LG Detmold

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Zitieren als:
LG Detmold, Beschluss vom 04.08.2010 - 4 Qs 108/10 - asyl.net: M17640
https://www.asyl.net/rsdb/M17640
Leitsatz:

Zweifel an der angegebenen Staatsangehörigkeit sind nicht ausreichend dadurch belegt, dass bei einer über sechs Jahre zurückliegenden Botschaftsvorführung die Staatsangehörigkeit nicht bestätigt wurde, zumal ausweislich des Protokolls das damalige Gespräch mit der Konsulatsleiterin eine Dauer von nur fünf Minuten hatte.

Schlagwörter: Ausländerstrafrecht, sofortige Beschwerde, Côte d'Ivoire, Identitätsfeststellung, Täuschung über Identität, vorsätzliche Täuschung, zwangsweise Vorführung bei Auslandsvertretung, Eröffnung des Hauptverfahrens, Mitwirkungspflicht
Normen: AufenthG § 95 Abs. 2 Nr. 2, AufenthG § 82, AsylVfG § 15
Auszüge:

[...]

Das Amtsgericht hat mit zutreffenden Ausführungen darauf verwiesen, dass nach der jetzigen Sach- und Beweislage die Unrichtigkeit der Angaben des Angeschuldigten mit der für eine Verurteilung erforderlichen Wahrscheinlichkeit nicht feststellbar ist. Der Angeschuldigte behauptet seit seiner Einreise in die Bundesrepublik Deutschland im Dezember 2002 konstant, ivorischer Staatsangehöriger zu sein. Der Nachweis, dass die von ihm genannte Nationalität falsch ist, wird sich durch die Vernehmung des in der Anklageschrift vom 20. April 2010 (einzig) benannten Zeugen ... nicht führen lassen. Insoweit erschließt sich nicht, inwieweit der Zeuge ... als Mitarbeiter der Ausländerbehörde des Kreises Lippe über den Inhalt des am 19. Februar 2009 mit dem Angeschuldigten geführten Gesprächs hinaus in der Lage sein soll, sachkundige Aussagen über dessen Identität zu treffen, insbesondere dessen ivorische Herkunft auszuschließen. Auch wenn sich aufgrund der negativ verlaufenen Vorführung, des Angeschuldigten bei der ivorischen Botschaft am 9. März 2004 Zweifel an dem Wahrheitsgehalt seiner Angaben auftun, so wird deren Unrichtigkeit durch das mittlerweile über sechs Jahre zurückliegende Gespräch mit Vertretern der ivorischen Botschaft jedoch aktuell nicht ausreichend belegt. Ausweislich des Protokolls vom 9. März 2004 (Bl. 10 d.A.) hatte das damalige Gespräch mit der Konsulatsleiterin eine Dauer von gerade einmal fünf Minuten. Die Vorführungen des Angeklagten bei weiteren Botschaften haben bislang ebenfalls nicht zur Feststellung einer anderen Staatsangehörigkeit geführt, so dass auch daraus für das vorliegende Verfahren nichts herzuleiten ist. Ein hinreichender Tatverdacht im Sinne von § 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG ergibt sich nach alledem nicht, so dass das Amtsgericht die Eröffnung des Hauptverfahrens zu Recht abgelehnt hat.

Sofern der Angeschuldigte seinen Mitwirkungspflichten gemäß § 82 AufenthG i.V.m. § 15 AsylVfG nicht nachkommt, mag ggf. im Rahmen des ausländerrechtlichen Verfahrens zu überprüfen sein, ob und inwieweit sich diese öffentlich-rechtlichen Pflichten durch Verwaltungsakt aktualisieren und dadurch einer Vollstreckbarkeit mit den Mitteln des Verwaltungszwangs zuführen lassen (vgl. beispielhaft VG Düsseldorf, Beschl. v. 30. Mai 2003 - Az. 24 L 1486/03). Eine strafrechtliche Verantwortlichkeit resultiert allein daraus nicht. [...]