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Zitieren als:
EuGH, Urteil vom 19.07.2012 - C-154/11 - asyl.net: M19841
https://www.asyl.net/rsdb/M19841
Leitsatz:

Der völkerrechtliche Grundsatz der Staatenimmunität steht der Anwendung der Verordnung Nr. 44/2001(über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen) nicht entgegen, wenn es um einen Rechtsstreit geht, in dem sich ein Arbeitnehmer gegen die Kündigung seines mit einem Staat geschlossenen Arbeitsvertrags wehrt, zu dem das angerufene Gericht feststellt, dass die von diesem Arbeitnehmer verrichteten Aufgaben nicht unter die Ausübung hoheitlicher Befugnisse fallen.

Schlagwörter: Botschaft, Niederlassung, Auslandsvertretung, Arbeitsvertrag, Kündigung, Arbeitsrecht, Staatenimmunität, Immunität, Verordnung über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen,
Normen: VO 44/2001 Art. 18 Abs. 2, VO 44/2001 Art. 20,
Auszüge:

[...]

37 Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 18 Abs. 2 der Verordnung Nr. 44/2001 dahin auszulegen ist, dass es sich bei einer Botschaft um eine "Niederlassung" im Sinne dieser Bestimmung handelt, und ob sich folglich nach dieser Verordnung richtet, welches Gericht für die Entscheidung über eine Klage zuständig ist, die ein Beschäftigter einer in einem Mitgliedstaat gelegenen Botschaft eines Drittstaats gegen diesen Staat erhebt.

38 Zunächst ist festzustellen, dass die Verordnung Nr. 44/2001, die die Vorschriften für die Bestimmung der Zuständigkeit der Gerichte der Mitgliedstaaten aufstellt, mit Ausnahme einiger ausdrücklich in dieser Verordnung angegebenen Rechtsbereiche auf alle Rechtsstreitigkeiten in Zivil- und Handelssachen anwendbar ist. Wie aus Randnr. 10 des vorliegenden Urteils hervorgeht, enthält Kapitel II Abschnitt 5 der Verordnung Nr. 44/2001, der die Art. 18 bis 21 umfasst, die Zuständigkeitsvorschriften für Rechtsstreitigkeiten, die individuelle Arbeitsverträge zum Gegenstand haben.

39 Was den räumlichen Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 44/2001 angeht, ergibt sich aus ihrem zweiten Erwägungsgrund und dem Gutachten 1/03 vom 7. Februar 2006 (Slg. 2006, I-1145, Randnr. 143), dass diese Verordnung die Vorschriften der Mitgliedstaaten über die Zuständigkeit vereinheitlichen soll, und zwar nicht nur für Rechtsstreitigkeiten innerhalb der Union, sondern auch für solche mit einem über die Union hinausweisenden Bezug, damit die Hemmnisse für das Funktionieren des Binnenmarktes, die sich aus den bestehenden Unterschieden der einschlägigen nationalen Rechtsvorschriften ergeben können, beseitigt werden.

40 Die Verordnung Nr. 44/2001, insbesondere Kapitel II mit seinem Art. 18, enthält nämlich ein Regelwerk, das ein umfassendes System bildet und dessen Vorschriften nicht nur für die Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten gelten, sondern auch für die Beziehungen zwischen einem Mitgliedstaat und einem Drittstaat (vgl. Gutachten 1/03, Randnr. 144).

41 Insbesondere wird nach Art. 18 Abs. 2 der Verordnung Nr. 44/2001 der Arbeitgeber, mit dem der Arbeitnehmer einen Arbeitsvertrag geschlossen hat, wenn er seinen Wohnsitz außerhalb der Europäischen Union hat, aber in einem Mitgliedstaat eine Zweigniederlassung, Agentur oder sonstige Niederlassung besitzt, für die Bestimmung des zuständigen Gerichts so behandelt, wie wenn er seinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet dieses Staates hätte.

42 Um die volle Wirksamkeit dieser Verordnung und insbesondere ihres Art. 18 zu gewährleisten, ist eine autonome und damit allen Staaten gemeinsame Auslegung der in ihr enthaltenen Rechtsbegriffe geboten (vgl. in diesem Sinne in Bezug auf die Auslegung des Brüsseler Übereinkommens u. a. Urteil vom 22. November 1978, Somafer, 33/78, Slg. 1978, 2183, Randnr. 8).

