OVG Nordrhein-Westfalen

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Zitieren als:
OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 14.12.2010 - 19 A 1491/05 - asyl.net: M18100
https://www.asyl.net/rsdb/M18100
Leitsatz:

Das Verwertungsverbot des § 51 Abs. 1 BZRG erfasst nicht diejenigen Handlungen eines Einbürgerungsbewerbers in der Vergangenheit, die als Verfolgungs- oder Unterstützungshandlungen im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 1 StAG zu qualifizieren sind (hier: Unterstützung der PKK). Denn § 11 Abs. 1 Nr. 1 StAG normiert einen neben der Einbürgerungsvoraussetzung der Straffreiheit in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG systematisch selbständigen Ausschlussgrund. Dieser ist ein unbefristetes Einbürgerungshindernis, als dessen Folge der Ausländer glaubhaft machen muss, dass er sich davon abgewandt hat.

Schlagwörter: Einbürgerung, Staatsangehörigkeitsrecht, Verfassungsfeindliche Bestrebungen, PKK, Ausschlussgrund, Unterstützung, Abwendung, KADEK, Kongra Gel, Verwertungsverbot, Wiederholungsgefahr, Glaubhaftmachung,
Normen: StAG § 11 S. 1 Nr. 1, StAG § 8 Abs. 1, BZRG § 51 Abs. 1, StAG § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 5, StAG § 12a Abs. 1, BZRG § 52 Abs. 1 Nr. 1
Auszüge:

[...]

Die Einbürgerung des Klägers ist nach § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift besteht kein Einbürgerungsanspruch, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Einbürgerungsbewerber Bestrebungen unterstützt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind (1. Alternative) oder die eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben (2. Alternative) oder die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden (3. Alternative), es sei denn, der Ausländer macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat.

Der Kläger hat die PKK und damit eine Bestrebung unterstützt, die die 1. und die 3. Alternative des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG erfüllt (A.). Er hat auch nicht glaubhaft gemacht, dass er sich von der früheren Unterstützung der PKK abgewandt hat (B.).

A. 1. Bei der PKK und ihren Nachfolgeorganisationen KADEK und KONGRA GEL handelt es sich um eine Bestrebung, die sowohl im Sinn der 1. Alternative des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG gegen die innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gerichtet ist, als auch im Sinn der 3. Alternative dieser Vorschrift durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährdet. Die PKK ist auch nach ihrem Strategiewechsel im Jahr 2001 eine international vernetzte, nach dem Kaderprinzip geführte, strikt hierarchisch aufgebaute Organisation geblieben, die ihr politisches Ziel eines selbstständigen Kurdistan in der Türkei mit Waffengewalt verfolgt und bei ihrem bewaffneten Kampf gegen den türkischen Staat immer wieder auch terroristische Methoden anwendet. Auch in Deutschland verfolgt die PKK ihre Ziele nach wie vor mit gewaltsamen Mitteln, wie sich insbesondere aus Verurteilungen führender PKK-Funktionäre wegen Schleusung von Guerilla-Kämpfern, Schutzgelderpressungen und Menschenraub ergibt. Das vergleichsweise "friedliche" Auftreten der PKK in Europa stellt sich als Teil einer langjährigen Doppelstrategie dar, zu der die Ankündigung eines Waffenstillstandes in den Kurdengebieten ebenso gehört wie die gleichzeitige Inanspruchnahme eines Rechts auf "legitime Selbstverteidigung (Bundesministerium des Innern, Verfassungsschutzbericht 2009, S. 288 ff.; BVerwG, EuGH-Vorlagebeschluss vom 24. 2. 2010 6 A 7/08 , juris, Rdn. 46; OVG Bremen, Beschluss vom 26.10.2010 - 1 A 111/09 -, juris, Rdn. 10).

