VG Münster

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Zitieren als:
VG Münster, Beschluss vom 30.12.2010 - 2 L 576/10.A - asyl.net: M18039
https://www.asyl.net/rsdb/M18039
Leitsatz:

Keine Verlängerung der Überstellungsfrist auf 18 Monate, da vom BAMF keine Entscheidung über die Fristverlängerung ergangen ist.

Schlagwörter: Dublin II-VO, Dublinverfahren, vorläufiger Rechtsschutz, Abänderungsantrag, einstweilige Anordnung, Bulgarien, Überstellungsfrist, Fristverlängerung, subjektives Recht,
Normen: VwGO § 123, AsylVfG § 27a, AsylVfG § 34a Abs. 2, VO 343/2003 Art. 19 Abs. 4 S. 1, VO 343/2003 Art. 19 Abs. 4 S. 2
Auszüge:

[...]

Nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand spricht vieles dafür, dass jedenfalls gegenwärtig nicht mehr - wie in § 27a AsylVfG jedoch vorausgesetzt - ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens des Antragstellers zuständig ist, nämlich - nach der Verordnung 343/2003/EG vom 18. Februar 2003 - Bulgarien, sondern die Antragsgegnerin.

Zwar hat die bulgarische Staatsagentur für Flüchtlinge - auf das Übernahmeersuchen vom 16. Dezember 2009 hin - mit Schreiben vom 23. Dezember 2009 die Zuständigkeit Bulgariens für die Bearbeitung des Asylantrags erklärt. Jedoch geht nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 der Verordnung 343/2003/EG die Zuständigkeit auf den Mitgliedsstaat über, in dem der Asylantrag eingereicht wurde, wenn die Überstellung nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten durchgeführt wird, was hier unterblieben ist. Ernstlich zweifelhaft ist, ob - wie die Antragsgegnerin geltend macht - eine Verlängerung der Frist auf 18 Monate nach Satz 2 in Art. 19 Abs. 4 der Verordnung 343/2003/EG eingetreten ist. Hierbei kann das Vorliegen der übrigen Voraussetzungen des Tatbestandes von Satz 2 zugunsten der Antragsgegnerin durchaus unterstellt werden. Eine Fristverlängerung nach Satz 2 setzt jedoch auch (wie in dem Urteil des Gerichts vom 23. April 2008 - 8 K 1585/07.A - zu der (soweit hier von Interesse) gleichlautenden Regelung in Art. 20 Abs. 2 Satz 2 der genannten Verordnung ausgeführt ist -) voraus, dass eine Entscheidung über die Vornahme einer solchen Verlängerung ergangen ist. Weder dem Vortrag der Antragsgegnerin noch den von ihr vorgelegten Verwaltungsvorgängen lässt sich hingegen etwas dafür entnehmen, dass eine entsprechende Verlängerung in der Tat - und zwar noch vor Ablauf der sechsmonatigen Frist nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 der Verordnung - vorgenommen worden wäre. Dies legt die Annahme nahe, dass nunmehr die Antragsgegnerin für die Bearbeitung des Asylantrages des Antragstellers zuständig sein dürfte.

Darauf, ob die Regelung in Art. 19 Abs. 4 Satz 1 der Verordnung dem Antragsteller ein subjektives Recht vermittelt - was der Antragsgegnerin zweifelhaft erscheint -, dürfte es allerdings für die Beantwortung der allein maßgeblichen Frage nicht ankommen, ob die Voraussetzungen des Tatbestandes der gesetzlichen Ermächtigung in § 34a i.V.m. § 27a AsylVfG gegenwärtig noch vorliegen, was dann nicht mehr der Fall ist, wenn nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 der Verordnung die Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrags auf die Antragsgegnerin übergegangen ist (vgl. auch hierzu: Urteil des Gerichts vom 23. April 2008 - 8 K 1585/07.A -). [...]