VG Regensburg

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Zitieren als:
VG Regensburg, Beschluss vom 20.10.2009 - RN 4 E 09.30220 - asyl.net: M17658
https://www.asyl.net/rsdb/M17658
Leitsatz:

Vorläufige Aussetzung einer Dublin-Überstellung nach Griechenland bis zum rechtskräftigen Abschluss des anhängigen Asylverfahrens.

Schlagwörter: Dublin II-VO, Dublinverfahren, vorläufiger Rechtsschutz, Griechenland, Schweden, Zurückschiebung, Zurückschiebungshaft, Rechtsschutzinteresse, Zustellung, Selbsteintritt
Normen: VwGO § 123 Abs. 1, VO 343/2003 Art. 16 Abs. 1c, AsylVfG § 27a, AsylVfG § 34a Abs. 2, VO 343/2003 Art. 3 Abs. 2
Auszüge:

[...]

2.1. Dem einstweiligen Rechtsschutzbegehren der Antragstellerin steht § 34 a Abs. 2 AsylVfG nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift darf die Abschiebung in einen sicheren Drittstaat nicht nach § 80 oder § 123 VwGO ausgesetzt werden.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Drittstaatenregelung (Urt. v. 14.5.1996 – 2 BvR 1938/93 -) ist die Vorschrift des § 34 a AsylVfG verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass sie entgegen ihrem Wortlaut die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes in Zusammenhang mit geplanten Abschiebungen in den sicheren Drittstaat nicht generell verbietet, sondern derartiger Rechtsschutz in Ausnahmefällen nach den allgemeinen Regeln möglich bleibt.

Als Mitgliedsstaat der Europäischen Gemeinschaft ist Griechenland ein solcher sicherer Drittstaat. Zur Begründung der Verfassungsmäßigkeit des § 34 a Abs. 2 AsylVerfG hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 94, 49) auf die durch Art. 16 a Abs. 2 GG geschaffene Rechtslage verwiesen. Art. 16 a Abs. 2 GG folge dem "Konzept einer normativen Vergewisserung über die Sicherheit im Drittstaat", die sich darauf beziehe, dass der Drittstaat einem Betroffenen, der sein Gebiet als Flüchtling erreicht habe, den nach der Genfer Flüchtlingskonvention und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten gebotenen Schutz vor politischer Verfolgung und anderen ihm im Herkunftsstaat drohenden schwerwiegenden Beeinträchtigungen seines Lebens, seiner Gesundheit oder seiner Freiheit gewähre.

Ob dies bei Überstellung eines Asylantragstellers in Anwendung der Verordnung EGV 343/2003 vom 18.2.2003 an Griechenland gewährleistet ist, ist nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 8.9.2009 – 2 BvQ 56/09 – derzeit offen. [...]

Diese Überlegungen sind gleichermaßen für das Begehren der Antragstellerin von Bedeutung, und zwar unabhängig davon, ob sie selbst hinreichend Quellen für die Situation in Griechenland dargelegt hat. Solange die Frage, ob die Antragsgegnerin berechtigt ist, die Durchführung eines Asylverfahrens abzulehnen und die Antragstellerin auf die Durchführung des Asylverfahrens in Griechenland verweisen darf, nicht geklärt ist, darf eine Abschiebung nicht erfolgen. [...]