VG Düsseldorf

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Zitieren als:
VG Düsseldorf, Gerichtsbescheid vom 07.10.2011 - 24 K 3580/10 - asyl.net: M19121
https://www.asyl.net/rsdb/M19121
Leitsatz:

Zum Ersatz von Personalkosten für eine fehlgeschlagene Abschiebung.

1. Wenn es bewährter Übung der ortsnahen und zuständigen Zentralen Ausländerbehörde entspricht, anlässlich von Vorsprachen die Passersatzpapiere beim russischen Generalkonsulat persönlich in Empfang zu nehmen, ist dies aus Sicht des Gerichts nicht zu beanstanden. Die insoweit angefallenen (anteiligen) Fahrtkosten in dem Leistungsbescheid sind nicht zu beanstanden. Die bei der Zentralen Ausländerbehörde angefallenen Personalkosten können hingegen nicht verlangt werden. Personalkosten sind im Kontext einer Abschiebung nur erstattungsfähig, soweit sie durch eine erforderliche Begleitung des Ausländers entstanden sind. Eine Ausnahme bilden Personalkosten, die in Amtshilfe einer helfenden Behörde entstanden sind. Die Zentrale Ausländerbehörde hat die Passersatzpapiere für den Kläger aber in eigener Zuständigkeit beschafft.

2. Die Personalkosten für die an sich beabsichtigte Begleitung des Klägers zur Abschiebung sind mit 15 EUR pro Stunde evident angemessen, ohne dass es einer Prüfung dessen bedürfte, dass die Ausländerbehörde hier zwei pensionierte Polizisten auf Honorarbasis zu diesem Tarif eingesetzt hat, zumal bei Einsatz eigener Mitarbeiter aller Voraussicht nach höhere Kosten entstanden wären.

Schlagwörter: Abschiebungskosten, Auslagen, sachliche Zuständigkeit, Ausländerbehörde, höhere Ausländerbehörde, Leistungsbescheid, Kosten, Kostenerstattung, Passbeschaffungskosten, Reisekosten, Verwaltungsvollstreckungsrecht, Unmittelbarer Zwang, Abschiebung, Abschiebungshindernis, Duldung, Schutz von Ehe und Familie, Vaterschaftsanerkennung, Stornokosten, Fahrtkosten, Personalkosten, Amtshilfe, Verwaltungskosten
Normen: AufenthG § 66 Abs. 1, AufenthG § 67 Abs. 1 Nr. 1, AufenthG § 67 Abs. 1 Nr. 2, AufenthG § 67 Abs. 1 Nr. 3, AufenthG § 67 Abs. 3, VwKostG § 1, AufenthG § 71, VwKostG § 14 Abs. 1, AufenthG § 58 Abs. 3 Nr. 1, AufenthG § 59 Abs. 5 S. 1, VwVG NRW § 66 Abs. 1 N. 1, AufenthG § 58 Abs. 1, VwKostG § 10 Abs. 1 Nr. 7, VwKostG § 10 Abs. 1 Nr. 6, KfzR § 18 Abs. 1 S. 2 Bst. a, GG Art. 3 Abs. 1
Auszüge:

[...]

Die Klage hat nur zum Teil Erfolg.

1. Den Antrag zu 1) versteht das Gericht sinngemäß als Anfechtungsklage, die zulässig, aber nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfange begründet ist; im Übrigen ist der angefochtene Leistungsbescheid rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten; § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Rechtsgrundlage der angefochtenen Kostenforderung sind die §§ 66 Abs. 1, 67 Abs. 1 und 3 AufenthG; ergänzend kommt das Verwaltungskostengesetz des Bundes (VwKostG) zur Anwendung. Dies leitet das Bundesverwaltungsgericht aus der Bezugnahme in § 69 Abs. 2 Satz 2 AufenthG her; die Abschiebungskosten fallen unter den Begriff der Auslagen im Sinne des § 1 VwKostG (Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 14. Juni 2005 – 1 C 15.04 – Rdnr. 22, unter ausdrücklicher Zurückweisung der Gegenmeinung).

