1. Aus § 71 Abs. 7 S. 1 AsylVfG ergibt sich auch für ein Asylfolgeverfahren, dass die letzte räumliche Beschränkung aus einem früheren Asylverfahren fortgilt, solange keine andere Entscheidung ergeht.
2. Die Aussetzung der Verlassenspflicht wegen einer fortgeltenden räumlichen Beschränkung gemäß § 12 Abs. 3 AufenthG ist nicht als "minus" gegenüber einer begehrten Duldung anzusehen.
3. Ein Anspruch auf Umverteilung im Wege der einstweiligen Anordnung könnte dann bestehen, wenn ein Auseinanderfallen von rechtlich zugewiesenem und tatsächlichem Aufenthaltsort im Hinblick auf insbesondere rechtlich geschützte familiäre Bindungen eines Antragstellers schnellstmöglich zu beenden ist und sich keine der in Betracht kommenden Behörden für zuständig hält, über die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zu entscheiden, so dass zur Überwindung der sich hieraus ergebenden Diskrepanz bei summarischer Prüfung nur eine Umverteilung nach § 51 AsylVfG bleibt. Dies setzt allerdings das Vorliegen von schweren und unzumutbaren, anders nicht abwendbare Nachteile voraus, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre.
[...]
Der Antragsteller macht hiergegen mit der Beschwerde geltend, sein erstes Asylverfahren aus dem Jahre 2004 sei mit seiner Zurückschiebung nach G. durch die damals zuständige Ausländerbehörde der Stadt M. beendet worden und damit sei auch deren örtliche Zuständigkeit erloschen gewesen. Davon unabhängig sei jedoch die Frage, ob die damalige räumliche Beschränkung gemäß § 71 Abs. 7 AsylVfG noch fortbestehe. Zuständig sei nunmehr der Antragsgegner, da er sich, wie diesem bekannt sei, bei seiner mit Niederlassungserlaubnis in Berlin lebenden Ehefrau aufhalte und hier am 7. Mai 2012 auch der Duldungsantrag - und inzwischen sogar ein Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis - gestellt worden sei. Im Hinblick auf seine schlechte gesundheitliche Verfassung, aufgrund derer er sich hier in medizinischer und psychologischer Behandlung befinde, wie ein beigefügtes ärztliches Attest belege, und deren Fortsetzung auch nur in Berlin möglich sei, bedürfe er der Unterstützung durch seine hier lebende Ehefrau und hiesige Freunde. Darüber hinaus habe sich die Ausländerbehörde der Stadt M. selbst für unzuständig erklärt.
Dieses Vorbringen rechtfertigt nicht die Annahme der Zuständigkeit des Antragsgegners für die Erteilung einer Duldung. Denn aus § 71 Abs. 7 Satz 1 AsylVfG ergibt sich auch für ein Asylfolgeverfahren, dass die letzte räumliche Beschränkung aus einem früheren Asylverfahren fortgilt, solange keine andere Entscheidung ergeht. Dies wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass räumliche Beschränkungen erlöschen, wenn der Ausländer seiner Ausreisepflicht nachkommt (vgl. § 51 Abs. 6 AufenthG). Denn die Regelung in § 71 Abs. 7 Satz 1 AsylVfG bringt zum Ausdruck, dass eine räumliche Beschränkung im Falle erneuter Einreise wiederauflebt, wenn und sobald der frühere Asylbewerber einen Asylfolgeantrag stellt (OVG Koblenz, Beschluss vom 16. Januar 2012 - 7 B 11408/11, 7 D 11409/11 -, juris Rz. 9 m.w.N.). Dann aber gilt für den Fall von Kompetenzkonflikten über die ausländerbehördliche Zuständigkeit - wie vorliegend - nichts anderes als nach § 56 Abs. 3 AsylVfG, der für räumliche Beschränkungen im Asylverfahren ebenfalls regelt, dass diese auch nach Erlöschen der Aufenthaltsgestattung in Kraft bleiben, bis sie aufgehoben werden oder der Aufenthalt nach § 25 Abs. 1 Satz 3 oder § 25 Abs. 2 Satz 2 AufenthG als erlaubt gilt oder ein Aufenthaltstitel erteilt wird. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen im Beschluss des 3. Senats des OVG Berlin-Brandenburg vom 2. Dezember 2009 zum Geschäftszeichen OVG 3 S 120/08, juris Rz. 9, verwiesen:
Der Gesetzgeber hat diese Vorschrift mit Wirkung vom 1. Januar 2005 in das Asylverfahrensgesetz eingefügt, um Unsicherheiten über die Entstehung bzw. Fortgeltung asylverfahrensrechtlicher räumlicher Beschränkungen und "die daraus folgende örtliche Zuständigkeit in den Fällen, in denen Weiterleitungsentscheidungen schlicht nicht befolgt werden zu vermeiden", und "die bestehenden negativen Kompetenzkonflikte durch notwendige gesetzliche Klarstellungen" zu beseitigen (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses, BT-Drucks. 15/955, S. 34, 35, die offenbar der Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses, BT-Drucks. 15/3479, S. 14, zugrunde liegt). Überdies stünde § 56 Abs. 3 AsylVfG der Erteilung einer Duldung durch den Antragsgegner auch materiell-rechtlich entgegen. Denn eine Duldung nach § 60 a Abs. 2 AufenthG, die nicht die Qualität eines Aufenthaltstitels hat (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 2 AufenthG), wäre zwar nicht geeignet, die im Asylverfahren begründete räumliche Aufenthaltsbeschränkung zu beseitigen (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20. Mai 2008, a.a.O.; VGH Hessen, Beschluss vom 25. August 2006 - 8 TG 1617/06.A -, AuAS 2006, 257; VGH Bayern, Beschluss vom 15. Mai 2009 - 10 C 09.880 -, bei Juris), hätte jedoch gemäß § 61 Abs. 1 AufenthG ihrerseits eine räumliche Beschränkung des Aufenthalts der Antragstellerin (auf das Land Berlin) und damit gleichzeitig eine unzulässige Erweiterung der nach § 56 Abs. 3 AsylVfG fortgeltenden räumlichen Beschränkung zur Folge.
Vorliegend ist deshalb die im früheren Asylverfahren des Antragstellers verfügte räumliche Beschränkung auf die Ausländerbehörde der Stadt M. bzw. des Kreises R. nach seiner erneuten Einreise durch die Stellung des Asylfolgeantrags im April 2012 wieder aufgelebt und auch die Zuständigkeit der dortigen Ausländerbehörde wieder begründet worden. Dass der Antragsteller im Jahre 2004 nicht freiwillig ausgereist war, sondern nach G. (Erstaufnahmeland) zurückgeschoben worden war, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Denn die Art und Weise des Verlassens der Bundesrepublik Deutschland - freiwillig oder erzwungen - ist für den genannten Zweck der Fortgeltung bzw. Wiederbegründung der räumlichen Beschränkung ohne Bedeutung. Im Hinblick hierauf ist die Annahme der dortigen Ausländerbehörde (Schreiben der Stadt M. vom 16. Mai 2012), sie sei für die Erteilung einer Duldung nicht zuständig und dieser Anspruch könne in Berlin geltend gemacht werden, rechtlich nicht haltbar und vermag eine Zuständigkeit des Antragsgegners für das Duldungsbegehren des Antragstellers nicht zu begründen.
2. Der Hilfsantrag des Antragstellers, den Antragsgegner im Wege einstweiliger Anordnung zu verpflichten, die Vollziehung der Verlassenspflicht nach § 12 Abs. 3 AufenthG bis zur Entscheidung über den Umverteilungsantrag auszusetzen, kann ebenfalls keinen Erfolg haben.