43 Um festzustellen, welche Elemente für die Begriffe "Zweigniederlassung", "Agentur" und "sonstige Niederlassung" in Art. 18 Abs. 2 der Verordnung Nr. 44/2001 kennzeichnend sind, ist in Ermangelung von Anhaltspunkten im Wortlaut der Verordnung der Zweck dieser Bestimmung zu berücksichtigen.

44 Für Rechtsstreitigkeiten über Arbeitsverträge enthält Kapitel II Abschnitt 5 der Verordnung Nr. 44/2001 eine Reihe von Vorschriften, die, wie aus dem 13. Erwägungsgrund der Verordnung hervorgeht, die schwächere Vertragspartei durch Zuständigkeitsvorschriften schützen sollen, die für sie günstiger sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. Mai 2008, Glaxosmithkline und Laboratoires Glaxosmithkline, C-462/06, Slg. 2008, I-3965, Randnr. 17).

45 Sie ermöglichen es dem Arbeitnehmer insbesondere, seinen Arbeitgeber vor dem Gericht zu verklagen, das ihm seiner Ansicht nach am nächsten steht, indem sie ihm die Befugnis einräumen, vor einem Gericht des Staates zu klagen, in dem er seinen Wohnsitz hat, oder des Staates, in dem er gewöhnlich seine Arbeit verrichtet, oder auch des Staates, in dem sich die Niederlassung des Arbeitgebers befindet. Die Bestimmungen des genannten Abschnitts beschränken außerdem die Möglichkeit für den Arbeitgeber, der gegen den Arbeitnehmer klagt, den Gerichtsstand zu wählen, sowie die Möglichkeit, von den Zuständigkeitsvorschriften der Verordnung abzuweichen.

46 Wie der Rechtsprechung des Gerichtshofs zu den im Brüsseler Übereinkommen enthaltenen Vorschriften über die Zuständigkeit für Arbeitsverträge zu entnehmen ist (vgl. Urteile vom 26. Mai 1982, Ivenel, 133/81, Slg. 1982, 1891, Randnr. 14, vom 13. Juli 1993, Mulox IBC, C-125/92, Slg. 1993, I-4075, Randnr. 18, vom 9. Januar 1997, Rutten, C-383/95, Slg. 1997, I-57, Randnr. 22, und vom 10. April 2003, Pugliese, C-437/00, Slg. 2003, I-3573, Randnr. 18), sind die Bestimmungen des Kapitels II Abschnitt 5 der Verordnung Nr. 44/2001 unter Berücksichtigung der Zielsetzung auszulegen, dem Arbeitnehmer als der schwächeren Vertragspartei einen angemessenen Schutz zu gewährleisten.

47 Ferner müssen, um die Kontinuität zwischen dieser Verordnung und dem Brüsseler Übereinkommen zu gewährleisten, die darin enthaltenen Begriffe "Zweigniederlassung", "Agentur" und "sonstige Niederlassung" anhand der Kriterien ausgelegt werden, die der Gerichtshof in seiner Rechtsprechung zu Art. 5 Nr. 5 des Brüsseler Übereinkommens angegeben hat, der dieselben Begriffe enthält und die besondere Zuständigkeit für Rechtsstreitigkeiten aus dem Betrieb eines Zweitsitzes eines Unternehmens regelt. Diese Bestimmung wird zudem in Art. 5 Nr. 5 der Verordnung Nr. 44/2001 wörtlich wiedergegeben.