Das VwKostG des Bundes erfasst auch die Tätigkeit des Beklagten als einer Ausländerbehörde des Landes, weil diese hier Bundesrecht ausführt; vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 2 VwKostG.

Der Beklagte war zuständig, die durchweg nicht unmittelbar bei ihm entstandenen, ihm gegenüber nur in Rechnung gestellten Kosten geltend zu machen.

Die sachliche Zuständigkeit liegt nach § 67 Abs. 3 Satz 1 AufenthG und dem dortigen Verweis auf § 71 AufenthG bei der Ausländerbehörde. Neben Gründen der Zweckmäßigkeit folgt auch aus der allgemeinen Zuordnung der rechtlichen Verantwortlichkeiten von verschiedenen Behörden nach außen, dass die Zuständigkeit für die Kostenerhebung bei der Behörde bleibt, der die Sachherrschaft über die Maßnahme obliegt. Auch wenn mehrere Behörden an der Maßnahme etwa im Wege der Vollzugshilfe mitwirken, ist das bei Abschiebungen auch unter Beteiligung von (Landes- oder Bundes-)Polizeibehörden die Ausländerbehörde, die das Ob der Maßnahme bis zum Abschluss der Abschiebung zu verantworten hat (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 14. Juni 2005 – 1 C 11.04 – Rdnr. 21).

Nach dem Prinzip der einheitlichen Kostenerhebung stellen in die Vorbereitung oder den Vollzug der Maßnahme eingeschaltete, selbst nur für das Wie etwa der Abschiebung haftende Behörden ihre Kosten der Ausländerbehörde in Rechnung, die sie mit ihrer einheitlichem Kostenbescheid beim Pflichtigen erhebt. Deshalb ist auch nicht etwa die Beiladung einer der Behörden notwendig, deren Kosten mit erhoben werden (Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 14. März 2006 – 1 C 5/05 -; Verwaltungsgericht Münster, Urteil vom 5. Mai 2011 – 8 K 61/10 -).

Die kostenverursachende Maßnahme war hier der Versuch, den Kläger am 23. April 2009 in zwangsweiser Durchsetzung seiner seit geraumer Zeit bestehenden Ausreisepflicht auf dem Luftweg in sein Heimatland Russland abzuschieben; in Vorbereitung dazu mussten die benötigten Heimreisedokumente beschafft sowie versucht werden, des Klägers selbst habhaft zu werden. All diese Maßnahmen hat dem Grunde nach nur der Beklagte ausländerrechtlich zu verantworten.

Die Befugnis, die Kosten in der Handlungsform des Verwaltungsaktes einseitig hoheitlich festzusetzen, ergibt sich unmittelbar aus § 67 Abs. 3 Satz 1 AufenthG. Dieser Leistungsbescheid fungiert als Titel für die etwaige Beitreibung nach Maßgabe des Rechtes über die Vollstreckung von Geldforderungen.

Der Kostenbescheid ist jedenfalls inzwischen in formeller Hinsicht ordnungsgemäß. Die Anforderungen daran ergeben sich aus § 14 Abs. 1 VwKostG. Danach müssen aus der Entscheidung u.a. hervorgehen die kostenerhebende Behörde, der Schuldner, die kostenpflichtige Amtshandlung sowie die als Auslagen zu entrichtenden Beträge; ferner sind die Rechtsgrundlage sowie die Berechnung der Kosten an zugeben; § 14 Abs. 1 Satz 2 VwKostG.

