VG Gera

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Zitieren als:
VG Gera, Urteil vom 19.10.2011 - 4 K 328/10 Ge - asyl.net: M19138
https://www.asyl.net/rsdb/M19138
Leitsatz:

Rechtswidrigkeit der Widerspruchsgebühr bei Bezug von Leistungen nach § 3 AsylbLG (§§ 51 Abs. 1 Nr. 2, 53 Abs. 2 AufenthV).

Schlagwörter: Gebühr, Widerspruchsverfahren, Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, Ermessen, Ermessensreduzierung auf Null
Normen: AufenthV § 51 Abs. 1 Nr. 2, AufenthV § 53 Abs. 2
Auszüge:

[...]

Die Klage ist begründet.

Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten gemäß § 102 Abs. 2 VwGO übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet haben.

Ziffer 3 des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 27. August 2008 und der Widerspruchsbescheid vom 5. März 2009 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 VwGO).

Als Ermächtigungsgrundlage für die Gebühr in Höhe von 50,00 € greift § 51 Abs. 1 Nr. 2 AufenthVO ein. Demgemäß ist gegen die Höhe der Widerspruchsgebühr zunächst nichts zu erinnern. Jedoch war der Beklagte gehalten, gemäß § 53 Abs. 2 AufenthVO von der Erhebung der Gebühr abzusehen. Nach dieser Vorschrift können Gebühren ermäßigt oder von ihrer Erhebung kann ganz abgesehen werden, wenn es mit Rücksicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Gebührenpflichtigen in Deutschland geboten ist. Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers lassen das Ermessen des Beklagten auf Null reduziert erscheinen.

Der Kläger verfügt im Monat über ein Taschengeld in Höhe von 40,90 € sowie über verschiedene Gutscheine in einer Höhe von insgesamt 148,79 €. Damit bleibt aber sein Einkommen weit unter demjenigen eines deutschen Sozialhilfeempfängers zurück. Gemäß § 28 SGB VII i. V. m. § 1 der Thüringer Regelsatzverordnung beträgt der monatliche Regelsatz für einen Alleinstehenden 359,00 € ohne Leistungen für Unterkunft und Heizung. Betrachtet man die Höhe des Taschengeldes des Klägers, so verfügt er über 1/10 dieses Betrages. Die Widerspruchsgebühr übersteigt sein monatliches Bareinkommen um nahezu 10,00 €. Unter diesen Umständen kam für den Beklagten keine andere Entscheidung in Betracht. als von der Erhebung der Widerspruchsgebühr abzusehen.

Auch eine Ratenzahlung in Höhe von 5,00 € monatlich musste der Kläger nicht akzeptieren. Die Ratenhöhe beträgt immerhin nahezu 10 Prozent des Bareinkommens des Klägers. Das ist ihm nicht zuzumuten. [...]