OVG Niedersachsen

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Zitieren als:
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 18.02.2002 - 5 LA 1642/01 - asyl.net: M2006
https://www.asyl.net/rsdb/M2006
Leitsatz:

Nur "irreversible" Homosexualität, bei der es nicht mehr oder weniger im Belieben des Antragsteller liegt, seinen homosexuellen Neigungen nachzugehen, stellt ein unabänderliches Merkmal i.S.d. § 51 Abs. 1 AuslG dar.

(Leitsatz der Redaktion)

Schlagwörter: Iran, Homosexuelle, Irreversibilität, Sachverständigengutachten, Berufungszulassungsantrag, Grundsätzliche Bedeutung
Normen: AuslG § 51 Abs. 1; AuslG § 53; AsylVfG § 78 Abs. 3 Nr. 1
Auszüge:

Der mit dem Antrag allein geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG) liegt nicht vor.

Ob Abschiebungsschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG zu gewähren ist, wenn Asylbewerber sich auf homosexuelle Neigungen oder Praktiken berufen und mit dieser Begründung ihr Asylverfahren in der Bundesrepublik führen, wobei zu klären ist, ob die Angaben über diese sexuelle Betätigung und Veranlagung mit politisch motivierter Zielrichtung in asylrechtlich beachtlicher Weise zu Verfolgungsmaßnahmen führen, und ob die Berufung auf homosexuelle Veranlagung und Praktiken in einem Asylverfahren in der Bundesrepublik ein Abschiebehindernis nach § 53 Abs. 1, 2 und 4 AuslG zur Folge hat bedürfen nicht einer Klärung in einem Berufungsverfahren, weil sie in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits geklärt sind.

Nach dem bereits vom Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrundegelegten Urteilen vom 15. März 1988 (- 9 C 278.86 -, BVerwGE 79, 143) und vom 17. Oktober 1989 (- 9 C 25.89 -, NVwZ-RR 1990, 375) stellt (nur) irreversible Homosexualität ein Persönlichkeitsmekmal dar, an das Verfolgungsmaßnahmen ebenso wenig geknüpft werden dürfen wie beispielsweise an die Merkmale der Rasse, Nationalität, Religion oder politischen Überzeugung. In diesem Sinne asylrelevant ist allerdings nicht bereits die bloße, auf gleichgeschlechtliche Betätigung gerichtete Neigung, der nachzugeben mehr oder weniger im Belieben des Betreffenden steht, sondern nur die unumkehrbare Festlegung auf homosexuelle Triebbefriedigung. Nur eine homosexuelle Veranlagung, bei welcher der Betreffende außerstande ist, eine gleichgeschlechtliche Betätigung zu unterlassen, ist den schicksalhaft persönlichen Eigenschaften wie Rasse oder Nationalität vergleichbar. Durch die erwähnte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass die bloße, auf gleichgeschlechtliche Betätigung gerichtete Neigung, der nachzugehen mehr oder weniger im Belieben des Betreffenden steht, nicht asylrelevant ist und deshalb einen Anspruch auf Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG nicht rechtfertigt.

Das Vorbringen des Klägers in seinem Zulassungsantrag lässt nicht erkennen, dass und inwiefern sein Fall geeignet sein könnte, in einem Berufungsverfahren über die bisherige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hinausgehende Erkenntnisse zu gewinnen. Das Merkmal der Irreversibilität der homosexuellen Veranlagung liegt bei dem Kläger nach der in Würdigung aller Umstände, insbesondere des eingeholten Sachverständigengutachtens vom 15. Januar 2001 gewonnenen Überzeugung des Verwaltungsgerichts nicht vor. Die Würdigung dieser Umstände durch das Verwaltungsgericht betrifft die Umstände des Einzelfalles; eine grundsätzliche Bedeutung ergibt sich aus ihnen nicht.