Gläubiger, Schuldner und Rechtsgrundlagen sowie kostenauslösender Anlass waren dem Leistungsbescheid von Anfang an zu entnehmen; erste Nachweise zur Berechnung ergaben sich aus den beigefügten Anlagen. Ob dies von Anfang an hinreichend war, kann hier dahinstehen, denn nach den inzwischen beigebrachten Belegen bestehen keine vernünftigen Zweifel mehr daran, dass die berechneten Kosten ordnungsgemäß nachgewiesen sind. Insbesondere kann nicht etwa verlangt werden, dass der Beklagte über die Rechnungen hinaus auch noch Belege für die tatsächliche Abwicklung des Zahlungsverkehrs vorlegt; dies gilt jedenfalls, solange diesbezügliche Zweifel nicht ansatzweise substantiiert sind Der Rüge unzureichender Begründung der Forderungen wäre daher nur nachzugehen gewesen, wenn die Klägerseite parallel zu den im Laufe des Verfahrens nachgereichten Einzelnachweisen und Erläuterungen die Forderung ganz oder teilweise anerkannt und die Sache insoweit für erledigt erklärt hätte.

Der Beklagte hat mit den kostenauslösenden Maßnahmen die vollziehbare Ausreisepflicht des Klägers zwangsweise durchsetzen, mithin eine der nach § 67 Abs. 1 AufenthG tauglichen Maßnahmen vorbereiten und durchführen wollen.

Dabei kann angesichts der speziellen Regelung im § 67 AufenthG dahinstehen, ob es sich bei der fraglichen Abschiebung - um eine Maßnahme in der Verwaltungsvollstreckung in dem Sinne gehandelt hätte, dass eine dem Betroffenen an sich zur freiwilligen Befolgung auferlegte öffentlich rechtliche Handlungspflicht durch unmittelbaren Zwang als Vollstreckungsmittel nach §§ 55, 57 Abs. 1 Nr. 3, 62 VwVG NRW vollstreckt worden wäre - oder es sich vielmehr um die Durchführung einer der Behörde obliegenden Standardmaßnahme in dem Sinne gehandelt hätte, dass dem Betroffenen eine Meidung der Maßnahme durch freiwillige Befolgung gar nicht ermöglicht werden sollte und durfte, wie es bei einer obligatorischen Abschiebung aus der Haft heraus im Sinne der §§ 58 Abs. 3 Nr. 1, 59 Abs. 5 Satz 1 AufenthG der Fall ist, bei der sich die Anwendung des unmittelbaren Zwanges nach § 66 Abs. 1 Nr. 1 VwVG NRW beurteilt. Dafür spricht auch, dass § 58 Abs. 1 AufenthG bei seiner Definition der Abschiebung beide Fallgestaltungen nebeneinander setzt.

Eine Abschiebung des Klägers wäre rechtmäßig gewesen.

Diese Voraussetzung für die Kostenerhebung lässt sich aus dem Gebot der Rechtsstaatlichkeit ableiten, mit dem es schwerlich vereinbar wäre, wenn eine als rechtswidrig identifizierte Maßnahme vom Betroffenen auch noch bezahlt werden müsste (Zeitler, HTK-AuslR / § 67 AufenthG / zu Abs. 1 03/2011 Nr. 1. ähnlich Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16. April 1997 – 17 A 3412/94 -).

Das gleiche ergibt sich aus § 14 Abs. 2 Satz 1 VwKostG, wonach solche Kosten nicht erhoben werden dürfen, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären (so Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 14. Juni 2005 – 1 C 15.04 – Rdnr. 23; Baden-Württembergischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 19. Oktober 2005 – 11 S 646/04 -, Rdnr. 48; Beschluss vom 28. März 2006 – 13 S 347/06 - , Rdnr. 7; 27. Kammer des Hauses Urteil vom7. Juli 2009 – 27 K 4910/08 -; Verwaltungsgericht Freiburg, Urteil vom 21. Dezember 2010 – 5 K 902/10 -).

Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, im Vollstreckungsrecht gelte der Grundsatz, dass die Vollstreckung auch dann rechtmäßig ist, wenn die vollstreckte Maßnahme rechtswidrig, aber nicht nichtig ist. Denn zum einen erfolgt keineswegs jede Abschiebung in Vollstreckung einer an sich freiwillig zu befolgenden Handlungspflicht (wie die Abschiebung aus der Haft heraus zeigt); zum anderen erfolgt keine Abschiebung in Durchsetzung einer qua Verwaltungsakts generierten, sondern stets in Durchsetzung einer sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebenden Ausreisepflicht (§ 50 Abs. 1 AufenthG). Zudem ist dieser Grundsatz der Fehlerfestigkeit der Maßnahme(n) in der Vollstreckung gegenüber der Ebene des vollstreckten Verwaltungsaktes auch im unmittelbaren Anwendungsbereich des Verwaltungsvollstreckungsrechts unzweifelhaft gültig nur für den Fall, dass die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes nicht ohne Zweckvereitelung noch überprüft werden kann oder gar bereits feststeht. Insbesondere unbillig wäre die Haftung eines Dritten für eine rechtswidrige Abschiebung; wenn etwa der Arbeitgeber eines illegal erwerbstätigen, deswegen ausgewiesenen und abgeschobenen Ausländers für die Kosten aufkommen müsste, obwohl er in aller Regel keine eigene Möglichkeit hat, die Rechtmäßigkeit der kostenauslösenden Maßnahme einer gerichtlichen Prüfung zuzuführen.

Unabhängig davon, woraus man das Erfordernis der Rechtmäßigkeit herleitet, greift es auch dann, wenn der Ausländerbehörde das der Abschiebung entgegenstehende Hindernis nicht bekannt war (Baden-Württembergischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 28. März 2006 – 13 S 347/06 -, Rdnr. 8; Verwaltungsgericht Freiburg, Urteil vom 21. Dezember 2010 – 5 K 902/10 -).

Etwas anderes kann nur angenommen werden, wenn die Unkenntnis der Behörde darauf beruht, dass der Betroffene ihr die maßgeblichen Tatsachen pflichtwidrig vorenthalten hatte (vgl. Verwaltungsgericht Freiburg, Urteil vom 21. Dezember 2010 – 5 K 902/10 -).

Hier war der Kläger seit mehreren Monaten vollziehbar ausreisepflichtig und wurde ausweislich der seinen Duldungen beigefügten Nebenbestimmungen nur nicht abgeschoben, weil die dazu notwendigen Papiere nicht vorlagen. Des Weiteren waren weder bei Beginn der Vorbereitungen noch am Tage der geplanten Abschiebung Gründe dafür ersichtlich, von einer Durchsetzung dieser Ausreisepflicht abzustehen und den Aufenthalt des Klägers weiter zu dulden. Zunächst hatte der Kläger über Jahre bekundet, nicht ausreisen zu wollen; in diesem Sinne hatte er sich noch am 20. März 2009 gegenüber der Ausländerbehörde eingelassen. Dann hatte er plötzlich die Bereitschaft erklärt, sich bei einer freiwilligen Ausreise unterstützen zu lassen. Nachdem er jedoch bis zu dem dafür benannten Termin am 16. April 2009 weder den für ihn hinterlegten Personalausweis noch die beigefügte Grenzübertrittsbescheinigung beim Sozialamt abgeholt und er sein Zimmer in der Unterkunft nach der Nachschau des Verwalters vom gleichen Tage allem Anschein nach geräumt hatte sowie unbekannten Aufenthaltes war, war für den Beklagten nichts mehr dafür ersichtlich, die Notwendigkeit der Abschiebung könne noch entfallen. Schon die Schwangerschaft seiner Verlobten als solche, geschweige denn deren atypischen Verlauf hatte der Kläger trotz ausdrücklicher Aufforderung der Behörde nicht nachgewiesen. Die Absicht der Eheschließung war ausweislich der beigebrachten Bescheinigung des Standesamtes erst in einem Stadium, zu dem dort mangels Vorlage der benötigten Urkunden noch nicht einmal eine Anmeldung entgegengenommen werden konnte; ein Duldungsgrund wäre erst bei unmittelbarem Bevorstehen der Eheschließung und Feststehen des Termins dafür gegeben gewesen. Dass allein die Anerkennung der Vaterschaft für ein ungeborenes Kind sowie die Erklärung über die gemeinsame Ausübung des Sorgerechts ihm keinen Duldungsgrund mehr verschaffen konnten, hatte der Beklagte dem Kläger – zutreffend – bereits am 9. April 2009 erklärt.

