VG Hamburg

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Zitieren als:
VG Hamburg, Beschluss vom 16.12.2009 - 5 AE 442/09 - asyl.net: M17765
https://www.asyl.net/rsdb/M17765
Leitsatz:

Ablehnung eines Abänderungsantrags des BAMF hinsichtlich Eilrechtsschutzes gegen eine Dublin-Überstellung nach Griechenland.

Schlagwörter: Dublin II-VO, Dublinverfahren, vorläufiger Rechtsschutz, Griechenland, Zustellung, Überstellungsfrist, Konzept der normativen Vergewisserung, Abänderungsantrag
Normen: AsylVfG § 27a, VwGO § 80 Abs. 7, AsylVfG § 31 Abs. 1 S. 4, AsylVfG § 34a Abs. 2
Auszüge:

[...]

Die Antragstellerin hat keinen Anspruch nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO auf eine Abänderung der Entscheidung vom 10. November 2009, mit der die aufschiebende Wirkung der Klage 5 A 385/09 angeordnet worden ist. Sie hat nämlich keine veränderten oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachten Umstände vorgetragen, die zu einer anderen Entscheidung führen könnten als im vorangegangenen Verfahren. Im vorliegenden Verfahren hat die Antragstellerin geltend gemacht, dass die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts nicht auf Deutschland übergegangen sei. Damit hat die Antragstellerin eine andere rechtliche Auffassung vertreten als das Verwaltungsgericht, sich jedoch nicht auf veränderte Umstände berufen. [...]

Aber selbst wenn das Gericht entgegen der bereits in seinem Beschluss ausgeführten Erwägungen der Auffassung wäre, dass Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens nicht zuständig geworden wäre, hätte der Antrag keinen Erfolg. Das Gericht geht für einen solchen Fall davon aus, dass im Hauptsacheverfahren zu prüfen ist, ob und gegebenenfalls welche Vorgaben das Grundgesetz trifft, um die Grenzen des Konzepts der normativen Vergewisserung fachgerichtlich zu prüfen. Insoweit folgt das Gericht den Ausführungen in den Beschlüssen des OVG Lüneburg vom 19. November 2009 (13 MC 166/09, juris) und des VG Minden vom 10. September 2009 (9 L 474/09.A, juris), auf die es zur Begründung verweist. Im Übrigen hat das Bundesverfassungsgericht in einem Beschluss vom 8. Dezember 2009 (2 BvR 2780/09, juris) erneut entschieden, dass bei einem offenen Ausgang des Verfahrens eine Folgenabwägung vorzunehmen ist, die bei der jenem Beschluss zugrunde liegenden geplanten Überstellung nach Griechenland wiederum zu Gunsten des dortigen Antragstellers vorgenommen worden ist. Es lasse sich nicht von vornherein im Rahmen eines Eilverfahrens abschätzen, welche Grenzen das Konzept der normativen Vergewisserung einer fachgerichtlichen Prüfung bei der Anwendung von § 34 a Abs. 2 AsylVfG setzt, wenn Gegenstand des Eilrechtsschutzantrags eine beabsichtigte Abschiebung in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften ist. Unter Berücksichtigung der umfangreichen Stellungnahmen verschiedener Organisationen zur Situation von Asylantragstellern in Griechenland könnten Erfolgsaussichten eines Antrags nicht von vornherein verneint werden. Bliebe in einer solchen Situation das Begehren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ohne Erfolg, obsiegte der Antragsteller aber in der Hauptsache, könnten möglicherweise bereits mit der Abschiebung oder in ihrer Folge eintretende Rechtsbeeinträchtigungen nicht mehr verhindert oder rückgängig gemacht werden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 8.12.2009, 2 BvR 2780/09, juris). Diese Erwägungen sind auch auf den vorliegenden Fall übertragbar. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass sich die Situation des Antragsgegners in Griechenland besser darstellen würde, als die Situation der Asylbewerber in den vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Fällen. [...]