Dem steht schon entgegen, dass der Antragsteller ein entsprechendes Begehren - abgesehen davon, dass er dies zuvor nicht gegenüber dem Antragsgegner geltend gemacht hat - auch im erstinstanzlichen Verfahren vor dem Verwaltungsgericht nicht vorgebracht hat, so dass dieser erstmals im Beschwerdeverfahren gestellte Antrag jedenfalls im vorliegenden Verfahren unzulässig ist. Anders wäre das nur zu beurteilen, wenn die Aussetzung der Verlassenspflicht wegen einer fortgeltenden räumlichen Beschränkung gemäß § 12 Abs. 3 AufenthG als "minus" gegenüber der beantragten Duldung anzusehen wäre. Das ist allerdings nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um ein "aliud", wie die unterschiedliche Zielrichtung beider Regelungen deutlich macht. Denn die Duldung gemäß § 60a AufenthG ist eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung aus der Bundesrepublik Deutschland in einen anderen Staat, während die Verpflichtung aus § 12 Abs. 3 AufenthG lediglich der Umsetzung einer bestehenden räumlichen Beschränkung innerhalb des Bundesgebietes dient, d.h. einer Freizügigkeitsbeschränkung im Bundesgebiet, indem sie einen sich unerlaubt andernorts aufhaltenden Ausländer dazu verpflichtet, diesen Teil des Bundesgebietes zu verlassen und sich an den Ort im Bundesgebiet zu begeben, an dem er sich erlaubt aufhalten darf (vgl. hierzu und zur Durch setzung der Verlassenspflicht im Wege unmittelbaren Zwangs nach § 59 Abs. 1 AsylVfG: Zeitler, HTKAuslR / § 12 AufenthG / zu Abs. 3 06/2012 Nr. 1 ff.).
Ist der Hilfsantrag des Antragstellers somit bereits unzulässig, mag letztlich dahinstehen, ob die Voraussetzungen der begehrten Aussetzung der Vollziehung der Verlassenspflicht nach § 12 Abs. 3 AufenthG bis zur Entscheidung über den Umverteilungsantrag vorliegend hinreichend glaubhaft gemacht sind. Ein Anspruch hierauf könnte dann bestehen, wenn ein Auseinanderfallen von rechtlich zugewiesenem und tatsächlichem Aufenthaltsort im Hinblick auf insbesondere rechtlich geschützte familiäre Bindungen eines Antragstellers schnellstmöglich zu beenden ist und sich keine der in Betracht kommenden Behörden für zuständig hält, über die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zu entscheiden, so dass zur Überwindung der sich hieraus ergebenden Diskrepanz bei summarischer Prüfung nur eine Umverteilung nach § 51 AsylVfG bleibt (OVG Berlin-Brandenburg, a.a.O., Rz. 11 m.w.N.). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO setzt allerdings, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt, voraus, dass dem Antragsteller anderenfalls schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre, und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg in der Hauptsache spricht. Derartige Nachteile dürften auch im Rahmen des Beschwerdeverfahrens nicht hinreichend substantiiert und glaubhaft gemacht worden sein. Insbesondere ist auch weder substantiiert dargelegt noch ersichtlich, dass eine ärztliche Behandlung nicht auch im Bereich seines räumlich beschränkten Aufenthalts in N. möglich wäre. Soweit sich der Antragsteller darüber hinaus auf die begleitende familiäre Unterstützung und Fürsorge seiner in Berlin lebenden Ehefrau beruft, ist schon nicht dargelegt, dass diese ihm bis zur Entscheidung über die Umverteilung nicht etwa durch Telefonate oder Besuche hinreichend Beistand leisten kann. Sein weitergehender Verweis auf hier lebende Freunde entbehrt schon jeglicher Substantiierung und belegt ebenfalls keine schweren und unzumutbaren, anders nicht abwendbaren Nachteile.
Vorsorglich weist das Gericht hinsichtlich des Vorbringens des Antragsgegners im Schreiben vom 16. Juli 2012, über den Umverteilungsantrag könne ungeachtet der Asylfolgeantragstellung vom 26. April 2012 erst entschieden werden, wenn der Antragsteller sich "wieder im Asylverfahren befindet", darauf hin, dass die Regelung in § 51 AsylVfG über die länderübergreifende Umverteilung bereits ab Stellung des Asylfolgeantrags greift und nicht etwa die Entscheidung des Bundesamtes abzuwarten ist, ob auf den Folgeantrag ein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist (OVG Koblenz, a.a.O., Leitsatz und Rz. 7). [...]