Für die Erfüllung der 1. Alternative des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG ist maßgeblich, dass sie die innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland seit vielen Jahren dadurch gefährdet, dass sie Spendengelderpressungen und Bestrafungsaktionen durchführt, mit denen sie das staatliche Gewaltmonopol in Frage stellt. Für die Erfüllung der 3. Alternative des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG ist maßgeblich, dass die PKK trotz der verkündeten "Friedensoffensive" an der Aufrechterhaltung militärischer Kampfeinheiten im kurdischen Siedlungsgebiet der Türkei festhält und mit diesen Einheiten nach wie vor Waffengewalt anwendet (Bundesministerium des Innern, Verfassungsschutzbericht 2009, S. 289; OVG Bremen, a.a.O., Rdn. 10; Bay. VGH, a.a.O., Rdn. 30).

Dementsprechend hält das Bundesministerium des Innern das im Jahr 1993 ausgesprochene Betätigungsverbot der PKK bis heute aufrecht (dazu Saarl. OVG, Beschlüsse vom 21.8.2008 - 1 A 229/07 -, juris, Rdn. 15, und vom 9.3.2006 - 1 Q 4/06 -, NVwZ-RR 2006, 824, juris, Rdn. 5).

Auch der Rat der EU hat seinen Beschluss vom 2. 5. 2002, die PKK in die europäische Liste der terroristischen Organisationen aufzunehmen, noch vor wenigen Monaten erneuert. Die Aufnahme der PKK in diese Liste erlaubt die Feststellung, dass diese Vereinigung terroristischer Art ist.

Nr. 2.16 des Anhangs der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 610/2010 des Rates vom 12.7.2010 zur Durchführung des Artikels 2 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 2580/2001 über spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus und zur Aufhebung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1285/2009.; vgl. auch EuGH, Urteil vom 9. 11. 2010 - C-57/09 -, juris, Rdn. 90).

2. Der Kläger hat den Ausschlussgrund des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG jeweils selbstständig tragend durch mehrere Unterstützungshandlungen zum Vorteil der PKK verwirklicht. Der Unterstützungsbegriff in dieser Bestimmung erfasst jede Handlung eines Ausländers, die für eine der vorgenannten Bestrebungen objektiv vorteilhaft ist, die dieser Ausländer für ihn erkennbar und von seinem Willen getragen zum Vorteil dieser Bestrebungen vornimmt und die nach Art und Gewicht auf eine dauernde Identifikation des Ausländers mit diesen Bestrebungen schließen lässt (BVerwG, Urteile vom 22.2.2007 - 5 C 20.05 -, BVerwGE 128, 140, juris, Rdn. 18 m.w.N. (PKK- Selbsterklärung), und vom 2.12.2009 - 5 C 24.08 -, BVerwGE 135, 302, juris, Rdn. 16 (IGMG-Ortsverbandsvorsitzender); OVG NRW, Beschluss vom 30. 11. 2009 - 19 A 3003/07 -, S. 2 des Beschlussabdrucks; OVG Bremen, a.a.O., Rdn. 4; Berlit, in: GK-StAR IV-2, Stand: November 2010, § 11, Rdn. 98).

Unterstützungshandlungen des Klägers in diesem Sinn waren erstens die Passfälschungen, die er in der Zeit von 1988 bis Februar 1994 unter dem Decknamen "O." für die PKK von ... aus für zumindest deutschlandweit operierende PKK-Kader vorgenommen hat (a) und zweitens seine Teilnahme an der versuchten Erstürmung der SPD-Parteigeschäftsstelle in ... durch PKK-Anhänger am 17. 2. 1999 (b).

a) Der Senat bewertet die Tätigkeit des Klägers als Passfälscher der PKK als Unterstützungshandlung im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG und nicht lediglich, wie das Verwaltungsgericht angenommen hat, als Unterstützungsverdacht (zu diesem Unterschied: BVerwG, Urteile vom 22.2 2007, a.a.O., Rdn. 19 f., und vom 2.12.2009, a.a.O., Rdn. 15).