Dass es am 23. April 2009 wegen der Unauffindbarkeit des Klägers im Ergebnis nicht zur Durchführung der Abschiebung gekommen war, ist für die Kostenerhebung unerheblich. Für die Kostenpflicht kommt es nicht darauf an, dass die Abschiebung/Maßnahme erfolgreich durchgeführt wird (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 15. Dezember 2003 – 24 B 03.1049 -; Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27. Juli 2006 – 7 A 11671/05 -; Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 20. Januar 2010 – 11 LA 23/09 -, mit zahlreichen weiteren Nachweisen; Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 31. März 2010 – 8 PA 28/10 – Rdnr. 5; 27. Kammer des Hauses Urteil vom7. Juli 2009 – 27 K 4910/08 -).

Wenn – wie hier dargelegt - der Versuch als solcher rechtmäßig war, können die dadurch entstanden Kosten erhoben werden.

Die einzelnen Kostenpositionen sind auch mit der aus dem Tenor ersichtlichen Ausnahme im Einzelnen weder dem Grunde noch der Höhe nach zu beanstanden.

Zunächst steht der Titulierung qua Leistungsbescheid des Beklagten nicht etwa generell entgegen, dass er aufgrund interner Abreden der Behörden untereinander manche der Beträge tatsächlich nur aufwenden muss, wenn und soweit er sie auch beitreiben kann. Die Befugnis, diese Beträge zu erheben, ergibt sich aus § 10 Abs. 1 Nr. 7 2. Halbsatz VwKostG, wonach als Auslagen die anderen inländischen Behörden zustehenden Beträge selbst dann erhoben werden dürfen, wenn an die andere Behörde aus Gründen der Gegenseitigkeit, Verwaltungsvereinfachung oder dergleichen keine Zahlungen zu leisten sind. Nach Sinn und Zweck des § 10 Abs. 1 Nr. 7 2. Halbsatz VwKostG dienen solche Vereinbarungen nicht der Entlastung des Auslagenschuldners, so dass es für die Entstehung der Auslagenschuld nicht darauf ankommt, ob die andere Behörde gegenüber der Festsetzenden eine unbedingte Erstattung der angefallenen Kosten geltend gemacht hat (Baden-Württembergischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 19. Oktober 2005 – 11 S 646/04 -).

Die von der Bezirksregierung E geltend gemachten Stornokosten fallen zwanglos unter "Beförderungskosten … für den Ausländer" im Sinne des § 67 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG. Ihre sachliche Berechtigung ergibt sich aus der zunächst bestehenden Notwendigkeit, einen Flug für die Rückführung des Klägers zu buchen und diesen später zu stornieren. Der verlangte Betrag ist aus Sicht des Gerichts durch die beigebrachten Belege durchaus schlüssig dargetan und erscheint auch bei einem Flugpreis von weit über 500 € keineswegs unangemessen.

Die von der Zentralen Ausländerbehörde L geltend gemachten Kosten für die dortigen Aufwendungen im Rahmen der Beschaffung der Passersatzpapiere für den Kläger am 2. April 2009 fallen unter den Begriff der "Vorbereitung …der Maßnahme" im Sinne des § 67 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG.