48 Bei der Auslegung der genannten Begriffe "Zweigniederlassung", "Agentur" und "sonstige Niederlassung" hat der Gerichtshof zwei Kriterien herausgearbeitet, nach denen sich richtet, ob eine Klage aus dem Betrieb einer dieser Kategorien von Niederlassungen einen Anknüpfungspunkt zu einem Mitgliedstaat aufweist. Erstens setzt der Begriff "Zweigniederlassung", "Agentur" oder "sonstige Niederlassung" voraus, dass es einen Mittelpunkt geschäftlicher Tätigkeit gibt, der auf Dauer als Außenstelle eines Stammhauses hervortritt. Dieser Mittelpunkt muss eine Geschäftsführung haben und sachlich so ausgestattet sein, dass er in der Weise Geschäfte mit Dritten betreiben kann, dass diese sich nicht unmittelbar an das Stammhaus zu wenden brauchen (vgl. Urteil vom 18. März 1981, Blanckaert & Willems, 139/80, Slg. 1981, 819, Randnr. 11). Zweitens muss der Rechtsstreit entweder Handlungen betreffen, die sich auf den Betrieb dieser Einheiten beziehen, oder Verpflichtungen, die diese im Namen des Stammhauses eingegangen sind, wenn die Verpflichtungen in dem Staat zu erfüllen sind, in dem sich die Einheiten befinden (vgl. in diesem Sinne Urteil Somafer, Randnr. 13).

49 Im Ausgangsverfahren ist zunächst zu beachten, dass die Aufgaben einer Botschaft, wie aus Art. 3 des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen hervorgeht, im Wesentlichen darin bestehen, den Entsendestaat zu vertreten, dessen Interessen zu schützen und die Beziehungen zum Empfangsstaat zu fördern. Bei der Wahrnehmung dieser Aufgaben kann die Botschaft wie jede andere öffentliche Einrichtung iure gestionis handeln und zivilrechtliche Rechte und Pflichten erwerben bzw. übernehmen, namentlich aufgrund privatrechtlicher Verträge. Das ist der Fall, wenn sie Arbeitsverträge mit Personen schließt, die keine hoheitlichen Aufgaben verrichten.

50 Zum ersten in Randnr. 48 des vorliegenden Urteils angeführten Kriterium ist festzustellen, dass eine Botschaft einem Mittelpunkt geschäftlicher Tätigkeit gleichgestellt werden kann, der auf Dauer nach außen hervortritt und zur Identifikation und Repräsentation des Staates beiträgt, der sie eingerichtet hat.

51 Was das zweite in dieser Randnummer des vorliegenden Urteils genannte Kriterium angeht, liegt auf der Hand, dass der Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits, nämlich eine Streitigkeit im Bereich der Arbeitsverhältnisse, einen hinreichenden Zusammenhang mit der Tätigkeit der betreffenden Botschaft in Bezug auf ihr Personalwesen aufweist.

52 Daher ist eine Botschaft, soweit es um Arbeitsverträge geht, die sie im Namen des Staates geschlossen hat, eine "Niederlassung" im Sinne von Art. 18 Abs. 2 der Verordnung Nr. 44/2001, wenn die Aufgaben der Arbeitnehmer, mit denen sie diese Verträge geschlossen hat, zur wirtschaftlichen Betätigung der Botschaft im Empfangsstaat gehören.

53 Vor den deutschen Gerichten und in ihren im vorliegenden Vorabentscheidungsverfahren abgegebenen Erklärungen hat die Demokratische Volksrepublik Algerien vorgetragen, die Bejahung der Zuständigkeit eines Gerichts des Empfangsstaats einer Botschaft liefe auf einen Verstoß gegen die Regeln des Völkergewohnheitsrechts über die Befreiung von der Gerichtsbarkeit hinaus; in Anbetracht dieser Regeln seien die Verordnung Nr. 44/2001 und insbesondere ihr Art. 18 auf einen Rechtsstreit wie den, um den es im Ausgangsverfahren gehe, nicht anwendbar.

54 Hierzu ist festzustellen, dass die allgemein anerkannten Grundsätze des Völkerrechts auf dem Gebiet der Befreiung von der Gerichtsbarkeit es ausschließen, dass ein Staat in einem Rechtsstreit wie dem des Ausgangsverfahrens vor dem Gericht eines anderen Staates verklagt wird. Eine solche Staatenimmunität ist völkerrechtlich verankert und stützt sich auf den Grundsatz par in parem non habet imperium, wonach ein Staat nicht der Gerichtsbarkeit eines anderen Staates unterworfen werden kann.

