Die Rücknahme des Asylantrags und des Antrags auf Flüchtlingsanerkennung führt zur rückwirkenden Unanwendbarkeit der Dublin II-VO, da diese Verfahren zur Feststellung sog. subsidiären Schutzes (Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 - 7 AufenthG) nicht erfasst.
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Die Klage ist zulässig und begründet, weil die Abschiebungsanordnung nach Griechenland in Nr. 2 des Bescheids der Beklagten vom 2. November 2009 rechtswidrig ist und den Kläger in eigenen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Der Kläger hat seinen auf Art. 16 a GG und § 60 Abs. 1 AufenthG bezogenen Antrag mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 21. Juni 2009 zurückgenommen und macht nur noch subsidiäre Schutzansprüche (§ 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG) geltend. Für deren Prüfung ist Griechenland jedoch nicht zuständig, so dass eine Abschiebung in dieses Land unzulässig ist.
Zwar ist der Kläger unstrittig am 16. März 2009 über Griechenland eingereist, so dass eine Zuständigkeit Griechenlands für die Prüfung des Asylantrags nach Art. 10 Abs. 1 Dublin II-VO entstanden ist. Durch die Rücknahme des Asylantrags mit ex-tunc-Wirkung ist diese Zuständigkeit jedoch rückwirkend wieder entfallen, da der Anwendungsbereich der Dublin II-VO nur Asylanträge, nicht dagegen sogenannten subsidiären Schutz umfasst.
Dies ergibt sich bereits aus dem Titel dieser Verordnung ("Verordnung zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist"), vor allem aber aus Art. 2 Buchst. c Dublin II-VO. Nach dieser Vorschrift bezeichnet der Ausdruck "Asylantrag" den "von einem Drittstaatsangehörigen gestellten Antrag, der als Ersuchen um internationalen Schutz eines Mitgliedsstaats im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention angesehen werden kann". Jeder Antrag auf internationalen Schutz wird als Asylantrag gesehen, es sei denn, ein Drittstaatsangehöriger ersucht ausdrücklich um einen anderweitigen Schutz, der gesondert beantragt werden kann. Der nunmehr vom Kläger allein noch begehrte Schutz nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG kann aber gesondert beantragt werden und stellt daher keinen Asylantrag im Sinne der Dublin II-VO dar.
Bestätigt wird dies durch einen Vergleich des Wortlauts von Art. 2 Buchst. c Dublin II-VO mit dem Wortlaut des Erwägungsgrunds Nr. 24 Richtlinie 2004/83/EG (Richtlinie des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes), wonach "Mindestnormen für die Bestimmung und die Merkmale des subsidiären Schutzstatus festgelegt werden" sollen und "der subsidiäre Schutzstatus" "die in der Genfer Flüchtlingskonvention festgelegten Schutzregelungen für Flüchtlinge ergänzen" soll. Auch Art. 2 Buchst. e der Richtlinie 2004/83/EG, welcher als "Person mit Anspruch auf subsidiären Schutz" gerade einen Drittstaatsangehörigen bezeichnet, "der die Voraussetzungen für die Anerkennung als Flüchtling nicht erfüllt", erwähnt - anders als die Dublin II-VO - explizit den subsidiären Schutz (vgl. a. VG Augsburg, Urt. v. 23.03.2010, Au 6 K 10.30006, Asylmagazin S. 163).
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Erwägungsgrund 15 der Dublin II-VO (so aber VG Saarland, Beschl. v. 14.06.2010, 10 L 528/10, juris), der lediglich besagt, dass die Verordnung im Einklang mit den Grundrechten und Grundsätzen steht, die insbesondere mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannt wurden. Dass über den eindeutigen Wortlaut des Art. 2 Buchst. c der Verordnung hinaus nicht nur das Recht auf Asyl, sondern auch subsidiäre Schutzansprüche vom Anwendungsbereich umfasst werden sollen, lässt sich daraus nicht entnehmen.
Neben diesen grammatikalischen und systematischen Argumenten spricht aber vor allem auch der Vorschlag der Kommission der Europäischen Gemeinschaften vom 3. Dezember 2008 für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?url=COM:2008:0820:FIN:DE.PDF) dafür, dass die Dublin II-VO subsidiären Rechtsschutz bisher nicht beinhaltet. Denn dieser Vorschlag sieht vor, die Dublin II-VO dahingehend zu ändern, dass "in den Anwendungsbereich (...) jetzt auch Personen einbezogen werden, die subsidiären Schutz beantragen". Demnach ist die Dublin II-VO gegenwärtig auf subsidiäre Schutzbegehren nicht anwendbar, so dass im vorliegenden Fall für die diesbezügliche Prüfung nicht Griechenland gemäß § 27 a AsylVfG zuständig ist, sondern die Bundesrepublik Deutschland.
Nachdem die Dublin II-VO aufgrund der Rücknahme des Asylantrages somit nicht mehr anwendbar ist, kann auch keine Abschiebung nach Griechenland aufgrund dieser Verordnung erfolgen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Art. 5 Abs. 2 der Dublin II-VO, wonach bei der Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates von der Situation ausgegangen wird, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Asylbewerber seinen Antrag zum ersten Mal in einem Mitgliedsstaat stellt. Denn zum einen liegt ein derartiger Antrag nach entsprechender Rücknahme nicht mehr vor, zum anderen ist die Dublin II-VO und damit auch Art. 5 Abs. 2 nach dem oben Gesagten vorliegend nicht anwendbar. [...]