Eine solche Beschaffung war angesichts der beharrlichen Untätigkeit des Klägers notwendig. Sie war zudem auch mit Blick auf die zu diesem Zeitpunkt geäußerte Bereitschaft zu einer freiwilligen Ausreise erforderlich, weil der Kläger selbst über keine anderweitigen, seine Einreise nach Russland ermöglichenden Identitätsnachweise verfügte. Dass die Abholung der Passersatzpapiere durch einen Mitarbeiter der Zentralen Ausländerbehörde eine angemessene und keineswegs abwegige Sachbehandlung war, liegt auf der Hand, nachdem amtsbekannt ist, dass derartige Papiere nur von Behörde zu Behörde gereicht werden. Wenn es bewährter Übung der ortsnahen und für die Durchführung derartiger Maßnahmen zuständigen Zentralen Ausländerbehörde L entspricht, anlässlich von Vorsprachen die Passersatzpapiere persönlich in Empfang zu nehmen, so ist dies aus Sicht des Gerichts nicht zu beanstanden; insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die Zentrale Ausländerbehörde und/oder der Beklagte auf einer Zusendung der Passersatzpapiere auf dem – dann zusätzlich abzusichernden und mithin für das Generalkonsulat mit erheblichem personellem Mehraufwand verbundenen – Postwege hätten bestehen müssen.

Die bei der Beschaffung angefallenen (anteiligen) Fahrtkosten sind nicht zu beanstanden. Angesichts dessen, dass das Russische Generalkonsulat in Bonn residiert, ist die berechnete Entfernung von 83 Km plausibel.

Der Einsatz behördeneigener Fahrzeuge wird nach Maßgabe der Kraftfahrzeugrichtlinien (KfzR) (RdErl. des Finanzministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen – B 2711 – 1.7 – IV A 3 - vom 5. März 1999, SMBl NRW Gliederungsnr. 20024) berechnet (Rd.Erl. des Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen – 15-39.22.01-5- vom 5. Dezember 2008, MBl. NRW. S. 592).

Die berechneten 0,45 € pro Km entsprechen dem in § 18 Abs. 1 Satz 2 lit. a) KfzR vorgesehenen Satz, der nach § 18 Abs. 1 Satz 2 KfzR die Reisekosten des Kraftfahrzeugführers einschließt (27. Kammer des Hauses, Urteil vom 7. Juli 2009 – 27 K 4910/08 -, u.B.a. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18. Juni 2001 - 18 A 702/97 -).

Die seitens der Zentralen Ausländerbehörde L bei der Abholung angefallenen Personalkosten können hingegen nicht verlangt werden.

Personalkosten sind im Kontext einer Abschiebung oder sonstigen Maßnahme im Sinne des § 67 AufenthG erstattungsfähig nur nach dessen Abs. 1 Nr. 3 und mithin nur, soweit sie durch eine erforderliche Begleitung des Ausländers entstanden sind. Außerhalb dessen können die allgemeinen oder laufenden Personalkosten der in Wahrnehmung eigener Zuständigkeit handelnden Behörde nicht geltend gemacht werden (Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 14. März 2006 – 1 C 5/05 -; Verwaltungsgericht Münster, Urteil vom 5. Mai 2011 – 8 K 61/10 -. Auch in Ziffer 1.2 des Rd.Erl. des Innenministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen – 15-39.22.01-5- vom 5. Dezember 2008, MBl. NRW. S. 592 werden sie nicht aufgeführt).

Denn sie fallen weder unter die Nr. 1 des § 67 Abs. 1 AufenthG, weil es dort explizit nur um die genannten Kosten "für den Ausländer" geht, noch zählen sie zu den nach § 67 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG abrechenbaren "Verwaltungskosten", weil diese nach der Legaldefinition in dem mangels ausdrücklicher Regelung hier ergänzend heranzuziehenden subsidiären § 1 Abs. 1 VwKostG nur "Gebühren und Auslagen" erfassen. Auslagen sind nach § 10 Abs. 1 Nr. 6 VwKostG insbesondere Reisekostenvergütungen und Auslagen bei Geschäften außerhalb der Dienststellen der Verwaltungsangehörigen (Verwaltungsgericht Münster, Urteil vom 5. Mai 2011 – 8 K 61/10 -).