55 Wie jedoch der Generalanwalt in den Nrn. 17 bis 23 seiner Schlussanträge ausführt, gilt diese Immunität beim gegenwärtigen Stand der internationalen Praxis nicht absolut, sie ist dann allgemein anerkannt, wenn der Rechtsstreit acta iure imperii betrifft. Sie kann hingegen ausgeschlossen sein, wenn sich der gerichtliche Rechtsbehelf auf acta iure gestionis bezieht, die nicht unter die hoheitlichen Befugnisse fallen.

56 In Anbetracht des Inhalts dieses völkergewohnheitsrechtlichen Grundsatzes der Staatenimmunität ist daher festzustellen, dass er der Anwendung der Verordnung Nr. 44/2001 auf einen Rechtsstreit wie den des Ausgangsverfahrens, in dem ein Arbeitnehmer eine Vergütung begehrt und sich gegen die Kündigung seines mit einem Staat geschlossenen Arbeitsvertrags wehrt, nicht entgegensteht, wenn das angerufene Gericht feststellt, dass die von diesem Arbeitnehmer verrichteten Aufgaben nicht unter die Ausübung hoheitlicher Befugnisse fallen, oder wenn die Klage nicht mit den Sicherheitsinteressen des Staates kollidieren kann. Auf der Grundlage dieser Feststellung kann das mit einem Rechtsstreit wie dem des Ausgangsverfahrens befasste Gericht auch davon ausgehen, dass dieser Rechtsstreit in den sachlichen Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 44/2001 fällt.

57 Demzufolge ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 18 Abs. 2 der Verordnung Nr. 44/2001 dahin auszulegen ist, dass es sich bei einer im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats gelegenen Botschaft eines Drittstaats in einem Rechtsstreit über einen Arbeitsvertrag, den die Botschaft im Namen des Entsendestaats geschlossen hat, um eine "Niederlassung" im Sinne dieser Bestimmung handelt, wenn die vom Arbeitnehmer verrichteten Aufgaben nicht unter die Ausübung hoheitlicher Befugnisse fallen. Es ist Sache des angerufenen nationalen Gerichts, zu bestimmen, welche Art von Aufgaben der Arbeitnehmer genau verrichtet.

Zur zweiten Frage

58 Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 21 Nr. 2 der Verordnung Nr. 44/2001 dahin auszulegen ist, dass eine vor Entstehen einer Streitigkeit getroffene Gerichtsstandsvereinbarung unter diese Bestimmung fällt, wenn die betreffende Vereinbarung einem Gericht außerhalb des Anwendungsbereichs dieser Verordnung die ausschließliche Zuständigkeit einräumt, wodurch die nach den Sonderbestimmungen der Art. 18 und 19 der Verordnung begründete Zuständigkeit entfällt.

59 Nach Ansicht der Demokratischen Volksrepublik Algerien sind die Parteien durch Art. 21 der Verordnung nicht daran gehindert, mit einer Klausel in einem Arbeitsvertrag die Zuständigkeit eines drittstaatlichen Gerichts für die Entscheidung von Rechtsstreitigkeiten über diesen Vertrag zu begründen. Im vorliegenden Fall bringe diese Wahl keinen Nachteil für den Arbeitnehmer mit sich und entspreche dem Willen der Vertragsparteien, den Vertrag dem Recht eben dieses Staates zu unterwerfen.

60 Wie aus dem 13. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 44/2001 hervorgeht, sollen die Sonderbestimmungen des Kapitels II Abschnitt 5 dem Arbeitnehmer einen angemessenen Schutz gewährleisten. Nach der in Randnr. 46 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung des Gerichtshofs ist diese Zielsetzung bei der Auslegung dieser Bestimmungen zu berücksichtigen.

61 Art. 21 der Verordnung Nr. 44/2001 beschränkt die Möglichkeit für die Parteien eines Arbeitsvertrags, eine Gerichtsstandsvereinbarung zu treffen. So muss eine solche Vereinbarung nach Entstehung des Rechtsstreits getroffen werden oder, wenn sie vorher getroffen wird, dem Arbeitnehmer die Befugnis einräumen, andere Gerichte anzurufen als diejenigen, die nach den genannten Bestimmungen zuständig sind.

