OVG Bremen

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Zitieren als:
OVG Bremen, Beschluss vom 07.01.2011 - 1 B 153/10 - asyl.net: M18060
https://www.asyl.net/rsdb/M18060
Leitsatz:

Bei einem 4-semestrigen Masterstudiengang, der in englischer Sprache abgehalten wird, ist es in der Regel nicht geboten, ausländischen Studenten einen Erschwernisaufschlag im Sinne von Nr. 16.1.1.6.2 AAV-AufenthG in Höhe von 3 Semestern zu gewähren.

(Amtlicher Leitsatz)

Schlagwörter: Aufenthaltserlaubnis, Studium, Verlängerungsantrag, vorläufiger Rechtsschutz, Aufenthaltszweck, Aufschlag, Erschwernis, Verhältnismäßigkeit,
Normen: AufenthG § 16 Abs. 1 S. 5
Auszüge:

[...]

Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die Ablehnung der Verlängerung einer ihm zum Zwecke des Studiums erteilten Aufenthaltserlaubnis und eine gegen ihn verfügte Abschiebungsandrohung.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die vorgetragenen Gründe, auf deren Überprüfung der Senat beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen keine Abänderung der angefochtenen Entscheidung.

Die Voraussetzungen für eine Verlängerung der dem Antragsteller von der Antragsgegnerin zum Zweck der Durchführung des Masterstudiums im Fach Environmental Physics an der Universität Bremen ab dem Wintersemester 2007/2008 erteilten Aufenthaltserlaubnis liegen nicht vor. Gemäß § 16 Abs. 1 Satz 5, 2. Halbsatz AufenthG kann die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn der Aufenthaltszweck noch nicht erreicht ist und in einem angemessenen Zeitraum, d.h. im Rahmen eines ordnungsgemäßen Studiums, noch erreicht werden kann.

Ein ordnungsgemäßes Studium liegt regelmäßig vor, solange der Ausländer die tatsächliche durchschnittliche Studiendauer – ergänzt um einen Aufschlag wegen der Erschwernisse, die für diesen Personenkreis bei Durchführung des Studiums häufig bestehen – nicht überschreitet (OVG Bremen, Beschluss vom 30.06.2008 – 1 B 272/08). Die durchschnittliche tatsächliche Studiendauer im Masterstudiengang Environmental Physics beträgt nach der Auskunft der Universität Bremen vom 27.10.2010 derzeit ca. 4,4 Semester. Für den Aufschlag nennt Nr. 16.1.1.6.2 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum AufenthG einen Zeitraum von 3 Semestern. Im vorliegenden Fall liegen mehrere Gründe vor, die Anlass geben, von diesem Richtwert, an den die Gerichte bei der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Angemessenheit nicht gebunden sind, abzuweichen und dem Antragsteller einen Aufschlag von allenfalls 2 Semestern zuzugestehen.

Der Bemessung des Aufschlages durch die Verwaltungsvorschrift liegen ersichtlich die herkömmlichen Diplomstudiengänge mit einer Regelstudienzeit von 8 bis 9 Semestern zugrunde. Hieraus folgt, dass der notwendige Erschwernisaufschlag jedenfalls nicht über 50 % der Regelstudienzeit hinausgehen dürfte, was bei einem nur 4-semestrigen Masterstudiengang zu einem Aufschlag von allenfalls 2 Semestern führt. Weiterhin ist davon auszugehen, dass sich der Richtwert an Studiengängen orientiert, die in Deutschland ganz oder überwiegend in deutscher Sprache abgehalten werden und bei denen für ausländische Studenten typischerweise mehr oder weniger hohe Sprachbarrieren zu überwinden sind. Hiervon weicht der vorliegende Fall erheblich ab. Der vom Antragsteller besuchte Masterstudiengang wird in englischer Sprache durchgeführt. Er selbst hat in Pakistan bereits im Jahr 1994 einen akademischen Masterabschluss in englischer Sprache erworben, so dass bei ihm kaum sprachliche Anpassungsschwierigkeiten bestanden haben dürften. [...]