kraft getretene Bestimmung des § 1 Abs. 3 BKGG sich nicht in das abgestimmte Verhältnis von Steuerentlastung und Sozialleistung eingefügt hat (BVerfG a.a.O. Rn. 60). Diese Überlegung trifft auf Kinder, jedenfalls so lange sie nicht erwerbsfähig sind, nicht zu. Gleichwohl sind keine Umstände ersichtlich, die den Rückschluss zulassen, der Gesetzgeber habe deren Ansprüche anders regeln wollen bzw. eine unzureichende Bestimmung insoweit verabschiedet.
Gegen eine solche Annahme spricht auch die Gesetzesbegründung. Der Gesetzgeber hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bei ausländischen Staatsangehörigen, die einer Erwerbstätigkeit nicht nachgehen dürfen, in aller Regel davon auszugehen sei, dass sie nachrangige staatliche Fürsorgeleistungen beziehen, und auch das BVerfG darauf hingewiesen habe, dass sich in diesen Fällen das verfügbare Familieneinkommen durch das Kindergeld im Ergebnis nicht ändere, weil vorrangige staatliche Leistungen beim Bezug von nachrangigen Fürsorgeleistungen ohnehin nicht den Eltern, sondern im Wege des Erstattungsanspruchs (oder der Einkommensanrechnung) dem subsidiär leistenden Fürsorgeleistungsträger zugute kommen (BT-Drucks. 16/1368 S. 9; 16/2940 S. 10). Aus diesen Gründen hat der Gesetzgeber keinen Anlass gesehen, diesem Personenkreis Kindergeld zuzubilligen. Da verwaiste ausländische Kinder, solange sie nicht erwerbstätig sind oder seien dürfen, regelmäßig auf Sozialleistungen angewiesen sind und das Kindergeld ihren Bedarf nicht decken kann, deutet daher alles darauf hin, dass der Gesetzgeber auch ihnen nur unter besonderen Voraussetzungen Kindergeld zuerkennen wollte.
Bei dieser Rechtslage ist für die vom SG vorgenommene verfassungskonforme Auslegung kein Raum (zu den Grenzen einer solchen Auslegung vgl. BSG Vorlagebeschl. v. 03.12.2009 a.a.O. Rn. 67).
Der Senat brauchte den Rechtsstreit auch nicht auszusetzen und nach Art. 100 Abs. 1 GG dem BVerfG die Frage vorlegen, ob § 1 Abs. 3 BKGG 2006 mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist. Ob diese Bestimmung mit Verfassungsrecht im Einklang steht, ist allerdings umstritten. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat dies in nunmehr ständiger Rechtsprechung bejaht (Beschl. v. 19.01.2011 - III S 44/09 (PKH); Urt. v. 21.10.2010 - III R 4/09 -, 17.06.2010 - III R 72/08 - und 28.04.2010 - III R 1/08). Dagegen hat das BSG die insoweit inhaltsgleichen Bestimmungen des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) bzw. des Bundeserziehungsgeldgesetzes (BErzGG) in der Fassung vom 05.12.2006 bzw. vom 13.12.2006 für verfassungswidrig erachtet (Vorlagebeschl. v. 30.09.2010 - B 10 EG 9/09 R - und 03.12.2009 - B 10 EG 5,6 und 7/08 R). Der Ausschluss ausländischer Kinder, die über ausreichendes Einkommen oder Vermögen verfügen, um sich - ohne oder mit dem Kindergeld - selbst zu unterhalten, vom Kindergeld allein auf der Grundlage des § 1 Abs. 3 Nr. 3 BKGG 2006 begegnet allerdings im Hinblick auf den Gleichbehandlungsanspruch aus Art. 3 Abs. 1 GG sowie des Diskriminierungsverbotes des Art. 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention (ERMK) erheblichen Bedenken. Diese Benachteiligung beruht letztlich ausschließlich auf ihrem Status als Ausländer, weil für sie jedenfalls bis zur Vollendung des 15. Lebensjahres die weiteren Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 Nr. 3 Buchstabe b) BKGG 2006 nicht erfüllbar sind. Eine Differenzierung allein nach diesem Merkmal verletzt aber grundsätzlich das Diskriminierungsverbot aus Art. 14 ERMK (vgl. EuGH für Menschenrechte Urt. v. 25.10.2005 - 59140/00 = www.juris.de).
Diese Überlegungen gelten jedoch nicht in gleicher Weise für das Kind, das trotz des Bezuges von Kindergeld auf (ergänzende) Sozialhilfe angewiesen ist. Seine Rechtsposition würde der Bezug von Kindergeld weder verbessern noch stünde es im Ergebnis schlechter als ein vergleichbares deutsches oder freizügigkeitsberechtigtes ausländisches Kind. Dies folgt daraus, dass das Kindergeld in vollem Umfang auf den Sozialhilfeanspruch als Einkommen des - hier nur zu beurteilenden - minderjährigen Kindes anzurechnen ist (§ 82 Abs. 1 S. 2 SGB XII). Daher geht der Kindergeldanspruch auf den Sozialhilfeträger infolge seines Einstandes für das Kind über (§ 107 SGB Zehntes Buch - X). Folglich kommen auch letztere Kinder nicht in den (zusätzlichen) Genuss des Zahlbetrags des Kindergeldes. Damit steht das ausländische nichtfreizügigkeitsberechtigte Kind ihnen aber im Ergebnis wirtschaftlich gleich. Allein der Sozialhilfeträger, der für dieses ausländische Kind keinen anteiligen Ausgleich für seine Aufwendungen von der Kindergeldkasse erhält, erfährt insoweit eine Benachteiligung. Da sich durch die Zuerkennung des Kindergeldes auch die statusrechtliche Situation des Beigeladenen zu 2) nicht verbessern könnte, weil aus der Fähigkeit, sich lediglich mit diesen Leistungen teilweise selbst unterhalten zu können, keine begünstigenden aufenthaltsrechtlichen Folgen resultieren, kommt mangels einer möglichen Verbesserung seiner rechtlichen oder wirtschaftlichen Position eine Vorlage an das BVerfG nicht in Betracht (vgl. BVerfG Beschl. v. 18.07.1984 - 1 BvL 3/81 = BVerfGE 67, 239, 244). [...]