VG Weimar

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Zitieren als:
VG Weimar, Beschluss vom 15.12.2010 - 5 E 20190/10 We - asyl.net: M17964
https://www.asyl.net/rsdb/M17964
Leitsatz:

Vorläufige Aussetzung einer Dublin-Überstellung nach Italien.

Unter Berücksichtigung der Informationen zu der tatsächlichen Ausgestaltung des Asyl- und Flüchtlingsschutzes in Italien, insbesondere bezogen auf die humanitäre Situation von in Italien schutzsuchenden Drittstaatsangehörigen, bestehen beim Gericht Zweifel daran, ob die Republik Italien noch die hinreichende Gewähr dafür bietet, dass Ausländer wie etwa die Antragsteller, die einen Schutzantrag gestellt haben, nicht von individueller Gefährdung bedroht sind.

Hier ist nach allem in Betracht zu ziehen, dass Italien nicht (mehr) willens oder in der Lage ist, die vereinbarten europaweiten Mindeststandards zu gewährleisten.

Schlagwörter: Dublin II-VO, Dublinverfahren, vorläufiger Rechtsschutz, Italien, einstweilige Anordnung, Rechtsschutzinteresse, Rechtsweggarantie, Übernahmeersuchen
Normen: VwGO § 123 Abs. 1, AsylVfG § 27a, AsylVfG § 34a Abs. 2, GG Art. 19 Abs. 4
Auszüge:

[...]

Unter Berücksichtigung der allgemein bekannten, Informationen zu der tatsächlichen Ausgestaltung des Asyl- und Flüchtlingsschutzes in Italien, welches auch die Antragsteller in das Verfahren eingeführt haben, insbesondere bezogen auf die humanitäre, vor allem wirtschaftliche, gesundheitliche und Wohnungssituation der in Italien schutzsuchenden Drittstaatsangehörigen bestehen bei denn Gericht berechtigte Zweifel daran, ob die Republik Italien jedenfalls im Falle der Antragsteller, die bereits nur mit Fremdunterstützung nach Italien überstellt werden könnten, hier noch die hinreichende Gewähr dafür bietet, dass Ausländer, wie etwa die Antragsteller, die einen Schutzantrag gestellt haben, nicht von individueller Gefährdung bedroht sind. Hier ist nach allem in Betracht zu ziehen, dass sich Italien seiner in völkerrechtlichen Verträgen wie der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (BGBl. 1952 II S. 685) oder des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 (BGBl. 1953 II S, 559) eingegangenen und bisher generell auch eingehaltenen Verpflichtungen gelöst hat und einem bestimmten Ausländer den Schutz dadurch verweigert, dass sich Italien seiner ohne jede Prüfung des Schutzgesuchs entledigen will oder nicht (mehr) willens oder in der Lage ist, ihm gegenüber die vereinbarten europaweiten Mindeststandards zu gewährleisten.

Im Hinblick darauf kann den Antragstellern deshalb der begehrte vorläufige Rechtsschutz nicht von vornherein unter Hinweis auf die Rechtsvorschrift des § 34a Abs. 2 AsylVfG verwehrt werden, ohne dadurch ihre Grund- und Menschenrechte zu verletzen. [...]