Denn der Senat sieht die Identität des Klägers mit dem unter dem Decknamen "O. " tätigen Passfälscher der PKK als sicher nachgewiesen an. Seine volle richterliche Überzeugungsgewissheit dieses Nachweises im Sinne des § 108 Abs. 1 VwGO gewinnt er aus denjenigen Indizien, aus denen bereits das Verwaltungsgericht zutreffend geschlossen hat, es habe "keinen Zweifel hinsichtlich der Identität von Kläger und O. " (aa). Die hiernach vom Kläger unter dem genannten Decknamen begangenen Passfälschungen erfüllen alle Merkmale einer Unterstützungshandlung im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG (bb).

aa) Stärkste Indizien für die Identität des Klägers mit "O." sind das entsprechende Geständnis seiner Ehefrau anlässlich der Wohnungsdurchsuchung am 5.7.1989 sowie die Erwähnung des O. als Ehemann der G. auf einer der drei Musikkassetten, die die ... Polizei am 23.3.1988 in der Wohnung ... beschlagnahmt hatte. [...]

Die Aussagekraft dieses Indizes wird auch nicht dadurch gemindert, dass die Identität des Fragestellers nicht bekannt ist und der Senat ihn daher nicht als Zeugen vernehmen kann. Denn der in § 96 Abs. 1 VwGO auch für den Verwaltungsprozess verankerte Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme erfordert im vorliegenden Fall entgegen der Auffassung des Klägers weder die Identifizierung des Fragestellers zum Zweck seiner Vernehmung als Zeuge noch das Abspielen der Musikkassetten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat. Vielmehr kann der Senat seine Überzeugungsgewissheit zum genannten Indiz auch aus dem Aktenvermerk des Bundeskriminalamtes sowie aus dem von diesem angefertigten Wortlautprotokoll der Musikkassetten ableiten. Weder aus § 96 Abs. 1 VwGO noch aus einer sonstigen Verfahrensvorschrift lässt sich ableiten, dass es den Verwaltungsgerichten nur bei Zustimmung der Verfahrensbeteiligten erlaubt wäre, den Inhalt beigezogener und zum Gegenstand der Verhandlung gemachter Akten im Wege des Urkundenbeweises zu verwerten. Der Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme erfordert es lediglich, benannte und mit zumutbarem Aufwand erreichbare Zeugen selbst zu vernehmen und nicht deren in einem anderen Verfahren gemachte Aussagen im Wege des Urkundenbeweises heranzuziehen, sofern der Beteiligte entscheidungserhebliche Tatsachen substantiiert bestreitet und einer Heranziehung des Urkundenbeweises durch einen ausdrücklich auf die Zeugenvernehmung gerichteten Beweisantrag widerspricht oder sich diese dem Gericht aus anderen Gründen aufdrängt (BVerwG, Beschlüsse vom 25. 8. 2008 2 B 18.08 , juris, Rdn. 13, und vom 22.11.1991 - 1 B 142/91 -, NJW 1992, 1186, juris, Rdn. 2 m.w.N.).

Hier hat der Kläger keinen Beweisantrag auf Vernehmung des ohnehin namentlich nicht bekannten Fragestellers gestellt. Im zugelassenen Berufungsverfahren hat er auch nicht das Abspielen der Musikkassetten beantragt. Beide Aufklärungsmaßnahmen drängen sich auch nicht auf, weil keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass das Bundeskriminalamt den Inhalt der Musikkassetten fehlerhaft in das Wortlautprotokoll übertragen haben könnte. [...]

Ebenso deuten auch die im Keller der Wohnung ... beschlagnahmten Gegenstände auf die Identität des Klägers mit "O." hin. Für diese Indizwirkung genügt es, dass diese objektiv geeignet sind, Passfälschungen vorzunehmen. Nur auf diese objektive Eignung hat auch das Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil zutreffend abgestellt. Der Kläger hat in seiner Anhörung durch den Beklagten am 23. 5. 2006 auch nicht überzeugend erklärt, welchem anderen Zweck diese Gegenstände gedient haben sollen. Seine darauf bezogenen Erklärungsversuche sind vielmehr ebenso wechselhaft und realitätsfern wie seine sonstigen Einlassungen. [...]