62 Unter Berücksichtigung des Regelungszwecks des Art. 21 der Verordnung Nr. 44/2001 ist die zuletzt genannte Bedingung, wie der Generalanwalt in den Nrn. 58 und 59 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, dahin zu verstehen, dass eine solche vor Entstehung der Streitigkeit getroffene Vereinbarung für die Entscheidung über Klagen des Arbeitnehmers Gerichtsstände begründen muss, die zu den in den Art. 18 und 19 der Verordnung Nr. 44/2001 vorgesehenen Gerichtsständen hinzukommen. Diese Vereinbarung bewirkt somit nicht den Ausschluss der zuletzt genannten Gerichtsstände, sondern erweitert die Befugnis des Arbeitnehmers, unter mehreren zuständigen Gerichten zu wählen.

63 Außerdem geht aus dem Wortlaut von Art. 21 der Verordnung Nr. 44/2001 hervor, dass Gerichtsstandsvereinbarungen dem Arbeitnehmer "die Befugnis einräumen" können, andere als die in den Art. 18 und 19 angeführten Gerichte anzurufen. Folglich kann diese Bestimmung nicht dahin ausgelegt werden, dass eine Gerichtsstandsvereinbarung ausschließlich gilt und somit dem Arbeitnehmer verbietet, die Gerichte anzurufen, die nach den Art. 18 und 19 zuständig sind.

64 Das Ziel, den Arbeitnehmer als schwächere Vertragspartei zu schützen, auf das in den Randnrn. 44 und 46 des vorliegenden Urteils hingewiesen worden ist, würde nämlich verfehlt, wenn die Gerichtsstände, die zur Gewährleistung dieses Schutzes in den Art. 18 und 19 vorgesehen sind, durch eine vor Entstehung der Streitigkeit getroffene Gerichtsstandsvereinbarung ausgeschlossen werden könnten.

65 Außerdem ergibt sich weder aus dem Inhalt noch aus dem Regelungszweck von Art. 21 der Verordnung Nr. 44/2001, dass eine solche Vereinbarung nicht die Zuständigkeit der Gerichte eines Drittstaats begründen könnte, vorausgesetzt, dass sie nicht die Zuständigkeit ausschließt, die nach den Artikeln der Verordnung besteht.

66 Nach alledem ist auf die zweite Frage zu antworten, dass Art. 21 Nr. 2 der Verordnung Nr. 44/2001 dahin auszulegen ist, dass eine vor Entstehen einer Streitigkeit getroffene Gerichtsstandsvereinbarung unter diese Bestimmung fällt, sofern sie dem Arbeitnehmer die Möglichkeit eröffnet, außer den nach den Sonderbestimmungen der Art. 18 und 19 dieser Verordnung normalerweise zuständigen Gerichten andere Gerichte, und zwar gegebenenfalls auch Gerichte außerhalb der Union, anzurufen. [...]

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt:

1. Art. 18 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ist dahin auszulegen, dass es sich bei einer im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats gelegenen Botschaft eines Drittstaats in einem Rechtsstreit über einen Arbeitsvertrag, den die Botschaft im Namen des Entsendestaats geschlossen hat, um eine "Niederlassung" im Sinne dieser Bestimmung handelt, wenn die vom Arbeitnehmer verrichteten Aufgaben nicht unter die Ausübung hoheitlicher Befugnisse fallen. Es ist Sache des angerufenen nationalen Gerichts, zu bestimmen, welche Art von Aufgaben der Arbeitnehmer genau verrichtet.

2. Art. 21 Nr. 2 der Verordnung Nr. 44/2001 ist dahin auszulegen, dass eine vor Entstehen einer Streitigkeit getroffene Gerichtsstandsvereinbarung unter diese Bestimmung fällt, sofern sie dem Arbeitnehmer die Möglichkeit eröffnet, außer den nach den Sonderbestimmungen der Art. 18 und 19 dieser Verordnung normalerweise zuständigen Gerichten andere Gerichte, und zwar gegebenenfalls auch Gerichte außerhalb der Union, anzurufen.