VG Frankfurt/Oder

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Zitieren als:
VG Frankfurt/Oder, Beschluss vom 20.07.2010 - 7 L 227/10.A - asyl.net: M17450
https://www.asyl.net/rsdb/M17450
Leitsatz:

Vorläufige Aussetzung einer Dublin-Überstellung nach Griechenland.

Schlagwörter: Dublin II-VO, Dublinverfahren, vorläufiger Rechtsschutz, Griechenland, Zustimmungsfiktion, Zustellung
Normen: VwGO § 123 Abs. 1 S. 1, AsylVfG § 27a, VO 343/2003 Art. 18 Abs. 7, VwVfG § 43 Abs. 1 S. 1, VwVfG § 41, AsylVfG § 31 Abs. 1 S. 4, AsylVfG § 34a Abs. 2, GG Art. 16a Abs. 2 S. 3, AsylVfG § 26a Abs. 3
Auszüge:

[...]

Der Antrag nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO ist auch zulässig. Dem steht insbesondere nicht entgegen, dass gemäß § 34a Abs. 2 AsylVfG die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27 a AsylVfG) nach § 34a Abs. 1 AsylVfG nicht im Wege einstweiligen Rechtsschutzes (§ 89 oder § 123 VwGO) ausgesetzt werden darf. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 34a Abs. 2 AsylVfG liegen allerdings vor. Die Antragsgegnerin sieht den im Bundesgebiet gestellten Asylantrag des Antragstellers offensichtlich nach § 27a AsylVfG als unzulässig an, weil aufgrund der vorgenannten Rechtsvorschrift der Europäischen Gemeinschaft ein anderen Staat, nämlich Griechenland, für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.

Das Bundesverfassungsgericht hat jedoch bereits in seinem Grundsatzurteil vom 14. Mai 1996 - 2 BvR 1938, 2315/93 -, BVerfGE 94, 49, 113, ausdrücklich festgestellt, dass § 34 a Abs. 2 AsylVfG mit seinem dort zum Ausdruck gekommenen generellen Ausschluss einstweiligen Rechtsschutzes nur bei sinnentsprechender restriktiver Auslegung mit Art. 16a Abs. 2 Satz 3 GG im Einklang steht. Nach dieser Entscheidung kann die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes trotz dieser Ausschlussregelung in gewissen Sonderfällen gleichwohl statthaft und geboten sein, etwa wenn sich die für die Qualifizierung als "sicher" maßgeblichen Verhältnisse im Drittstaat schlagartig geändert haben und die gebotene Reaktion der Bundesregierung nach § 26a Abs. 3 AsylVfG hierauf noch aussteht, wenn der Drittstaat selbst gegen den Schutzsuchenden zu Maßnahmen politischer Verfolgung oder unmenschlicher Behandlung greift und dadurch zum Verfolgerstaat wird oder wenn sich der Drittstaat - etwa aus Gründen besonderer politischer Rücksichtnahme gegenüber dem Herkunftsstaat - von seinen rechtlichen Verpflichtungen löst und einem bestimmten Ausländer Schutz dadurch verweigert, dass er sich seiner ohne jede Prüfung des Schutzgesuchs entledigen wird. [...]