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Zitieren als:
BAMF, Bescheid vom 29.09.2010 - 5412222-283 - asyl.net: M17881
https://www.asyl.net/rsdb/M17881
Leitsatz:

Krankheitsbedingtes Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG hinsichtlich Togo wegen Sehbehinderung mit Gefahr des Erblindens. Die Sehbehinderung ist zwar in Togo grundsätzlich behandelbar, der Antragsteller ist jedoch nur sehr eingeschränkt erwerbsfähig, so dass er die für die Behandlung erforderlichen Kosten nicht selbst erwirtschaften kann.

Schlagwörter: krankheitsbedingtes Abschiebungsverbot, Togo, Sehbehinderung,
Normen: AufenthG § 60 Abs. 7 S. 1
Auszüge:

[...]

Es liegt jedoch ein Abschiebungsverbot des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG bezüglich Togo vor.

Von einer Abschiebung soll gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG abgesehen werden, wenn dem Ausländer eine erheblich individuelle und konkrete Gefahr für Leib, Leben und Freiheit droht.

Eine gemäß § 60 Abs. 7 AufenthG zu berücksichtigende zielstaatsbezogene Gefahr kann sich trotz an sich verfügbarer medikamentöser und ärztlicher Behandlung auch aus sonstigen Umständen im Zielstaat ergeben, die dazu führen, dass der betroffene Ausländer die benötigte medizinische Versorgung tatsächlich nicht erlangen kann. Denn eine zielstaatsbezogene Gefahr für Leib und Leben besteht auch dann, wenn die notwendige Behandlung oder Medikation zwar allgemein zur Verfügung steht, dem betroffenen Ausländer individuell jedoch aus finanziellen oder sonstigen Gründen tatsächlich nicht zugänglich ist (BVerwG, Urteil vom 29.10.2002, EZAR 043 Nr. 56, 1 C 1.02 und vom 25.11.1997, BVerwGE 105, 383, 9 C 58.96 m.w.N.).

Der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes München vom 13.12.2000 (19 ZB 00.31925), wonach eine fehlende finanzielle Liquidität kein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot darstelle, ist nicht zu folgen, da es nach Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unerheblich ist, welche Ursache der im Herkunftsland bestehenden Gefahr zu Grunde liegt (BVerwG, Urteil vom 25.11.1997 a.a.O.).

So ist die Sehbehinderung des Antragstellers aufgrund einer Toxoplasmoseinfektion zwar grundsätzlich in Togo behandelbar, d.h. notwendige Kontrolluntersuchungen sind durchführbar und die im Falle eines Rezidivs der Infektion benötigten Medikamente sind verfügbar. Jedoch muss der Antragsteller zu diesen auch Zugang haben.

Der Antragsteller ist aber aufgrund seiner Sehbehinderung nur sehr eingeschränkt erwerbsfähig, so dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass er sich die zur Behandlung seiner Erkrankung benötigten finanziellen Mittel selbst erwirtschaften kann. Außerdem sind keine staatlichen oder nichtstaatlichen Stellen bekannt, die bei der Behandlung von Blinden finanzielle Hilfe leisten (s. Stellungnahme der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Lomé vom 06.10.2006). [...]