VG Münster

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Zitieren als:
VG Münster, Beschluss vom 27.08.2010 - 8 L 399/10 - asyl.net: M17642
https://www.asyl.net/rsdb/M17642
Leitsatz:

Eine Klage gegen die Feststellung nach § 7 Abs. 1 FreizügG/EU hat aufschiebende Wirkung.

Schlagwörter: Unionsbürger, freizügigkeitsberechtigt, Klage, Suspensiveffekt
Normen: FreizügG/EU § 7 Abs. 1, VwGO § 80 Abs. 5
Auszüge:

[...]

Mit dem "Hinweis" im Anschluss an die Rechtsmittelbelehrung des im Klageverfahren angefochtenen Bescheids vom 8.7.2010 teilte der Antragsgegner mit, dass die Klage gegen die Feststellung nach § 7 Abs. 1 FreizügG/EU keine aufschiebende Wirkung habe und der Betroffene einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO stellen könne. Ob dieser - inhaltlich unzutreffende - Hinweis formaler Bestandteil der Rechtsbehelfsbelehrung ist oder als solcher eigenständig an die Rechtsbehelfsbelehrung angehängt worden ist, spielt dabei entgegen der Auffassung des Antragsgegners keine Rolle. Der Hinweis war jedenfalls geeignet, die Antragsteller zur Einleitung des vorliegenden Verfahrens im vorläufigen Rechtsschutz zu veranlassen.

Dass es sich dabei offenbar um ein bloßes Versehen des Antragsgegners handelte und eine Vollziehung tatsächlich von vornherein nicht beabsichtigt war, konnten die Antragsteller, auch mit anwaltlicher Vertretung, nicht ohne weiteres erkennen. Der Wortlaut des Hinweises sprach aus Sicht der Antragsteller (und eines objektiven Empfängers ohne das erforderliche Sonderwissen) vielmehr dafür, dass der Antragsgegner - was tatsächlich aber nicht zutraf - sich über die aufschiebende Wirkung einer Klage hinwegsetzen wollte (sog. faktischer Vollzug). Ob ein faktischer Vollzug durch die Behörde vorliegt, ist indes von deren Willensbildung abhängig und völlig unabhängig davon, ob ein Antragsteller anwaltlich vertreten ist oder nicht.

Die Antragsteller und ihr Verfahrensbevollmächtigter besaßen ferner nicht das erforderliche Sonderwissen, um auf ein formales Versehen des Antragsgegners ohne rechtliche Konsequenzen schließen zu müssen. Sie konnten - anders als das beschließende Gericht - nicht wissen, dass die Kammer bereits im Beschluss vom 22.10.2008 - 8 L 481/08 - in einem Verfahren, an dem weder die Antragsteller noch ihr Verfahrensbevollmächtigter beteiligt waren, den Antragsgegner darauf hingewiesen hat, dass eine Klage gegen die Feststellung nach § 7 Abs. 1 Freizüge/EU aufschiebende Wirkung hat, und dass der Antragsgegner in der Folgezeit in anderen Verfahren immer von der aufschiebenden Wirkung ähnlicher Klagen ausgegangen ist und den Hinweis zur Rechtsbehelfsbelehrung nicht mehr angefügt hat. [...]