Indiz für eine enge Verbindung des Klägers mit der PKK ist schließlich auch der Umstand, dass seine Ehefrau nach seiner Festnahme im März 1994 innerhalb von zwei Tagen eine Kaution in Höhe von 20.000 DM hinterlegen konnte, um seine Entlassung aus der Untersuchungshaft herbeizuführen. Der Kläger selbst hatte in seiner Vernehmung durch den Ermittlungsrichter des BGH noch erklärt, aus eigenen Mitteln keine Kaution aufbringen zu können. Auch überstieg die Größenordnung dieses Betrages den dem Kläger damals privat zur Verfügung stehenden finanziellen Rahmen bei weitem. [...]

bb) Die hiernach vom Kläger unter dem genannten Decknamen begangenen Passfälschungen erfüllen alle Merkmale einer Unterstützungshandlung im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG. Sie waren für die PKK objektiv vorteilhaft und lassen nach Art und Gewicht auf eine dauernde Identifikation des Klägers mit der PKK und ihren politischen Zielen schließen, weil der Kläger eine herausgehobene Vertrauensstellung innerhalb der Organisation innehatte, die, wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat (S. 8 des Urteilsabdrucks), allein schon in der Vergabe eines Decknamens an ihn zum Ausdruck kommt.

b) Unabhängig davon hat der Kläger eine Unterstützungshandlung im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG auch dadurch begangen, dass er sich an der versuchten gewaltsamen Erstürmung der SPDParteizentrale in ... am 17.2.1999 beteiligt hat. [...]

3. Der Beklagte kann dem Kläger die beiden vorgenannten Unterstützungshandlungen auch nach wie vor entgegen halten. Dem steht insbesondere nicht das Verwertungsverbot des § 51 Abs. 1 BZRG entgegen. Nach dieser Vorschrift dürfen die Tat und die Verurteilung dem Betroffenen im Rechtsverkehr nicht mehr vorgehalten und nicht zu seinem Nachteil verwertet werden, wenn die Eintragung über eine Verurteilung im Register getilgt worden oder wenn sie zu tilgen ist. Dieses Verwertungsverbot erfasst schon nicht diejenigen Handlungen eines Einbürgerungsbewerbers in der Vergangenheit, die als Verfolgungs- oder Unterstützungshandlungen im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG zu qualifizieren sind. Denn § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG normiert einen neben der Einbürgerungsvoraussetzung der Straffreiheit in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG systematisch selbstständigen Ausschlussgrund. Dieser ist ein unbefristetes Einbürgerungshindernis, als dessen Folge der Ausländer glaubhaft machen muss, dass er sich abgewandt hat (Berlit, a.a.O., § 11, Rdn. 78, 149 f.; vgl. auch VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16. 4. 2008 13 S 298/06 , InfAuslR 2008, 398, juris, Rdn. 23; a. A. VG Stuttgart, Urteil vom 21.7.2008 - 11 K 1941/08 -, juris, Rdn. 26).

Gegen die Anwendbarkeit des § 51 Abs. 1 BZRG spricht zudem, dass verfassungsfeindliche Verfolgungs- oder Unterstützungshandlungen den Ausschlussgrund des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG unabhängig davon erfüllen, ob sie im Einzelfall strafbar sind und zu einer strafrechtlichen Verurteilung geführt haben. Wenn aber schon strafrechtlich irrelevante oder im Sinne des § 12a Abs. 1 StAG geringfügige Handlungen den Ausschlussgrund des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG zeitlich unbefristet auslösen, muss dies erst recht für solche gelten, die zu einer Strafverurteilung geführt haben, die in das Bundeszentralregister eingetragen und dort zwischenzeitlich getilgt oder tilgungsreif sind. Hätte der Gesetzgeber verfassungsfeindliche Aktivitäten eines Einbürgerungsbewerbers nur insoweit berücksichtigt wissen wollen, als diese zugleich zu einer Strafverurteilung geführt haben und diese nach den Regeln des BZRG noch verwertbar ist, hätte es des Ausschlussgrundes des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG neben den §§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, 12a StAG nicht bedurft (im Ergebnis ebenso Berlit, a.a.O., § 11, Rdn. 78).