Gründe, derentwegen der Gesetzgeber von Verfassungs wegen gehindert sein sollte, für den eng begrenzten Ausnahmefall einer Begleitung im Sinne de § 67 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG eine abweichende Regelung zu treffen, drängen sich dem Gericht nicht auf. Auch im Lichte des Art. 3 Abs. 1 GG lässt sich diese Spezialregelung damit rechtfertigen, dass eine solche Begleitung eines Ausländers häufig ein erhebliches Quantum an relativ unproduktiv genutzter Zeit beansprucht.

Eine Ausnahme bilden solche Personalkosten, die eine andere Behörde der verantwortlichen Behörde im Rahmen der von ihr geleisteten Amtshilfe für die Mitarbeiter der helfenden Behörde in Rechnung stellt; dabei handelt es sich um "Beträge, die anderen … Behörden … zustehen" im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 7 VwKostG, die wiederum als Ersatz von Auslagen "Verwaltungskosten" im Sinne des § 67 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG sein können. Abgrenzungskriterium ist dabei, ob die andere Behörde in eigener Zuständigkeit oder im Wege der Amtshilfe tätig wird; im ersteren Fall handelt es um grundsätzlich nicht erstattungsfähige allgemeine Personalkosten, letzeren falls um Auslagen, weil die helfende Behörde ihre Mitarbeiter der ersuchenden Behörde gleichsam leiht, so dass diese Mitarbeiter derweil nicht die der helfenden Behörde obliegenden Aufgaben erfüllen können, sondern fremdnützig eingesetzt werden. Dieser grundlegende Unterscheid ist auch eine hinreichende Rechtfertigung für die kostenrechtlich unterschiedliche Behandlung.

Hier war die Zentrale Ausländerbehörde L eingebunden, um eine Abschiebung des Klägers im Sinne des §67 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG vorzubereiten; es ging nicht um dessen Begleitung im Sinne des § 67 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass es sich bei dem hier tätigen Herrn W um einen regulären Mitarbeiter der Behörde handelt, der die Fahrt im Rahmenseiner Dienstgeschäfte und Dienstzeit vorgenommen hat, so dass hier die gleichsam ohnehin für ihn und sonst wegen anderweitiger Verwendung anfallenden allgemeinen Personalkosten verlangt würden. Die Beschaffung der Passersatzpapiere für den Kläger war aus Sicht der Zentralen Ausländerbehörde L keine Amtshilfe für den Beklagten, sondern sie handelte insoweit in eigener Zuständigkeit nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ZustAVO NRW vom 15. Februar 2005 (GV. NRW. S. 50, zuletzt geändert durch Verordnung vom 19. Juli 2011 (GV. NRW. S. 376), in dessen Absatz 2 auch ausdrücklich aufgezählt wird, bei welchen Tätigkeiten die Zentrale Ausländerbehörde im Wege der Amtshilfe eingeschaltet wird.

Die von der Ausländerbehörde Olpe geltend gemachten Aufwendungen für den Personal- und Fahrzeugeinsatz am Tage der geplanten Abschiebung fallen unter die in § 67 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG genannten, "durch eine erforderliche Begleitung des Ausländers entstehenden Kosten" und sind weder dem Grunde noch der Höhe nach zu beanstanden.

