VG Düsseldorf

Merkliste
Zitieren als:
VG Düsseldorf, Beschluss vom 14.04.2011 - 21 L 625/11.A - asyl.net: M18481
https://www.asyl.net/rsdb/M18481
Leitsatz:

Die Rechtmäßigkeit der Ablehnung des Asylantrags als "offensichtlich unbegründet" und der Verweigerung der Einreise im Flughafenverfahren begegnet ernstlichen Zweifeln. Die syrischen Geheimdienste gehen gerade gegen einfache Mitglieder oder auch nur Mitläufer von Organisationen wie der YEKITI mit einer gewissen Unberechenbarkeit vor.

Schlagwörter: Asylverfahren, Flughafenverfahren, vorläufiger Rechtsschutz, offensichtlich unbegründet, Einreiseverweigerung, Syrien, Kurden, Yekiti, Glaubhaftmachung, Glaubwürdigkeit, Bundespolizei, örtliche Zuständigkeit, ernstliche Zweifel
Normen: AsylVfG § 18a, AsylVfG § 18a Abs. 3 S. 1, VwGO § 52 Nr. 2 S. 3, AsylVfG § 18a Abs. 4 S. 6, AsylVfG § 36 Abs. 4 S. 1, GG Art. 16a Abs. 4 S. 1, AsylVfG § 30 Abs. 3 Nr. 1, AsylVfG § 18a Abs. 5 S. 2
Auszüge:

[...]

Der beschließende Einzelrichter gelangt zu dem Ergebnis, dass mit diesen Überlegungen durchgreifende, das Offensichtlichkeitsurteil rechtfertigende Bedenken hinsichtlich der Glaubhaftigkeit der Angaben des Antragstellers nicht begründet werden können. Hierbei hat sich das Gericht an der gesetzlichen Vorgabe des § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG zur Ablehnung als offensichtlich unbegründet wegen eindeutig unwahrer Angaben orientiert. Der Antragsteller hat einen Hergang geschildert, wie er nach den Erkenntnissen, die das Gericht in Verfahren der vorliegenden Art gewonnen hat, in Syrien durchaus vorkommt. Die Vorgehensweise der nebeneinander agierenden syrischen Geheimdienste ist unter anderem dadurch gekennzeichnet, dass in einer gewissen Unberechenbarkeit gerade gegen einfache Mitglieder oder auch nur Mitläufer von Organisationen wie der YEKITI vorgegangen wird, um Unsicherheit hervorzurufen und die Nachwuchsgewinnung solcher Gruppierungen zu stören. Hierbei entspricht es durchaus den Gepflogenheiten, dass - wie es auch der Antragsteller geschildert hat - eine Kontaktaufnahme mit dem Betroffenen in aller Öffentlichkeit erfolgt, was den Effekt hat, dass der Angegangene in seinem Freundeskreis diskreditiert und dem Verdacht ausgesetzt wird, er arbeite tatsächlich mit dem Geheimdienst zusammen. Dieses zielt nicht zuletzt darauf ab zu bewirken, dass der Betroffene wegen des nun hervorgerufenen Misstrauens seitens politisch engagierter Personen von der - möglicherweise nur unterstellten - gemeinsamen regimekritischen Betätigung ausgeschlossen wird. Im übrigen lässt die Schilderung des Antragstellers in sich keine Widersprüche erkennen; sie enthält durchaus eine Reihe von Details und eher nebensächlichen Umständen und sie wirkt frei von Übertreibungen.

Hiervon zu trennen ist die in der angefochtenen Entscheidung weiterhin aufgeworfene Frage, mit welchem Grad an Wahrscheinlichkeit ein lediglich in einer wenig bedeutsamen Funktion in kurdischen Organisationen wie der nicht zugelassenen YEKITI mitwirkender junger Mann tatsächlich mit schwerwiegenden Nachteilen (längere Inhaftierung, Folter) rechnen müsste. Die Ausführungen zum Umgang der syrischen Behörden mit den kurdischen Organisationen entsprechen den auch dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen. Sie tragen jedoch nicht die Bewertung des Vorbringens des Antragstellers als eindeutig unglaubhaft, auf die das Offensichtlichkeitsurteil gestützt wird. Dieses wird nicht aus einer solchen Gefährdungsabschätzung hergeleitet, die im übrigen angesichts der bereits erwähnten Unberechenbarkeit der syrischen Dienste nicht einfach zu treffen ist, sondern stützt sich allein auf die angeführten Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Angaben. Diese Einschätzung zur Glaubhaftigkeit ist jedoch aus der Sicht des Gerichts ihrerseits aus den genannten Gründen erheblichen Bedenken ausgesetzt.

Dem Antragsteller ist damit die Einreise zur Fortführung des Asylverfahrens zu gestatten [...]