Selbst wenn man § 51 Abs. 1 BZRG abweichend hiervon auf den Ausschlussgrund des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG anwendete, erfasste das Verwertungsverbot nur die Beteiligung des Klägers an der versuchten gewaltsamen Erstürmung der SPD-Parteizentrale in ... am 17. 2. 1999, wegen der ihn das Amtsgericht ...zu einer Geldstrafe in Höhe von 20 Tagessätzen verurteilt hat. Seine Passfälschertätigkeit wäre hingegen nicht vom Verwertungsverbot erfasst, weil sie nicht zu einer Strafverurteilung geführt hat.

Sieht man abweichend hiervon § 52 BZRG als eine abschließende Normierung aller Ausnahmen vom Verwertungsverbot des § 51 Abs. 1 BZRG an, ändert auch dies hier nichts am Ergebnis. Denn beide Unterstützungshandlungen des Klägers erfüllen jedenfalls den Ausnahmetatbestand des § 52 Abs. 1 Nr. 1 BZRG. Nach dieser Vorschrift darf die frühere Tat abweichend von § 51 Abs. 1 BZRG nur berücksichtigt werden, wenn die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder eine Ausnahme zwingend gebietet. Die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und seiner Länder ist hier betroffen, weil die Unterstützungshandlungen des Klägers nach dem oben Ausgeführten die 1. Alternative des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG erfüllen (innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland). Diese gebietet hier auch "zwingend" eine Ausnahme vom Verwertungsverbot. Versteht man diese Einschränkung rein gesetzestechnisch, ist sie schon deshalb erfüllt, weil § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG die Einbürgerung ausschließt, ohne der Behörde ein Ermessen oder einen Beurteilungsspielraum zu eröffnen (dazu BVerwG, Urteil vom 2. 12. 2009, a.a.O., Rdn. 17; Berlit, a.a.O., § 11, Rdn. 74 und 86).

Abgesehen davon ist im vorliegenden Fall ist eine Ausnahme nach § 52 Abs. 1 Nr. 1 BZRG jedenfalls deshalb zwingend geboten, weil der Kläger der Unterstützung der PKK nicht nur verdächtig ist, sondern der Senat sie bei ihm aus den genannten Gründen als erwiesen ansieht.

B. Der Kläger hat nicht glaubhaft gemacht, dass er sich von der früheren Unterstützung der PKK abgewandt hat.

Das Abwenden von verfassungswidrigen Bestrebungen ist ein innerer Vorgang. Der Ausländer muss einen individuellen Lernprozess durchlaufen haben, der zunächst einmal die Einsicht in die Verfassungswidrigkeit seiner früheren Unterstützungshandlungen voraussetzt und der zu einer Veränderung seiner inneren Einstellung dergestalt geführt hat, dass eine Wiederholungsgefahr dauerhaft oder jedenfalls nachhaltig entfallen ist. Auch ein kollektiver Lernprozess kann ausreichen, sofern der Ausländer diesen als auch für sich verbindlich innerlich akzeptiert. Folgerichtig genügt ein bloß äußeres zeitweiliges oder situationsbedingtes Unterlassen der früheren Unterstützungshandlungen nicht (VGH Bad.-Württ., a. a. O., Rdn. 25; Nds. OVG, Beschluss vom 10. 2. 2009 13 LA 89/08 , juris, Rdn. 4 ; OVG NRW, Beschluss vom 26. 10. 2005 - 19 E 1274/04 -).