Die Begleitung des Klägers zu der angesetzten Abschiebung war erforderlich. Insoweit ist zeitlich und sachlich auf den Horizont der die Maßnahme betreibenden Ausländerbehörde des Beklagten im Zeitpunkt des Ersuchens um die Hilfe der Ausländerbehörde Olpe abzustellen. Nachdem der Kläger seine Absicht zur freiwilligen Ausreise am 16. April 2009 zumindest nicht nachweislich realisiert und seine Unterkunft im Bezirk des Beklagten aufgegeben hatte, bestand ab diesem Zeitpunkt durchaus hinreichender Anlass für die Annahme, er könne sich bei der schwangeren Verlobten aufhalten und dort für die Durchführung der Abschiebung angetroffen werden. Das Ersuchen hat der Beklagte eben auch erst an diesem Tage an die Schwesterbehörde gerichtet. Bis zum 23. April 2009 hatte sich für keine der beteiligten Ausländerbehörden ein Anhaltspunkt dafür ergeben, die Abschiebung könne noch entbehrlich werden.

Die Anzahl der eingesetzten Mitarbeiter muss angemessen sein (Verwaltungsgericht Stuttgart, Urteil vom 15. Februar 2011 – 6 K 3708/09 -).

Insoweit ist es hier nicht zu beanstanden, wenn die Ausländerbehörde P zwei Mitarbeiter einsetzt, um einen Ausländer, der es bis zur Notwendigkeit seiner Abschiebung hat kommen lassen, am vermuteten Aufenthaltsort abzuholen und zum Flugzeug zu begleiten, um die Sicherheit dieser Mitarbeiter zu gewährleisten und etwaigen Eskalationen von vornherein begegnen zu können. Dass der Kläger zuvor nicht als gewaltbereit aufgefallen war, ist in diesem Zusammenhang unerheblich, denn bloß im Interesse der Kostenminderung für den Abschübling das Risiko plötzlicher Ausfälligkeiten zu tragen, kann der Ausländerbehörde und deren Mitarbeitern schwerlich überbürdet werden.

Der zeitliche Aufwand ist jedenfalls inzwischen plausibel dargetan; immerhin mussten die Mitarbeiter sich zunächst um ein Dienstfahrzeug bemühen, damit die längere ländliche Strecke zur Wohnung der Verlobten zurücklegen und dort ihre Nachforschungen und Befragungen zum Verbleib des Klägers anstellen, bevor die Rückfahrt einschließlich der abschließenden Abwicklung anstand. Dass dies insgesamt mindestens drei Stunden erfordert hat, ist so einleuchtend, dass es allein mit einem schlichten Bestreiten oder dem Hinweis, es gebe kein schriftliches Protokoll dieser vermeintlich opulenten Maßnahme, nicht in Zweifel gezogen werden kann.

Dass die Entfernung zwischen P und Lennestadt hin und zurück 65 Km beträgt, ist nicht bestritten und plausibel. Der Ansatz von 0,45 € pro Km ist korrekt.

Und bei der hier an sich beabsichtigten Begleitung des Klägers zur Abschiebung sind auch die dabei entstandenen Personalkosten in der Ermächtigungsgrundlage des § 67 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG ausdrücklich als abrechenbare Positionen genannt. Der Höhe nach sind sie mit 15 € pro Stunde evident angemessen, ohne dass es einer Prüfung dessen bedürfte, dass die Ausländerbehörde hier zwei pensionierte Polizisten auf Honorarbasis zu diesem Tarif eingesetzt hat, zumal bei Einsatz eigner Mitarbeiter aller Voraussicht nach höhere Kosten entstanden wären.

Es ist schließlich nicht zu beanstanden, dass der Beklagte angesichts des Vorliegens der Voraussetzungen einen Leistungsbescheid erlassen hat, denn die Heranziehung des Pflichtigen ist nach dem Wortlaut des § 67 Abs. 3 Satz 1 AufenthG der Regelfall. Ermessenserwägungen sind nur bei besonderem Anlass (Verwaltungsgericht Ansbach, Urteil vom 1. Februar 2011 – AN 19 K 10.01054 -; Verwaltungsgericht Stuttgart, Urteil vom 15. Februar 2011 – 6 K 3708/09 -). [...]