VG Saarland

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Zitieren als:
VG Saarland, Beschluss vom 25.01.2011 - 5 L 46/11 - asyl.net: M18126
https://www.asyl.net/rsdb/M18126
Leitsatz:

Ablehnung eines Eilantrags gegen eine Dublin-Überstellung nach Italien. Das Gericht geht davon aus, dass in Italien anders als wohl derzeit in Griechenland trotz gewisser Mängel generell eine ordnungsgemäße Durchführung eines Asylverfahrens gewährleistet ist.

Schlagwörter: Dublin II-VO, Dublinverfahren, vorläufiger Rechtsschutz, Italien
Normen: AsylVfG § 27a, AsylVfG § 34a Abs. 2, VO 343/2003 Art. 18 Abs. 7
Auszüge:

[...]

Es kann nicht festgestellt werden, dass die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Zulässigkeit des Antrags unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gegeben ist. So kann nicht davon ausgegangen werden, dass dem Antragsteller im Falle einer Abschiebung nach Italien eine auch nur annähernd vergleichbare Gefährdungssituadon droht, wie sie im Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 14.05.1996 skizziert worden ist. Das Gericht geht davon aus, dass in Italien anders als wohl derzeit in Griechenland generell eine ordnungsgemäße Durchführung eines Asylverfahrens gewährleistet ist. Da es sich bei den Mitgliedstaaten der Europäischen Union um sichere Drittstaaten i.S.d. Art. 16a Abs. 2 GG bzw. § 26a AsylVfG handelt, ist schon aufgrund des diesen Vorschriften zugrunde liegenden normativen Vergewisserungskonzeptes davon auszugehen, dass dort die Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) und der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) sichergestellt ist. Zudem beruht die Verordnung EG Nr. 343/2003 auf der Prämisse, dass die zuverlässige Einhaltung der GFK sowie der EMRK in allen Mitgliedstaaten gesichert ist. Zwar mag ein zur Unanwendbarkeit des § 34a Abs. 2 AsylVfG führender Ausnahmefall auch dann vorliegen, wann ein europäischer Drittstaat in feststellbarer Weise insbesondere weder die Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß der Richtlinie 2005/85/EG des Rates vom 01.12.2005 (ABl EG 2005, L 326 S. 13) einhält noch den Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern in den Mitgliedstaaten gemäß der Richtlinie 2003/9/EG des Rates vom 27.01.2003 (ABl EG 2003 L 31 S. 1) Rechnung trägt. Es ist auf Grund der vorliegenden Erkenntnisse davon auszugehen, dass trotz gewisser Mängel in Italien grundsätzlich Asylverfahren durchgeführt werden, die den genannten Vorschriften entsprechen. Der vom Antragsteller vorgelegte Bericht von Frau Maria Bethke (Verfahrensberaterin für Asylsuchende) und Dominik Bender (Rechtsanwalt) mag zwar gewisse Defizite in der Behandlung insbesondere abgelehnter Asylbewerber in Italien aufzeigen. Dieser Bericht ist jedoch nicht geeignet darzulegen, dass generell alle nach Italien zurückgeschobenen Asylbewerber in einer Art und Weise behandelt werden, die den Vorgaben der einschlägigen Richtlinien bzw. der EMRK widersprechen. Daher ist davon auszugehen, dass zumindest dann, wenn der Antragsteller keine konkreten, seinen Fall betreffenden Tatsachen glaubhaft machen kann, wonach ihm eine nicht diesen Regelungen entsprechende Behandlung droht, eine Untersagung der Rückführung nach Italien nicht in Frage kommt (so auch VG München, Beschluss vom 04.01.2011 - M 22 E 10.31257 -, zit. nach www.asyl.net; VG Düsseldorf, Beschluss vom 07.01.2011 - 21 L 2285/10.A -, zit. nach juris; a.A. VG Köln, Beschlüsse vom 10.01.2011 - 20 L 1920/10.A -, (ASYLMAGAZIN 2011, 18 = juris) und vom 11.01.2011 - 16 L 1913/10. -; VG Darmstadt, Beschlüsse vom 09.11.2010 - 4 L 1455/10.DA.A(1) - und vom 11.01.2011 - L 1889/10. DA.A -; VG Weimar, Beschluss vom 15.12.2010 -5 E 20190/10 We -, jew. zit. nach www.asyl.net).

Der Antragsteller hat keine Ausführungen dazu gemacht, dass es gerade in seinem Fall zu erwarten wäre, dass sich die italienischen Behörden weigerten, ein den einschlägigen Richtlinien entsprechendes Verfahren durchzuführen. Vielmehr ergibt sich aus dem Vortrag des Antragstellers bei seiner Vernehmung durch die Bundespolizei, dass die italienischen Behörden seinen Asylantrag entgegengenommen, ihm ein Ausweispapier ausgestellt und ihn in ein Aufnahmelager gebracht haben. Dort ist er aber bereits am nächsten Tag wieder "abgehauen", da er dort schlecht verpflegt worden sei. Diese Aussagen sind aber kaum geeignet zu belegen, dass dem Antragsteller in Italien ein menschenrechtswidriges und europäisches Recht verletzendes Verfahren droht. Hinsichtlich der Frage, ob der Antragsteller in Italien ein Asylverfahren durchführen kann, ist zudem zu berücksichtigen, dass nach dem Eintrag in der EURODAC-Datenbank der Antragsteller in Italien bereits als Asylantragsteller registriert ist, was ebenfalls gegen eine generelle Weigerung der italienischen Behörden spricht, Asylverfahren durchzuführen. Auf Grund der Angaben des Antragstellers muss vielmehr davon ausgegangen werden, dass sein Reiseziel von Anfang an die Bundesrepublik Deutschland war und er deshalb überhaupt nicht die Absicht hatte, in Italien ein Asylverfahren durchzuführen, unabhängig davon, welches Verfahren er hätte dabei durchlaufen müssen. [...]