Auf der Ebene der Glaubhaftmachung kann die Dauer der verstrichenen Zeit zwischen der letzten Unterstützungshandlung und der Beurteilung des Einbürgerungsbewerbers zu berücksichtigen sein. Auch Art, Gewicht und Häufigkeit der Handlungen sind für die an die Glaubhaftmachung zu stellenden Anforderungen maßgeblich. Je geringer das Gewicht der Unterstützungshandlungen ist und je länger sie zurückliegen, desto eher wird es dem Einbürgerungsbewerber gelingen, glaubhaft zu machen, dass er sich von den in § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG inkriminierten Bestrebungen dauerhaft abgewandt hat (VGH Bad.-Württ., a.a.O., Rdn. 25; a.a.O., § 11, Rdn. 158).

Nach diesen Maßstäben hat der Kläger eine Abwendung von seiner früheren PKK-Unterstützung nicht glaubhaft gemacht. Es fehlt bereits an der Grundvoraussetzung einer solchen Abwendung, nämlich der Einsicht des Klägers in die Verfassungswidrigkeit seiner früheren Unterstützungshandlungen für die PKK. Im Kern leugnet er nach wie vor alle gegen ihn erhobenen Vorwürfe und zudem sind seine Angaben zu einzelnen Vorwürfen in wesentlichen Punkten so wechselhaft und uneinheitlich, dass der Senat die Angaben des Klägers hierzu für insgesamt unglaubhaft hält.

Einheitlich und gleichbleibend sind die Einlassungen des Klägers lediglich zu dem gewichtigsten gegen ihn erhobenen Vorwurf, unter dem Decknamen "O." für die PKK Pässe gefälscht zu haben. [...]

Demgegenüber hat der Kläger die Vorwürfe seiner Beteiligung an der versuchten Besetzung der ... SPD-Parteizentrale im Februar 1999 und seiner Unterschrift unter die PKK-Selbsterklärung im Juni 2001 anfangs geleugnet, zwischenzeitlich eingeräumt und dann wieder geleugnet. [...]

Unglaubhaft ist auch seine Behauptung anlässlich seiner Anhörung am 21. 8. 2001, nicht für die PKK tätig zu sein und dass es sich bei der "Versammlung" am 17. 2. 1999 um eine "einmalige Angelegenheit" gehandelt habe. Denn in dieser Erklärung hat der Kläger nach Überzeugung des Senats die Unwahrheit gesagt. Das ergibt sich nicht nur aus den oben erwähnten Unterstützungshandlungen des Klägers für die PKK, sondern vor allem auch daraus, dass er noch wenige Wochen zuvor am 9.6.2001 die PKK-Selbsterklärung unterzeichnet hatte. In dieser Erklärung heißt es unter anderem ausdrücklich: "Weiterhin erkläre ich mich der PKK zugehörig." Auch in seinem Asylantrag vom 31.10.1980 hatte er sich ausdrücklich dazu bekannt, PKK-Mitglied zu sein und als solches in der Türkei festgenommen, gequält und geschlagen worden zu sein.

Der Kläger hat sich mit der Unterzeichnung der Selbsterklärung auch nicht einen kollektiven Lernprozess der PKK zu Eigen gemacht, mit dem sich diese dauerhaft und nachhaltig von gewaltsamen und rechtsstaatswidrigen Methoden zur Durchsetzung ihrer politischen Ziele losgesagt hätte. Denn der mit der Selbsterklärungskampagne vom Sommer 2001 propagierte "strategische Wechsel" hat, wie oben ausgeführt, an der Verfassungswidrigkeit der Bestrebungen der PKK nichts geändert. Dass der Kläger selbst dies anders beurteilt haben mag, ändert daran nichts. Insoweit trägt er das Risiko einer anderslautenden Beurteilung durch die maßgeblichen deutschen Verfassungsschutzorgane und Gerichte. Dieses Risikos war er sich auch bewusst, wie sich aus dem abschließenden Satz seiner Selbsterklärung ergibt: "Weiterhin erkläre ich, dass ich dieses Verbot nicht anerkenne und sämtliche Verantwortung übernehme, die sich daraus ergibt." [...]